Chris und Mick Jagger singen mal wieder gemeinsam

 

Chris Jagger war extrem beschäftigt. So, wie auf den ersten Blick eigentlich immer. Da gab es einerseits das Songwriting: Zusätzlich zum Stapel der mehr als einhundert Kompositionen, die er in den letzten Jahren geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht hat, war er ebenfalls auf dem Dutzend Alben zu hören, die von ihm erschienen sind. Einige davon im Alleingang, andere mit seiner Band Atcha. Und dann gab es da noch seine kleine Tierhaltung, die er gemeinsam mit seiner Frau in seinem Bauernhaus in der Nähe von Glastonbury betreibt, in dem die beiden nun schon seit zwanzig Jahren heimisch sind und sich den Hof mit diversen Hühnern und Schafen teilen. Interessierte sollten ein Ohr offenhalten, ist das liebe Vieh doch in einer kleinen Statistenrolle auf seinem brandneuen Album „Mixing Up The Medicine“ zu hören, dessen Release für den 10. September via BMG geplant ist.
 
Außerdem hat Jagger den Lockdown damit verbracht, endlich seine Autobiographie „Talking To Myself“ zu beenden, an der er seit geraumer Zeit gearbeitet hat und die ebenfalls am 10. September erscheint. Ein prall gefülltes, detailfreudiges und amüsantes Gossip-Märchen, das weit zurück auf seine Jugend in Dartford, Kent zurückblickt, wo er gemeinsam mit seinem älteren Bruder Mick aufwuchs. Und natürlich zeichnet es das Erwachsenwerden der beiden Geschwister nach - und ihre eng verbundene, lebenslange Liebe zum Blues. Und nicht zuletzt sind auch die musikalischen Abenteuer des jüngeren Jaggers ab Beginn der 70er Jahre verzeichnet; inklusive recht unterhaltsamer Exkurse über seine Reisen nach Indien, Pakistan, Afghanistan und nach Israel, wo er in einer Produktion des Musicals „Hair“ mitwirkte.
 
„In den 1990ern dachte ich daran, ein Buch zu schreiben, als ich an einigen journalistischen Beiträgen arbeitete“, erklärt der lebenslange Multitasker, der laut seiner illustren Vita zudem die Bretter mit Pierce Brosnan und Ciarán Hinds geteilt hat, Blues-Dokumentationen für die BBC und Sky Arts produzierte und flüchtige Textergänzungen zu den beiden Rolling Stones-Alben „Dirty Work“ und „Steel Wheels“ hinzufügte. „Ich habe versucht, das Projekt ein paar Leuten vorzustellen. Ich stellte fest, dass die Literaturwelt eher schwerfällig funktioniert.
 
Ich nahm mir einen Literaturagenten – und wir sprechen hier von einer Zeit, in der man seine Briefe noch auf der Schreibmaschine einhämmerte – brachte es aber nicht viel weiter als auf ein paar Probe-Kapitel. Also legte ich meine Pläne erstmal auf Eis. Das Lustige war: Sobald ich das altehrwürdige Alter von 40 Jahren erreicht hatte, schien sich auch meine Einstellung zu ändern. Ich entschloss mich, nur noch zu tun, was ich selbst wollte und mich nicht mehr darum zu kümmern, was Andere darüber denken könnten. Vielleicht war ich in der Vergangenheit einfach zu bemüht, meine Unzulänglichkeiten zu verstecken und scheute mich vor der Kritik Anderer. Man übertreibt es einfach, seine Taten zu rechtfertigen. Was die Leute sagen oder in der Zeitung über dich schreiben, kann extrem verletzend sein, wenn man es zu sehr an sich heranlässt.“
 
„Ich dachte nur: Scheiss drauf...“, ergänzt Jagger. „Und fuhr fort, die Musik zu spielen, die ich spielen wollte. Auch wenn sie nicht kommerziell war. Irgendwann würden sich die Anderen schon daran gewöhnen und einlenken. Eine Tatsache über die Cajun-Musik – so dachte ich – wäre, dass sie nie aus der Mode kommen würde. Weil sie einfach nie groß in Mode war. So wie Folkmusic, die immer da ist und die Leute immer neu für sich entdecken.“
 
Also setzte Jagger die Arbeiten an seinem Buch im Jahr 2019 fort. Auch, wenn dies hieß, eine kleine Pause von seinen Liveauftritten einzulegen, mit denen er sich den größten Teil seines Erwachsenenlebens vertrieben hatte. Seine letzte Konzertreise bestand aus einer World-Tour mit Charlie Hart im Jahr 2018/ 2019. Den folgenden Lockdown verwandelte er kurzerhand in eine unvorhergesehene Zugabe, wie er weiter erklärt. „Das Schreiben nahm mehr Zeit in Anspruch, als ich erwartet hatte. Mir wurde klar, dass ich dem Buch meine ganze Aufmerksamkeit widmen musste. Das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Es ist gut und schön, ein paar Geschichten miteinander zu verbinden. Doch was war es, was meinen persönlichen Stil ausmachte? Ich schrieb alles ganz alleine – ohne die Hilfe eines Ghostwriters – und musste meine ganz eigene Stimme finden. Man will ja nicht zu literarisch werden. Aber vielleicht ein ganz kleines Bisschen. Also warum nicht?“
 
(Quelle: cmm-online)
 


Chris Jagger bei Hooked On Music


News-Redakteur: Frank Ipach

 

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