Titel |
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01. Nouveau Son |
02. Levant |
03. Nightwatch |
04. Lilac |
05. Momentum |
06. Shibuya |
07. Indajungl |
Musiker | Instrument |
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Lutz Graf-Ulrich | Guitar & Banjo |
Daniel Cordes | Bass & Synthesizer |
Michael Hoenig | Keyboards, Synthesizer & Electronic Percussion |
Gustl Lütjens | Guitar & Vocals |
Burghard Rausch | Drums & Electronic Percussion |
Gäste: | |
Benjamin Schwenen | Guitar (Nouveau Son) |
Peter Michael Hamel | Santur (Levant) |
Pierre Lattes | Spoken Words (Nouveau Son) |
Totgesagte leben länger. Nachdem in letzter Zeit die nicht mehr ganz jugendlichen ROLLING STONES oder hierzulande auch KRAAN mit neuen Studioalben um die Ecke kamen, gibt es nun auch von AGITATION FREE frische Klänge zu vermelden. Die legendären Mitbegründer der sogenannten „Berliner Schule“, dem experimentellen Part der Krautrocker, haben mit ihrer Mischung aus Elektronik, Rock, Avantgarde und Weltmusik vor allem in den frühen 70ern ihre Spuren hinterlassen.
Aufsehen erregten sie nicht nur mit ihrem 1972er Debütalbum „Malesch“ sondern auch dem Auftritt bei den Olympischen Spielen in München und nachfolgend auf ausgedehnten Touren durch Frankreich, den mittleren Osten mit Ägypten und dem Libanon, Griechenland und Zypern. Möglicherweise war dies alles auch ein bisschen viel, außerdem drifteten die einzelnen Mitglieder in verschiedene musikalische Richtung, so dass 1974 dann die Auflösung folgte.
Zwischenzeitlich schloss sich Michael Hoenig erst TANGERINE DREAM an, bevor er dann als Filmkomponist internationale Meriten einheimste, Lutz Graf-Ulrich kooperierte mit NICO, ASHRA TMEPEL aber auch den 17 HIPPIES und ist als LÜÜL in der Szene ein Begriff, während Burghard Rausch nicht nur mit der ELECTRIC FAMILY sondern auch mit BEL AMI reüssierte. Schien das Studioalbum 1999 („River Of Return“) noch eine einmalige Sache, gab es dann doch erst live via Japan ab 2007 die Wiederauferstehung von AGITATION FREE, die in dem Livealbum „Shibuya Nights“ und sich anschließenden Auftritten u.a. in London, Paris, Berlin und dem legendären Burg Herzberg Festival gipfelten.
Und nun gibt es doch tatsächlich nach 24 Jahren Pause neue Studioaufnahmen (die natürlich über einen Zeitraum von zehn Jahren entstanden sind) von AGITATION FREE, mit weitgehend noch den alten Protagonisten, wobei Daniel Cordes den 2014 verstorbenen Michael Günther, der auch technischer Koordinator des Berliner Jazzfestivals war, ersetzt hat. Selbst der leider 2017 verstorbene Gustl Lütjens hat hier noch bis zuletzt mitgearbeitet, so dass man alles andere als eine Mogelpackung vor sich hat.
Entsprechend atmet das praktisch rein instrumentale Album „Momentum“ sehr viel von dem ursprünglichen Spirit und vereint alle Trademarks von AGITATION FREE: cineastische Klanglandschaften, intensive Rhythmik, satte Gitarrenriffs (Lilac), viel Elektronik und alles immer wieder durchzogen von weltmusikalischen Einflüssen (Levant, Nightwatch). So schlägt man eine Brücke von den eigenen Wurzeln über die zwischenzeitlich durchlebte eigene, individuelle musikalische Sozialisation bis hin zur Jetztzeit (Indajungl).
So ist „Momentum“ ein ziemlich repräsentativer Querschnitt und ein Zeugnis des Schaffens einer ebenso faszinierenden wie einflussreichen Band aus der Hochphase des Krautrock, die trotz starker Individuen immer wieder zusammengefunden und ihre kreative Stärke gerade im Kollektiv entfaltet hat. Absolut hörenswert.