Amphibic Film In My Head, Haldern Pop Recordings, 2004 |
Neal Hoffmann | Vocals, Guitar, Fender Rhodes | |||
Shez Raja | Bass | |||
Ollie Barnes | Electric Guitar, Piano, Background Vocals | |||
Celine Barry | Cello, Piano | |||
Sebastian Sternberg | Drums | |||
Emma Partridge | Flute | |||
Tom Slegers | Mellotron | |||
Jenny Crossthwaite | Viola | |||
K.-D. Keusgen | Fender Rhodes | |||
Marc Wetzels | Piano, Hammond Organ | |||
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1. Bleeding | 7. Dear Caffeine | |||
2. Days Obsolete | 8. Play No More | |||
3. Eden | 9. As Good As A Rest | |||
4. Rubies | 10. Every Little Counts | |||
5. Can You Take Me Home | 11. Let's Play Rich | |||
6. Forever Is Such A Long Time | ||||
Neal Hoffmann, der Songschreiber dieser neuen multinationalen Band AMPHIBIC mit Sitz in London, gewährt uns Einblick in sein Heimkino. Die Episoden aus seinem Leben, die sich zumeist zwischen den Felsen und Klippen seiner Sehnsüchte, Verletzlichkeiten, Mutlosigkeiten und ständig neu aufbrandender Kampfeslust aufreiben und sich folglich im Wellengang seiner Gefühlswelt immer wieder an die Oberfläche strampeln müssen, sind fast ausnahmslos im dämmrigen Licht eines lausigen Herbsttages gedreht.
Klar, Mainstream-Kino sieht anders aus, hört sich vor allem auch anders aus. Denn wir reden hier schliesslich über Musik und nicht über Kintopp. Was hören wir also? Eine recht eigenständige englische oder sagen wir europäische Variante von Singer-Songwriter-Pop der etwas sperrigeren Sorte. Hoffmann selbst nennt es 'Chamber-Pop'. Hervorzuheben sei der vermehrte Einsatz von Celine Barrys Cello. Ein nicht unwesentlicher Baustein im Klangkosmos von AMPHIBIC.
Hier geht es jedenfalls nicht um das vordergründige Kokettieren mit süffigem Allerwelts-Pop, sondern um die Zurschaustellung von persönlichen Befindlichkeiten, die von erfindungsreicher Metaphorik und zumeist ziemlich moll-geschwängerter Akkordik umrankt wird. Bemüht man sich um die Einordnung auf einem imaginären Stimmungsbarometer pendelt der Zeiger eher in Richtung Nick Drakes Way to blue als in BEATLES' Here comes the sun.
AMPHIBIC funktionieren momentan als musikalischer Schmelztiegel für englisches, irisches, dänisches und deutsches Blut. Das war nicht immer so, denn Neal Hoffmann suchte einige Jährchen, um die ultimative Besetzung für sein Projekt zu finden.
AMPHIBICs Geschichte begann in London im Jahre 2000 und bog über die Umwege Berlin und Norwegen schliesslich auf der Zielgeraden ein, als man 2003 die Gelegenheit erhielt, auf der so genannten Talentbühne des europaweit bekannten 'Haldern Pop-Festival' zu spielen. Die Macher von 'Haldern Pop' verliebten sich in den AMPHIBIC Sound und boten den Musikern die Möglichkeit zur Aufnahme dieses Albums auf dem neugegründeten "Haldern Pop Recordings"-Label. Zur allergrössten Freude durfte die Band in diesem Sommer dann auf der Halderner Hauptbühne aufspielen und behauptete sich zwischen so illustren Namen wie Paul Weller, KINGS OF LEON, KEANE, STARSAILOR und THE DIVINE COMEDY.
Erstaunlicherweise tauchen die echten Höhepunkte von "Film in my head" erst in der zweiten Häfte des Albums auf. Beginnend mit Forever is such a long time und dessen griffiger Bass-Hookline, setzt sich der Reigen mit der nervös flattrigen Durchhalteparole Dear caffeine fort. Die am Ende fast zum Kollaps führende Koffein-Hymne mündet im energischen, empörten und bellenden Play no more, welches vom Stakkato der kompletten Band nach vorne gepeitscht wird.
Etwas Ruhe und Optimismus verströmt das pianogetragene As good as a rest in welchem der fast ermattete Sänger Neal Hoffmann unter den Streicheleinheiten von Celine Barrys Cello seine letzten Kräfte bündelt und seine neue Marschrichtung verkündet: "A change is as good as a rest".
Plötzlich hat sich die Band wieder gefasst und reitet ganz forsch durch den kurzen gradlinigen Parcours von Every little counts um dann endlich im fröhlichen und ganz entspannten Let's play rich die Pein ihres Gefühlschaos abzustreifen und sich bei einem Croissant und Milchkaffee im Strassencafé der Sonne entgegenzustrecken, während Gitarrist Ollie B. die Szenerie mit einem geschmackvollen Solo abrundet. Manchmal hilft eben nur die Flucht in die Sonne. Und die Regie seines eigenen Lebens darf sich niemand aus den Fingern reissen lassen.
AMPHIBICS "Film in my head" wird sicher noch nicht die grossen Preise abräumen, dafür ist das Gesamtwerk noch nicht fesselnd genug. Die Gesamtintention besitzt allerdings klare Konturen. Da es reichlich genug starke Szenen gibt, nimmt man diese gerne zum Anlass, der Band die nötige Kraft, den Erfindungsreichtum und auch das Durchhaltevermögen zu attestieren, das es braucht, demnächst ein kleines Meisterwerk zu kreieren.