Aschaffenburg, Colos-Saal, 25.01.2005

Fast genau ein Jahr ist es her, als der letzte BLUES CARAVAN im Aschaffenburger Colos-Saal Halt machte. Am Club hat sich im Prinzip nichts geändert und, ehrlich gesagt, ich wüsste auch nicht, was man hier verbessern könnte.
Bei der Karawane sitzt zwar immer noch Oberscheich und Initiator Thomas Ruf auf dem führenden Kamel, aber statt der "Ladies Night" vom letzten Jahr - mit Candye Kane, Sue Foley und Ana Popovic - folgt ihm diesmal die "New Generation" des Blues: Aynsley Lister, Ian Parker und Erja Lyytinen.

Aynsley Lister, Erya Lyytinen & Ian Parker Die drei "Youngster" sind aber beileibe keine Grünhörner sondern haben über die letzten Jahre ihre Qualitäten schon demonstriert.
Das Konzert eröffnen sie gemeinsam, Ian Parker begrüßt die Anwesenden mit einem freundlichen "Guten Abend".
Blues, pur und akustisch, wird ein paar Nummern lang geboten. Quasi 'unplugged and seated', wobei eigentlich nur Ian Parker auf einer Akustischen spielt, aber sehen wir's mal nicht so eng. Außerdem klingt es gut und nur Erjas Slide-Einwürfe sind klanglich sehr scharf.
Mississippi Lawnmower Blues ist der erste Titel und stammt natürlich vom gemeinsamen Album "Pilgrimage: Mississippi To Memphis". Wie gut die drei zusammenspielen, zeigt sich schon hier und auch wie perfekt ihre Stimmen zusammen harmonieren.
Unterstützt werden sie beim zweiten Song von 'Morg' Morgan, der zu Ians Band gehört, am Keyboard sowie gesanglich. Der Titel Time Bares Witness wurde von Ian Parker geschrieben und er übernimmt auch den Leadgesang bei dieser wundervollen Ballade. Dazu passt Erjas Stimme wie dafür geschaffen, während Aynsley Lister mit seinen Sololäufen glänzt.
Und auch Erja präsentiert einen von ihr für dieses Album geschriebenen Song, Dreamland Blues, der hier schwungvoller als auf dem Album ist und einem John Lee Hooker-Boogie nahe kommt.

Ian Parker Dann werden die Stühle weggeschafft und die Bühne gehört Ian Parker und seiner Band. Der Junge ist erst Mitte Zwanzig, aber geht schon richtig routiniert zu Werke. Muddy Waters' She's All Right, das mich immer etwas an I Ain't Superstituos erinnert, eröffnet seinen Set. Es ist einfach der Wahnsinn was der Typ für eine ausdruckstarke Stimme hat. Auf CD erscheint er mir manchmal etwas zu melancholisch, aber wenn man ihn live sieht, wird man unwillkürlich von dem Vortrag mitgerissen - an Dynamik kaum zu schlagen.
Wie aus unterschwellig brodelnden Balladen wahre Heavy-Monster werden, wie bei By Your Side, oder wie er die Gitarre auch mal baumeln lässt und sich in seinen vokalistischen Vortrag reinsteigert wie, ja, man muss es wieder erwähnen, Joe Cocker zu seinen Glanzzeiten. Hier zu erleben in dem lockeren Boogie Feeling Whole Again.
Den Hinweis auf den Tod seiner Großmutter, Inspiration für den Song, hätte es gar nicht gebraucht, denn die starke Emotionalität bei It Hurts A Man ist fast greifbar.
Beim letzten Song liefert Ian auch noch eine kleine Percussion-Einlage auf der bereitgestellten Snare-Drum. Irgendwie hab ich schon jetzt das Gefühl, den Höhepunkt des Abends erlebt zu haben. Aber es sollte ja noch einiges kommen.

Erja Lyytinen Erja Lyytinen ist die nächste und bei ihr hab ich das Gefühl, sie fühlt sich noch nicht ganz heimisch auf der Bühne des Colos-Saal. Nichtsdestotrotz macht sie ihre Sache trotzdem gut und beim zweiten Titel, dem sehr rhythmischen You Talk Dirty, steigt die Stimmung auch gleich wieder. Die Nummer hat ein bisschen was von Not Fade Away.
Ihre jazzigen Einflüsse kommen bei Maybe I Gotta Make Some Music, vom Album "Wildflower", deutlich hervor.
Die junge Finnin ist sehr vielseitig in ihrer Auswahl und sorgt so immer für Spannung und Aufmerksamkeit. Nicht dass sie nicht auch sehr nett anzusehen ist...
Wenn sie Slidegitarre spielt, werden einem die Vergleiche mit Bonnie Raitt durchaus plausibel. Da ist schon sehr viel Ähnlichkeit vorhanden.
Girls mögen es gern auch mal funky und so lockert sie damit auch das ein oder andere Tanzbein im Saal. Wenn sie dann gar die Funky Mama aus dem "Pilgrimage" Album auffährt, zeigt sie auch richtige Entertainerqualitäten in dem sie das Publikum zum Mitsingen bringt, das wohl sowieso schon der Meinung ist eine "Good Time" zu haben.

Aynsley Lister, Erya Lyytinen & Ian Parker Als nächstes ist Aynsley Lister dran und von wegen Umbaupause! Kaum hat Erja die Bühne verlassen, findet sie sich schon mit Ian und Aynsley am Merchandising-Stand ein und präsentiert mit den beiden einen a cappella Blues. Klasse Idee, die vom kollektiven Mitklatschen der Anwesenden entsprechend unterstützt wird.
Aynsley schleicht sich dann davon und fast übergangslos steigt er mit dem Texas-Blues von Everything I Need in seinen Set ein. Tja, da geht's denn auch deutlich rockiger zu.
Absolut selbstbewusst steht der Knabe auf der Bühne und lässt sich auch von leichten Unstimmigkeiten seiner Gitarre nicht aus der Ruhe bringen. Das fetzt jetzt schon richtig gut und bekommt mit dem Boogie Runnin' Out On Me weiteren Drive. Da trägt natürlich auch seine Band mit bei. Vor allem Sarah Jones am Schlagzeug (!) ist nicht nur optisch ein Genuss. Die junge Dame hat auch reichlich Power.
Aynsley Lister Mit Lose My Grip präsentiert Aynsley einen neuen Song und auch der rockt richtig gut und hat noch den nötigen Ohrwurmfaktor. Hoffentlich bringt er den Titel bald auf CD raus.
Natürlich fehlen die kleinen Hendrix-Anleihen nicht in seinem Spiel, aber als letzten Song bringt er nicht Hendrix, sondern... Prince! Eine geile, bluesige Fassung von Purple Rain, die ihm den lang anhaltenden Applaus des Publikums sichert.

Aynsley Lister, Erya Lyytinen & Ian Parker Nun ist die Zeit für den Blues Caravan gekommen und die drei Künstler finden sich wieder zusammen auf bzw. vor der Bühne ein um mit weiteren Titeln ihres gemeinsamen Albums weiter zu machen und gleich mal zu betonen "I need you All The Time". Da singen wir in diesem Gospel-mäßigen Refrain doch gerne mit.
Zu den anmachendsten Songs des Albums, und so auch hier, gehört wohl Too Much To Hide. Eine wahre Freude, wie sich die Stile der drei zusammenfügen, was sowohl für ihre Gitarren wie auch für den Gesang gilt. Live kommt das noch eine Spur powervoller.
Für ihren Last Love Song übernimmt Erja Lyytinen den Part am Piano und bringt einen großen Schuss Soul mit ein. Da passt Ian Parkers Stimme natürlich am besten dazu. Das ist schon toll, wie die beiden ineinander verschmelzen.
[WAS tun die? Herr Schmidt, wir sind jugendfrei! Red.]
Aynsley läuft dafür bei so rockigen Nummern wie Twinkle Toes Willie, mit seinem Rockabilly-Drive, erneut zu großer Form auf. Die Nummer sorgt für beste Partystimmung.
Der Blues Caravan-Song darf natürlich nicht fehlen und Erja liefert für diesen groovigen Titel, wie auch auf dem Album, ihre Rap-Einlage und zeigt wie modern der Blues tatsächlich sein kann.
Wenn's g'scheit raucht ist meistens Aynsley Lister federführend, was 1010° wieder beweist.

Erya Lyytinen & Ian Parker Als nach bald drei Stunden diese Konzert endet, weiß man: Es hat sich wieder rentiert! Das Colos-Saal war vielleicht nur zu 2/3 gefüllt, das Schnee- und Eischaos vom Vortag war wohl mit verantwortlich, aber die Anwesenden bekamen eine richtig gute Show geboten. Ian Parker und Erja Lyytinen harmonieren erstklassig miteinander. Ians grandioses Feeling und seine intensive Performance muss man erlebt haben. Aysnley Lister sorgt für Powerhouse-Blues und fetzenden Rock.
Das ist das erste Konzert der diesjährigen Tour und hier und da läuft noch nicht alles rund, es holpert und hakt etwas, und trotzdem macht der Abend richtig Laune und Lust die drei Künstler, einzeln oder zusammen, bald wieder zu sehen.
Wie sagte Erja nach dem Schluss zu mir: "We had so much fun!"
Ich auch!
Wenn's Euch auch so gehen soll, dann springt auf. Auf den Blues Caravan:

19.01.2006, Gelsenkirchen, Die Kaue
20.01.2006, Worpswede, Musichall
21.01.2006, Schwerin, Speicher
23.01.2006, Göttingen, Musa
24.01.2006, Lorsch, Musiktheater Rex
25.01.2006, Hamburg, Downtown Blues Club
26.01.2006, Soest, Alter Schlachthof
27.01.2006, Berlin, Quasimodo
28.01.2006, Hannover-Isernhagen, Bluesgarage
30.01.2006, Salzburg (AT), Rockhouse
31.01.2006, Rankweil (AT), Altes Kino
01.02.2006, Karlsruhe, Jubez
02.02.2006, Zürich (CH), Moods
03.02.2006, Aarburg (CH), Moonwalker
04.02.2006, Rubigen (CH), Mühle Hunziken
05.02.2006, Bonn, Harmonie
29.04.2006, Vaasa (FI)
30.04.2006, Helsinki (FI), Festival outside Helsinki
01.05.2006, Helsinki (FI), Club Show
05.05.2006, Vlissingen (NL), Freedomfestival
06.05.2006, Ospel (NL), Moulin Blues (afternoonshow)
06.05.2006, Groningen (NL), Oysterpoort (evening show)
08.05.2006, Ruiselede (B), Banana Peel
10.05.2006, Freiburg, Jazzhaus
12.05.2006, Wervik (B), City Benefiz Open Air

Hier geht es zum Interview mit Erja Lyytinen, Aynsley Lister & Ian Parker

Epi Schmidt, 19.01.2006

 

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