Tanita Tikaram, Stephanie Neigel, Aschaffenburg, Colos-Saal, 17.12.2012 |
Montagabend in Aschaffenburg und ich wieder einmal auf dem Weg ins Colos-Saal. Was wird mich heute erwarten? Im Club spielt Tanita Tikaram, die in den 80er Jahren ein Shooting-Star war und - wiewohl bildhübsch - das nur über ihre beeindruckende, tiefe Stimme schaffte. Twist In My Sobriety klingt heute noch jedem im Ohr, der den Song auch nur einmal gehört hat. Gegen 21 Uhr betritt ein älterer Herr die Bühne, dessen buschig-weißer Backenbart ebenso auffällt wie ein englischer Akzent und sagt sie an: „Tanita Tikaram“! Urplötzlich liegt eine ausgelassenere Stimmung über dem Saal (oder ist es nur mein Empfinden?). Tanita läuft direkt sprunghaft in die Bühnenmitte, greift sich eine Akustikgitarre und bringt mit Good Tradition gleich einen kleinen Hit aus ihrer Frühphase. Fast ausgelassen wirkt sie und freut sich sichtlich, heute Abend hier zu sein. Mit World Outside Your Window folgt ein weiterer bekannter Song und der Applaus ist entsprechend. Ihre Band besteht aus einem Akustikgitarristen, einem Bassisten am Kontrabass und einem Saxofonist/Klarinettist, der auch mal zur Querflöte wechselt. Im Gegensatz zu ihren Alben mangelt es somit an einem antreibenden Schlagzeug und so geht der Schwung alsbald etwas verloren. Besonders bei den ruhigeren Songs – von denen sie ja einige hat – versinkt das dann schon etwas in Melancholie. Man kann bei Songs wie He Likes The Sun, Science oder One Kiss herrlich träumen und sich problemlos von der Sängerin verzaubern lassen und so ist vielleicht die Bestuhlung doch nicht so unangebracht. Ich stell mich trotzdem weiter nach hinten und ärger mich etwas, weil z.B. All Thing To You eigentlich mehr Feuer birgt und auf der CD einiges rockiger kommt. Das ist in Rock'n'Roll auch nicht anders, unterstreicht aber, dass ihr aktuelles Album wirklich hervorragend gelungen ist. Da strahlt sie zwischen den Nummern zurecht glücklich, wie eine Newcomerin die sich über die zahlreich erschienenen Zuschauer freut. Da wirkt sie dann meist viel offener als in ihren Songs, sucht den Kontakt und ringt nahezu nach Erklärungen für den Sinn, die Botschaft, oder die Entstehung der Titel. Kommt äußerst sympathisch rüber. Zu zwei Zugaben kommt Tanita nochmal zurück - der Beifall ist doch entsprechend. Ich hätte allerdings kein White Christmas gebraucht, auch wenn die Geste sicher nett ist. Beim letzten Song sitzt Tanita Tikaram allein am Piano und singt den fast programmatischen Song Little Sister Leaving Town. So verlasse ich denn auch die Halle und hab das Glück noch den frühen Zug nach Hause zu kriegen. Für ca. 70 Minuten konnte man sich diese vorweihnachtliche Stimmung mal gönnen - länger wäre es mir dann doch zu viel geworden. Aber ich bin trotzdem verdammt froh, dieses Mädel mal gesehen zu haben, denn eine außergewöhnliche Sängerin und ein wundervoller Mensch ist sie auf jeden Fall. |