BANG YOUR HEAD 2001An odyssey in Metal 29.6.2001, Balingen, Messegelände |
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Vier Jahre Open Air-Abstinenz. Nicht, dass es keine interessanten Veranstaltungen gegeben hätte, doch diese Megaevents mit achtzig Bands an drei Tagen auf fünf Bühnen gleichzeitig nerven. Genauso der ganze Stress im Umfeld eines Open Airs, angefangen von dem Verkehrschaos bei An- und Abreise, über die oftmals unwürdige sanitäre Ausstattung, bis hin zur problematischen, häufig überteuerten Getränke- und Essensversorgung. Und irgendwie packt einen dann doch wieder das Fieber, man bekommt das gewisse Kribbeln, wenn man an die legendären MONSTERS OF ROCK-Festivals denkt, an die unvergessenen Tage auf der Loreley und nicht zuletzt Stirling Castle 1997, die letzten beiden RUNRIG-Shows mit Donnie Munro.
Also auf nach Balingen zum Bang Your Head, mit dem festen Vorsatz, zwei Tage lang Spaß zu haben. An den Bands sollte das nicht scheitern, denn das Programm war doch sehr attraktiv.
Und die Rahmenbedingungen? Hier gebührt den Veranstaltern ein ganz dickes Kompliment, denn ich habe noch nie eine Veranstaltung dieser Größenordnung erlebt, die so gut, ja nahezu perfekt, organisiert war.
Anreise: Perfekte Beschilderung in Balingen, ausreichend Parkplätze in unmittelbarer Nähe des Festivalgeländes.
Einlass: Problemlos. Selbst an der Tageskasse war das Personal bestens informiert, wo Pässe und Pressekarten abzuholen waren. Der Einlass erfolgte unbürokratisch über den Backstagebereich, doch auch am Haupteingang waren keine langen Schlangen auszumachen, was auf eine schnelle Einlassprozedur hindeutete. Einziges Manko: Die Fotopässe mussten separat im Pressezelt abgeholt werden. Mal war niemand vor Ort, dann waren die laminierten Pässe aus, aber mit etwas Geduld klappte dann doch alles.
Verpflegung: Das Fünfgängemenü (4 Bier und ein Fischbrötchen) gab es für 22,00. Im Ernst: Im hinteren Bereich des Festivalgeländes, in einem großen Areal rechts von der Bühne und vereinzelt auch links, gab es eine Vielzahl von Verkaufsständen. Die Preise waren moderat, die Auswahl war vielseitig und reichte von vegetarischen Gerichten über chinesische Küche bis hin zum typischen Burger oder Gyros. Durch die große Anzahl an Ständen gab es zudem nirgends lange Wartezeiten.
Das Publikum: Wow! Wenn man da an die Monsters vor allem in Schweinfurt denkt... Kein Gedränge, kein Geschubse, keine Aggression, nur ganz wenige, die es mit dem Alkohol offensichtlich übertrieben hatten. Dafür ein Wiedersehen mit vielen alten Bekannten, viele nette Gespräche... Das war einmalig!
Etwas negativ war nur der relativ frühe Beginn am Freitag um 10 Uhr morgens. Selbst mit einem Tag Urlaub war das für Leute mit weiterer Anreise kaum zu schaffen. Und wegen TIERRA SANTA, SOLITUDE AETERNUS und BRAINSTORM schon am Vorabend anreisen? Also ich weiß nicht. Gut, man hätte noch die 'Warm up show' am Donnertag in der Rockdiscothek WOM in Balingen mit MAJESTY, PARADOX und VICIOUS RUMOURS mitnehmen können, aber man muss ja nicht gleich übertreiben. Meine Planung lief auf KAMELOT um 12.30 hinaus, die ich als erste Band sehen wollte, was natürlich prompt nicht funktionierte. Für den Stau auf der A81 bei Herrenberg und die großräumige Umleitung zwischen Horb und Freudenstadt können die BYH-Macher nun aber wirklich nichts.
VICIOUS RUMORS
Die amerikanischen Power-Metaller waren die erste Band des Tages, die ich bewusst wahrnahm. Meine letzte Begegnung mit dieser Band lag nun auch schon mehr als ein Jahrzehnt zurück und die zuletzt nicht immer überzeugenden Plattenkritiken hatten mich auch davon abgehalten, mich mit ihrem aktuellen Material näher zu beschäftigen. Das wird sich ändern, denn der energiegeladene Auftritt machte doch Lust auf mehr. Besonders auffällig der starke Gesang von Frontman Morgan Thorne, der einen Carl Albert (R.I.P) fast vergessen lässt. Doch auch die Songs wussten zu überzeugen. Es gibt also ein Leben nach Digital dictator.
KREATOR (Bildergalerie)
Nach einer kurzen Umbaupause hatten die Ruhrpott-Thrasher leichtes Spiel mit dem von VICIOUS RUMOURS gut angeheizten Publikum. Balingen war einfach in der Stimmung für das volle Brett und Mille und seine Mitstreiter ließen sich nicht zwei mal bitten. Giftig orangegelber Bühnennebel, der fast schon SISTERS OF MERCY-Ausmaße annahm, sorgte für einen ansprechenden Showeffekt, was die eher statische Performance der Band doch stark aufwertete. KREATOR präsentierten bereits einen Song vom neuen, im Herbst erscheinenden, Album, der sich nahtlos in die dargebotenen Klassiker einreihte. Mit Flag of hate landete die Band sogar die erste Hymne des Festivals. Auch wenn KREATOR die Songs ihres stärksten Albums Endorama sträflich ignorierten, ein starker Auftritt.
ARMORED SAINT (Bildergalerie)
Kurz bevor ARMORED SAINT 1991 der verdiente Durchbruch gelang, strich Sänger John Bush die Segel und heuerte bei ANTHRAX an. Mittlerweile bringt er zwar beide Bands unter einen Hut, doch ARMORED SAINT haben durch die unfreiwillige, langjährige Auszeit gewaltig an Boden verloren. Festivalauftritte wie dieser sind sicher ein probates Mittel um die Akzeptanz beim Publikum zurückzugewinnen. Eine furiose Version von March of the saint eröffnete einen durchaus gelungenen Auftritt, bei dem vor allem John 'not George' Bush durch seine agile Performance und die permanente Anfeuerung des Publikums überzeugte. Zugegebenermaßen, mit fortschreitender Konzertdauer schlichen sich einige Längen ein, was aber mit daran lag, dass KREATOR und vor allem aber VICIOUS RUMOURS tendenziell einen ähnlichen Sound auffuhren und mein Bedarf an Powermetal und Thrash fürs Erste gedeckt war.
ROSE TATTOO (Bildergalerie)
ROSE TATTOO endlich einmal ohne die BÖHSEN ONKELZ. Das ich das noch erleben durfte! Und die Australier eroberten Balingen mit ihrem schmutzigen Rock 'n' Roll im Handstreich. Natürlich war es völlig nebensächlich, was Angry Anderson, Pete Wells und Co. spielten, wobei der Schwerpunkt erwartungsgemäß auf dem bislang unerreichten Debut lag. Angry nutzte die Ansage zu dem Blues The butcher and fast Eddie um an den wenige Tage zuvor verstorbenen John Lee Hooker zu erinnern, doch in erster Linie zelebrierte die Band eine harte, schnelle Rock 'n' Roll Party par Excellence. Out of this place, Bad boy for love, Astra Wally, Nice boys... Eigentlich ist hier jedes Wort zuviel, denn diese Band muss man einfach einmal erlebt haben. So, Jungs, und nach dieser beeindruckenden Vorstellung wird es jetzt aber allerhöchste Zeit für ein neues Studioalbum.
URIAH HEEP (Bildergalerie)
Nach ROSE TATTOO auf die Bühnenbretter zu müssen, ist schon ein hartes Los, vor allem wenn eine Band schon stil- und härtemäßig nicht so recht zum Rest des Billings passen will. Dabei machten die Dinosaurier zunächst alles richtig und setzten auf die Schnittmenge ihrer bekanntesten und härtesten Stücke, durchsetzt von zwei relativ aktuellen Songs. Doch mit fortlaufender Konzertdauer wurde der Auftritt immer nerviger und unerträglicher. Die Band beging die Todsünde schlechthin, wenn einem nur begrenzt Spielzeit zur Verfügung steht: Sie verzettelte sich in Solopassagen. Und bei allem Respekt: Mick Box (Gitarre), Lee Kerslake (Schlagzeug) und Phil Lanzon (Keyboards) sind nun wirklich nicht die Koryphäen, von denen man unbedingt ein Solo gehört haben muss. Stattdessen fünf Songs mehr, die man locker in der sinnlos verbratenen Zeit untergebracht hätte, und alles wäre im grünen Bereich gewesen. So aber war es trotz Easy livin', Bird of pray, Return to fantasy, Gypsy, und und und... eine ganz schwache Vorstellung. Von einer Band, die schon so lange im Geschäft ist, muss man eigentlich ein intelligenteres Vorgehen erwarten können.
SAVATAGE (Bildergalerie)
Setlist: City Beneath The Surface, Strange Wings, Sirens, Surrender, Commissar, Edge of Thorns, Wake of Magellan, Dead Winter Dead, Gutter Ballet, Believe, Chance, Hall Of The Mountain King
The return of the crow. Brandon Lee is back! Das waren meine ersten Gedanken als Zak Stevens Nachfolger Damond Jiniya die Bühne betrat. Die Frage, die alle Fans bewegte: Würde der Neue auch stimmlich zur Band passen und über was für Showtalente verfügt der Mann? Ich kann euch alle beruhigen. Damond ist Klasse! Er ist zwar ein völlig anderer Typ als Zak Stevens, aber stört das? Ich würde sagen: Nein, denn SAVATAGE wirken durch Damond Jiniya, der sehr viel was Theatralik und Auftreten angeht aus der Gothicszene entliehen zu haben scheint, runderneuert, aber auch deutlich düsterer. Da aus meiner Sicht die Stärke der Band ohnehin immer im epischen, melancholischen Bereich lag, ist Damond zumindest in optischer Hinsicht eine hervorragende Wahl.
Auch an seinem Gesang gab es nichts auszusetzen, wenngleich er den Beweis, dass er angeblich über vier Oktaven Stimmumfang verfügt, nicht antrat. Ich freue mich jedenfalls jetzt schon auf das nächste Album von SAVATAGE, das, wenn Damond sich auch am Songwriting beteiligt und das Songmaterial perfekt auf ihn zugeschnitten wird, eine faustdicke Sensation bieten könnte. Spannend wird es auf jeden Fall.
Doch zurück zur Gegenwart. In Balingen unterstrichen SAVATAGE wieder einmal, welch hervorragende Liveband sie sind. Nach hartem, furiosen Auftakt, unter anderem mit dem Oldie City beneath the surface, folgte die kurze, aber intensive Würdigung des aktuellen Albums Poets and madmen, durch die Songs Surrender und Commissar. Zu gerne hätte ich ja erlebt, wie Damond The morphine child interpretiert und optisch umsetzt, doch der Mammutsong hätte definitiv den gegeben Rahmen gesprengt.
Höhepunkt waren dann natürlich die Titeltracks der Alben Edge of thorns, Dead winter dead und Gutter ballet
Und wer immer noch Zweifel an der Klasse und Genialität der Band hegte, wurde mit Chance endgültig überzeugt. Schon mit gewaltiger technischer Unterstützung hätten viele Bands ihre liebe Mühe, im Studio so einen Song hinzutricksen, SAVATAGE dagegen zelebrierten die Nummer live, einschließlich des komplexen und anspruchsvollen Satzgesangs, ohne nennenswerte Reibungsverluste gegenüber der Studioversion. Auf die Knie, ihr Ungläubigen! Huldigt den Göttern.
Hall of the mountain king beendete einen viel zu kurzen, sehr intensiven Auftritt und warf die Frage auf, ob SAVATAGE nicht der bessere Headliner als JUDAS PRIEST gewesen wäre.
JUDAS PRIEST (Bildergalerie)
Setlist: Metal gods, Heading out the highway, Touch of evil, Blood stained, Victim of changes, One on one, Ripper, Diamonds and rust, Machine man, The green Manalishi, Burn in hell, Breaking the law, You've got another thing comin', Painkiller, // The hellion, Electric eye, United, Living after midnight // Hell bent for leather
Eine Gestalt springt aus dem Publikum auf mich zu, packt mich an den Schultern. "JUDAS PRIEST haben verloren! Schreib das! Das ist Gesetz!", brüllt er mich an.
Was war passiert? Eigentlich gar nichts weltbewegendes. JUDAS PRIEST hatten sich einfach erdreistet, zwei Songs aus dem kommenden Album Demolition live zu präsentieren. Schon seit Tagen verfolgten einen gerüchteweise Horrormeldungen wie: Die neue PRIEST-Single klingt wie TWO (Rob Halfords Hardcore-Industrial-Projekt), nur noch schlimmer. JUDAS PRIEST machen jetzt einen auf RAMMSTEIN und knüppeln noch brachialer wie PANTERA. Solche Aussagen beruhigen einen nicht unbedingt, aber ich habe mir mittlerweile angewöhnt, auf solche Aussprüche zwar zu hören, mich aber nicht großartig davon beeinflussen zu lassen.
Dennoch war ich sehr gespannt, als Ripper Owens nach einem starken Showauftakt, unter anderem mit Metal gods, nach dem Klassiker Victim of changes, bei dem er wieder einmal scheinbar mühelos seinen Vorgänger Rob Halford übertrumpfte, mit One on one einen neuen Song ankündigte.
One on one entpuppte sich als typischer PRIEST-Nackenbrecher mit einem zugegebenermaßen modernen Gitarren- und Drumsound, der aber gegenüber den Klassikern keineswegs abfiel. Die zweite neue Nummer Machine man, die obig geschilderte Reaktion provoziert hatte, erwies sich als relativ belanglose Nummer ähnlicher Machart. Trotzdem, das neue Material war typisch JUDAS PRIEST, und was von Hardcorefans immer gerne verdrängt wird ist, dass die Band seit jeher gerne experimentiert hat. Alben wie Point of entry oder Turbo sind einfach weitaus spannender als British steel oder Painkiller, ohne dass ich die Klasse der typischen PRIEST-Alben in Frage stellen möchte. Also kein Grund zur Panik. Alles im Lot beim Flaggschiff des Heavy Metal.
Vielleicht hatte aber auch Diamonds and rust dem aufgebrachten Ex-Fan(?) zusätzlich die Laune verhagelt. Erdreistete sich die Band doch glatt, die alte Joan Baez-Nummer nicht als harten Rocker, sondern als Ballade und quasi unplugged, und damit wohl relativ dicht am Original, zu spielen. Dabei war die Version arschgeil und kam noch eine Klasse besser als die Version auf dem letzten Livealbum 98 Meltdown. Zudem verdient es allerhöchsten Respekt, dass ausgerechnet der Headliner - und dazu noch die Band, von der man es am wenigsten erwartet hat - das gefühlvollste Stück des ganzen Tages spielte.
Für mich waren JUDAS PRIEST der Gewinner des Tages, wobei ich dazu sagen muss, dass mich die Band seit 1980 und ihrer mittlerweile legendären Tour mit SAXON, live nie mehr so richtig überzeugen konnte. Irgendwie fehlte immer der letzte, aber entscheidende Kick. Den gab es auf dem BYH definitiv dadurch, dass die Band in der Lage war, mich positiv zu überraschen.
Natürlich sind JUDAS PRIEST Vollprofis und mittlerweile so lange im Geschäft, dass sie wissen, was sie ihrem Publikum schuldig sind. So gab es vor allem im zweiten Teil der Show einen Klassiker nach dem anderen und wie groß diese Band tatsächlich ist, wird einem vor allem dann klar, wenn sie immer wieder einen weiteren 'unverzichtbaren' Song hervorzaubern. Und noch einen, und noch einen, und noch einen... bis alle, von ein paar unbelehrbaren Hardlinern abgesehen, erschöpft und zufrieden sind. Das war ganz großes Heavy Metal-Entertainment.
Wer danach immer noch nicht genug hatte, für den gab es unter dem Motto One night in hell im WOM noch eine Clubshow mit HELSTAR und RETURN TO THE SABBAT. Okay, Martin Walkyers heimliche SABBAT-Reunion nach seinem Ausstieg bei SKYCLAD wäre schon interessant gewesen, doch ich hatte noch eine Einladung zu einer privaten Aftershowparty bei einem Bekannten mit anschließender Übernachtungsmöglichkeit. Und wer sagt schon nein, wenn man mit einem JAMESON Gold geködert wird?
30.6.2001, Balingen, Messegelände
Der Samstag war aus meiner Sicht vom Line up her lange nicht so attraktiv wie der Freitag. Daher hatte ich es auch nicht so furchtbar eilig, wieder in Balingen aufzulaufen. Erst mal ausschlafen, nachdem es doch recht früh geworden war, und ganz gemütlich den Tag beginnen. Leidtragende dieser relaxten Vorgehensweise waren COURAGEOUS, EIDOLON, SQUEELER, ANVIL, HELSTAR und COMPANY OF SNAKES, die ihre Auftritte ohne Unterstützung durch das Hooked on Music durchziehen mussten.
SIX FEET UNDER
SIX FEET UNDER war natürlich gleich ein recht heftiger Einstieg in den Festivaltag und irgendwie war mir auch gar nicht nach US-Deathmetal. Einem Großteil des Publikums ging es offensichtlich ähnlich, dennoch konnte sich die Band nicht über einen Mangel an enthusiastischer Headbanger vor der Bühne beklagen.
Ex-CANIBAL CORPSE-'Stimme' Chris Barnes grunzte, rülpste, röchelte und brüllte sich durch einen energiegeladenen Auftritt, bei dem ich zwar keinen einzigen Song identifizieren konnte, aber dennoch tierisch die Post abging. Haken wir SIX FEET UNDER mal unter der Rubrik 'die hab ich auch mal live gesehen' ab.
AXEL RUDI PELL (Bildergalerie)
Das Wattenscheider Blondchen war mit seiner Band eine der größten positiven Überraschungen des Festivals, was nicht zu letzt am Ausnahmesänger Johnny Gioeli lag. Seine Stimme ist für diese Art von melodiösem Heavy Rock in bester RAINBOW-Tradition geradezu prädestiniert. So ganz nebenbei erteilte die Band URIAH HEEP eine kostenlose Nachhilfestunde, wie man sich musikalisch individuell austobt, ohne dass dies zu Lasten der Songs geht. Die Keyboard/Gitarrenschlachten von Ferdy Doernberg und Axel Rudi Pell waren mehr als beeindruckend. Mike Terrana am Schlagzeug bewies wieder einmal, dass er ein sehr versierter Drummer ist und auch Tieftöner Volker Krawczak ließ nichts anbrennen. Die Songauswahl war mehr als ansprechend, allen voran das epische Medley aus Masquerade Ball, RAINBOWs Stargazer und Casbah. Call her princess. Carousel, Fool fool, Snake eyes... Da blieben kaum Wünsche offen und das Publikum feierte die Band entsprechend ab.
MEGADETH (Bildergalerie)
MEGADETH sind einfach eine sympathische Band. Da marschieren immer wieder ein paar bodenständige Typen in Jeans und T-Shirt auf eine Bühne und blasen mit ihrem anspruchsvollen Speedmetal dem Publikum den Schädel weg. Auch wenn es derzeit in Medienkreisen schwer angesagt ist, auf der Band wegen den vermeintlich schwachen letzten Studioalben herumzuhacken, so sind MEGA-Dave und Co. immer noch die glaubwürdigste Band aus der einstmals legendären Bay Aera-Szene. Dies unterstrich auch der heutige Auftritt wieder eindrucksvoll. Die neuen Songs waren mir einfach noch zu wenig vertraut um mich richtig mitreißen zu können, doch Tracks wie Peace sells... but who is buying, In my darkest hour und natürlich die Hymne Symphony of destruction verfehlen ihre Wirkung nie.
Neuzugang Al Pitrelli (g) konnte vollauf überzeugen und steht der Klasse seines Vorgängers Marty Friedman in nichts nach. Ich habe MEGADETH zwar schon beeindruckender erlebt, aber trotzdem ein gelungener Auftritt.
STRATOVARIUS (Bildergalerie)
Gerüchteweise gab es etwas Stress im Vorfeld zwischen STRATOVARIUS und Dee Snider. Die Finnen und ihr Deutscher Schlagzeuger Jörg Michael wollten scheinbar nur als Headliner auftreten, Dee Snider aber keinesfalls vor STRATOVARIUS spielen. Der Kompromiss war dann wohl, dass STRATOVARIUS zwar zuerst auftreten mussten, aber keinerlei Auflagen in Punkto Pyros bekamen. So blitzte, donnerte und zischte es bei blendendem Tageslicht, dass es eine wahre Pracht war.
Musikalisch war der Auftritt ganz nett, aber bei mir wollte der berühmte Funke nicht so recht überspringen. Für meinen Geschmack gingen bei der Liveumsetzung des symphonisch angehauchten Powermetals einfach zu viele kleine, aber feine Details verloren. Die Mehrzahl des Publikums hat es offensichtlich nicht gestört und man muss der Band auch attestieren, dass sie wissen, wie man ein Publikum zum Mitmachen provoziert. Ich sag nur 'Roskilde'. 'Do you think that Balingen is louder than Roskilde' fragte Sänger Timo Kotipelko die Meute einmal. Von da an genügte ein gehauchtes 'Roskilde' um die Masse zum Toben zu bringen. So hat halt jede Band ihr 'Scream for me....'.
STRATOVARIUS verabschiedeten sich mit dieser Show, die von der Songauswahl überzeugte, von ihren Fans um eine zweijährige kreative Pause einzulegen. Wetten, 2003 sind sie wieder in Balingen, diesmal aber als echter Headliner.
DEE SNIDER (Bildergalerie)
Setlist: What you don´t know sure can't hurt you, The kids are back, Stay hungry, Isn' it time, You can´t stop Rock 'n' Roll, I am (I'm me), I believe in Rock 'n' Roll, Leader of the gang, Be cruel to your school, Hardcore, I wanna rock, Widowmaker, Burn in hell, Under The Blade, We´re Not Gonna Take It, // The Prize // S.M.F.
Es sieht so aus, als müsste man nur lange genug im Rock 'n' Roll-Haifischbecken überleben, um mal ein ganz großes Festival headlinen zu dürfen. Dieser Gedanke drängte sich mir unweigerlich auf, waren TWISTED SISTER doch 1983, bei den Monsters Of Rock, in Kaiserslautern die erste Band, die ich jemals auf einem Open Air sah. Doch meine Zweifel, ob Dee Snider der Headlinerrolle gewachsen sein würde, wurden schnell zerstreut.
Dee Snider, das ist Rock 'n' Roll pur mit dem einzigen Anspruch das Publikum zu unterhalten. Die Posen, das Stageacting, selbst die Sprüche, haben sich in achtzehn Jahren nicht verändert. Sogar das Wetter spielte mit und ein Gewitter zog herauf, und gab Dee die Möglichkeit, die Faust zum Himmel zu erheben, und die Naturgewalten zu verfluchen.
Was wäre dieser Mann nur ohne seine 'Sick motherfuckers'-Schimpfkannonaden. Das Publikum liebt ihn dafür und feierte eine ausgelassene Party. Mag der eine oder andere TWISTED SISTER-Hit heute doch sehr banal und musikalisch belanglos erscheinen, live funktionieren die Songs noch immer perfekt. Ob I wanna rock, You can't stop Rock 'n' Roll, Under the blade, I am (I'm me), das unvermeidliche We're not gonna take it, das Publikum in Balingen stand Kopf und Tausende von Fäusten wurden gegen den Himmel geschleudert.
Herausragend das dramatische Burn in hell, bei dem die Bühne in blutrotes Licht getaucht wurde, und das schnelle What you don't know shure can't hurt you. Selbst eine alte Popnummer wie Leader of the gang, wirkte alles andere als peinlich.
Kurze Ausflüge zu Dee Sniders aktueller Soloscheibe (Hardcore, das Lemmy gewidmet ist und verdächtig nach Iron fist klingt und Isn't it time) und in seine WIDOWMAKER-Vergangenheit (Widowmaker - was sonst?), lockerten den Set auf, aber zu 90 % war es ein Tribute-Konzert für TWISTED 'fuckin' SISTER. Fuckin' great! Ein würdiger Abschluss eines starken Festivals!
Unser besonderer Dank gilt Horst, Jagger und Biggy.
Martin Schneider Juli 2001