Joyce Hotel

Berlin, Bastard, 22.09.2005

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 22.09.2005

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Redakteur(e):

Ralf Stierlen

Peter Tenzler


Berlin, Bastard, 22.09.2005

Die rührigen Verfechter skandinavischer zeitgenössischer Independent-Rock-Kultur "Polar Zoo" hatten mal wieder zu einem kleinen, aber feinen Konzert im Bastard in der Kastanienallee, also mitten im Kiez des Prenzlauer Berges geladen.

Joyce Hotel

Diesmal waren die dänischen JOYCE HOTEL zu Gast, immer mal wieder mit RADIOHEAD oder DEUS verglichen, um den deutschlandweiten Release ihre Debutalbums zu zelebrieren (in Dänemark kam das komplexe Werk schon im Februar heraus). Zum support act kann ich leider nicht viel sagen, die mir namentlich nicht bekannte Band (irgendwas wie SENFU ROCCO oder so.) lärmte sich durch etwas hektischen Alternative Rock im Stile von MUSE, der durch die überpointierte Präsenz des Sängers (der auch Bass spielte) ein wenig nervte.

Joyce Hotel

Zu dann schon recht vorgerückter Stunde, tatsächlich näherte sich schon der nächste Tag mit Sauseschritten, standen dann endlich JOYCE HOTEL auf der Bühne um in ihre eigenwillige musikalische Welt einzuladen. Und sie machen es dem Hörer nicht gerade leicht, bricht doch einiges auf diesen ein: minimalistische Sequenzen in sprödem Moll (wie bei Out Only) werden abgelöst von leidenschaftlichen Gitarrenwänden (wie bei Sisher), energetische Lärmausbrüche finden unerwartete Wendungen und Auflösungen (Blood Monsters).

Joyce Hotel

Über allem meist Kristian Funders zurückgenommenes und gerade dadurch doch so intensives Organ (er spielt auch Gitarre und Keyboards und ist schon so etwas wie der Kopf von JOYCE HOTEL), das fulminante und doch variable Drumming von Lars Wraa, der zwischen In-Sich-Gekehrtsein und ausbordende agierende Bassist Jacob Clemmensen sowie die heimlich musikalische Führhand von Gitarrist, Keyboarder und Background Vokalist Bo Karlsson lassen spüren, dass hier eine gewachsene Einheit am Werk ist, mehr als nur ein aus mehreren Einzelteilen zusammengefügtes Bandgebilde.

Joyce Hotel

Die Stärke dieser Band liegt in ihrem Zusammenhalt, in dem geradezu blinden Verständnis untereinander, ander unkonevntionellen Bildersprache und der Vielzahl musikalischer Ideen, die sich jedoch letztendlich immer zu einem kompakten, geschlossenen Gesamtbild zusammenfügen. Die individuellen Stärken verkommen nicht zu Egotrips, es gibt kein Musizieren zum Selbstzweck, sondern man behält immer das große Ganze im Auge. In der Liveumsetzung kommt dabei viele natürlich noch erheblich rauer, kantiger und härter zum Vorschein, die Verdichtungen wirken noch intensiver, die Wall-Of-Sound-Sequenzen noch geschlossener, ohne dass die zartgliedrigen Passagen zu kurz kommen oder gar im Rockübeschwang weggespült werden würden..

Joyce Hotel

Auch wenn es ab und zu mal groovt (Wpapa) ist dies keine Tanzmusik, sondern mehr Kopfkino, Musik für alle Sinne, für den ganzen Zuhörer und für lange, dunkle Winternächte. Und doch ist dies auch nicht nur trockenes progressives Futter, wie das kernige European Amphetamine beweist. Vielleicht sehnt man sich ab und an nach einem Stückchen (melodischer) Sonne in all den düsteren Moll-Landschaften, nach einer kleinen Klippe zum Festhalten, bevor man von den Gefühlen weggespült wird.

Joyce Hotel

Aber fest steht: diese Band hat das Potential, wirklich Großartiges zu schaffen. Wenn man konsequent die eigenen, gelegentlich abseitigen Pfade weiterwandert und sich nicht darum schert, dass man von einigen Kritikern zu schnell in irgendwelche Schubladen gesteckt wird, sondern unbeirrt die unzähligen Ideen, die in dieser Band stecken, zu verwirklichen versucht, wird man noch sehr viel Positives von JOYCE HOTEL zu hören bekommen. Ein langer, da späte beginnender Konzertabend nimmt damit ein mehr als versöhnliches, sehr vielversprechendes Ende.

Ralf Stierlen, 1.11.2005

 

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