The Decemberists

Lavender Diamond

Berlin, Postbahnhof, 14.02.2007

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 14.02.2007

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Redakteur(e):

Kristin Krauß


Berlin, Postbahnhof, 14.02.2007

Die Gnade der späten Geburt erspart nicht nur so manche Peinlichkeit sondern fordert der Gerechtigkeit halber auch so manches Opfer. So kommen einem hin und wieder bierselige Geschichten zu Ohren, über Konzerte die man nie sehen konnte, weil man viel zu jung war damals. Zum Beispiel schwärmerische Erinnerungen an die jungen VIOLENT FEMMES. Genügend Platz für "tänzelnde" Psychobillies war da mancherorts, heißt es. Vielleicht haben sie für Verwirrung gesorgt - bei Publikum und Band. Aber solche Geschichten sind doch der wahrhafte Beweis dafür, dass es coole Hippies gibt. Wie eben die VIOLENT FEMMES.

Leider ist es aber im wahren Leben nun mal so, dass es deutlich mehr definitiv nicht coole Hippies gibt. Unlängst zu bewundern im Berliner Postbahnhof am Ostbahnhof. Nichts ahnend steht man an der Bar um ein Bier zu ergattern, da raunt schon eine Stimme in einem Tempo, das nach einer gewohnheitsmäßigen Überdosis Valium klingt durch den Saal.
Würden wir heutzutage noch unseren Instinkten vertrauen, wäre dies der Zeitpunkt zu gehen. Doch stattdessen näherten wir uns todesmutig dieser Stimme und - oh Schreck! Eine Elfe, ein Blumenkind, eine Ausgeburt eines Asterix-Comix im hellblauen Chiffon-Walle-Kleid mit Monsterblumen im Haar! Es hüpft, es singt, es wedelt mit den Armen! Es kann nicht von dieser Welt sein!
Bitte? Ach, die Vorband? Ähm, äh, ok. Nun, hier war nicht nur der Geschmack sondern auch der Texter auf Urlaub. Man möge mir verzeihen, dass ich keine Kapazitäten abspalten konnte um mir diese Texte zu merken, aber es dürfte ungefähr so zusammenzufassen sein: Oh ich liebe Dich, Du liebst mich, liebst Du mich nicht, lieb ich Dich auch nicht Oh Oh Oh Oh, oder so ähnlich.
[Hach ja, die jungen Menschen haben heute einfach keinen Sinn mehr für Romantik UND für Asterix. Als wir neulich mit Troubadix zusammensaßen, erläuterten wir dieses Problem auch eingehend und fanden keine Lösung; Redakteurix]
Die Halle füllte sich trotz LAVENDER DIAMOND und das erbetene Rauchverbot wurde in einem sehr hohen zweistelligen Bereich artig eingehalten. Zum Umbau gab es "Peter und der Wolf" als unterhaltsame und lehrreiche Zwischenmusik, und hier fühlte man sich dann endlich vollständig dem Bildungsbürgertum verschrieben. Zum Glück stirbt die Hoffung zuletzt - und manchmal wird Sturheit belohnt.

Auftritt THE DECEMBERISTS! Der reinste Rock'n'Roll verglichen mit dem eben Gesehenem und Gehörtem. Ein Paukenschlag, ein Gitarrenriff, ein Griff in die Tasten, ein Wimpernzucken, ein Sekundenbruchteil und die Halle gehört der Band. Ihre leicht rumpeligen Moritaten wirken live noch präsenter und besser als auf CD. Meloy, der perfekte Entertainer, der Crooner mit Hornbrille, der Animateur hat längst alle in der Hand, spaltet das Publikum in zwei rivalisierende Seiten, fordert Ganzkörper-Auf-Und-Abs holt das Publikum auf die Bretter, die die Welt bedeuten und schickt im Gegenzug die Band ins Tiefparterre. Und alle machen mit.
Es ist unglaublich, aber wahr. Was bei den meisten Musikern peinlich wirkt, ist hier Programm, funktioniert, als wäre das Publikum bezahlt worden.

Eins ist sicher: Wären zwischenzeitlich nicht einige traumgleich lange und schlafwandlerisch langsame Elegien in grau-blauem Licht vorgetragen worden, die Sozialpädagogen und Lehramtstudenten im Publikum hätten sich einer pogenden Masse gegenüber gesehen und die DECEMBERISTS wären auf dem besten Weg kulturell übergreifend Kult zu werden. So sind sie immerhin coole Hippies - und das muss ihnen erst mal einer nachmachen.

Kristin Sperling, 16.02.2007

 

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