Big Big Train Goodbye To The Age Of Steam, English Electric Recordings, 2011/1994 |
Ian Cooper | Keyboards | |||
Steve Hughes | Drums | |||
Andy Poole | Bass | |||
Martin Read | Vocals | |||
Greg Spawton | Guitars, Keyboards | |||
Nick D'Virgilio | Drums on "Expecting Dragons" | |||
David Longdon | Flute & Keyboards on "Expecting Dragons" | |||
Steve Christey | Windchimes | |||
Rob Aubrey, Ken Bundy, Gary Chandler, Sally French, Stuart Nicholson, Martin Orford, Mandy Taylor | Backing Vocals | |||
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01. Wind Distorted Pioneers | 07. Expecting Snow | |||
02. Head Hit The Pillow | 08. Blue Silver Red | |||
03. Edge Of The Known World | 09. Losing Your Way | |||
04. Landfall | 10. Far Distant Thing | |||
05. Dragon Bone Hill | 11. Expecting Dragons | |||
06. Blow The House Down | 12. Losing Your Way [Extended Version] | |||
Na, dass ist doch mal eine Überraschung! Hat doch der britische Neoprog-Dampfer sein erstes, inzwischen längst vergriffenes Album komplett neu aufgelegt. Komplett heißt in diesem Fall allerdings auch neues Cover. Ob das sein musste entzieht sich meiner Kenntnis, ist aber letztlich nicht sooo schlimm, denn die expressionistische Neugestaltung kann ebenfalls gefallen. Ein Fortschritt in Punkto musikalischer Dynamik ist der Remix des Albums durch Rob Aubrey ohnehin! Die Verabschiedung des Dampf-Zeitalters, die sich zu Land und zu Wasser im Vereinigten Königreich in etwa genauso schleppend da hinzog wie bei uns, ist ja nun schon ein paar Lenze her. Wer diese Endzeitstimmung (zumindest was unsere gute alte Bundesbahn anbelangt) damals nicht selbst erlebte, gewinnt dem Thema Dampf gewöhnlich nur die schönen, nostalgischen Aspekte ab. Wie viel Unbill, harte Arbeit und (bis ins 20. Jh hinein) teils himmelschreiende Arbeitsbedingungen hinter der Dampf-Ära steckten, erfährt nur der, der sich richtig mit der Historie (vor allem der britischen) auseinander setzt. Wie dem auch sei: Nach dem großartigen Aufstieg und einer bald zweihundert Jahre währenden Hochzeit folgte, zumindest bei Schifffahrt und Eisenbahnen, ein eher langsamer aber doch glorreicher Fall des großen Königs Dampf. Für BIG BIG TRAIN wohl mit der Grund und Anreiz zu jenem Debüt aus dem Jahr 1994. Gegenüber der Erstausgabe erscheint "Goodbye To The Age Of Steam" 2011 als Digi-Pack, versehen mit drei Bonus Tracks und einem neu gestalteten Booklet, das auf 12 Seiten im Stile des Covers sämtliche Songtexte und die Wichtigkeiten enthält, über die sich ein engagierter Hörer eben interessiert.
Die Musik der Briten ist nach den hörbaren Verbesserungen des Remixes letztlich aber immer noch dieselbe wie Anno 1994. Eine Band auf der Suche. Nach sich selbst, nach einer Nische, einem eigenen Sound und letztlich auch nach einem neuen Sänger. Martin Reads Organ klingt ein bisschen arg dünn. Zudem wirkt er in einigen Passagen etwas überengagiert, ja fast angestrengt. (Er wurde übrigens längst durch David Longdon ersetzt).
Musikalisch hören wir reichlich vertrackte Songs (kein Gefrickel!), sehr ambitioniert und technisch erstklassig dargeboten. Der leichte Fusion Einschlag der ersten Songs weicht bald klassischen Neoprog Nummern, deren hin und wieder eingestreute, akustische Gitarrensequenzen Anleihen bei STEVE HACKETT vermuten lassen. Weitere Wurzeln verortet man sowohl bei JADIS, IQ und natürlich auch GENESIS. Ganz klar steigert sich "Goodbye To The Age Of Steam" zum Ende hin. Blow The House Down, das kurze, gefühlvolle Instrumental Expecting Snow und das erhabene Losing Your Way - alles ganz famose, ausgereifte Songs. Greg Spawtons furiose Gitarrensoli sind auch heute noch vom Feinsten, die schwebenden Keyboards, der verhaltene und doch immer kräftige Groove sowie punktgenaue, wenn auch kaum hörbare Backing Vocals (u.a. von Martin Orford) lassen den Hörer mit dem Gefühl zurück, mehr hören zu wollen. Dass darf er dann zunächst auch mit den Bonus Nummern. Das richtig rockige Far Distant Thing stammt von einem frühen Demo Tape der Band; ist also gewiss vor 1994 entstanden. Expecting Dragons hingegen ist eine aktuelle Neuaufnahme, die das damalige Thema (oder Sequenzen daraus) nochmal aufleben lässt. Zart, ja geradezu zerbrechlich beginnt die Nummer mit akustischer Gitarre und schwebender Flöte um sich dann zu einem überwiegend ruhigen, zum Ende hin gar entrückenden Song zu steigern. Zuletzt folgt die ganz formidable, ungeschnittene, 10:01 Minuten dauernde, Extended Version von Losing Your Way.
Fazit: Ambitionierte Neoprog Band in ihrer Entwicklungsphase. Um es kurz zu machen, wer "Goodbye To The Age Of Steam" damals schon mochte, der wird sie, vor allem auf Grund der technischen Überarbeitung, auch 2011 mögen. Dass sich BIG BIG TRAIN bis heute in keine wirkliche Schublade pressen lassen, kann der Band, die mit den Alben "The Difference Machine" und "The Underfall Yard" ihre höchst unterschiedlichen, wie wahren und wirklichen Meisterwerke schuf, nur anerkannt werden. Das Album "Goodbye To The Age Of Steam" ist unbestritten ein Teil dieses aufregenden, manchmal steinigen, manchmal auch in höheren Sphären befindlichen Weges, den BIG BIG TRAIN bis heute gehen und wird in seiner Neufassung sicherlich nochmal alte und hoffentlich auch neue Käuferschichten erreichen.