Bill Leverty

Deep South

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 21.02.2010
Jahr: 2009
Stil: Southern Traditionells, Southern Rock

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Bill Leverty Homepage



Redakteur(e):

Christian Gerecht


Bill Leverty
Deep South, Eigenproduktion, 2009
Bill LevertyLead Vocals & All Instruments
Kristina LevertyVocals & Harmony Vocals on "Hit The Road Jack" & "Rain And Snow"
Houston ScottHarp on "Man Of Constant Sorrow"
Produziert von: Bill Leverty Länge: 45 Min 34 Sek Medium: CD
01. Trouble So Hard06. Walk Beside Me
02. Run On07. Hit The Road Jack
03. Boll Weevil08. Rain And Snow
04. Nine Hundred Miles09. Wade In The Water
05. Samson And Delilah10. Man Of Constant Sorrow

Was uns BILL LEVERTY hier mit "Deep South" beschert, ist ein Teil dessen, was der Schreiber schon seit Jahren Gebetsmühlen-artig herunter predigt: Dixieland ist voll schöner Melodien, voller wunderschöner Traditionells, Gospels und Choräle. Weißen wie Schwarzen Ursprungs. Warum traut sich niemand mal richtig am Rad der Zeit zu drehen, dieses Liedgut wieder ans Tageslicht zu holen, etwas umzuarrangieren und für die heutige und morgige Zeit aufzuarbeiten?! Dabei braucht es kein tausendstes John The Revelator (das übrigens erstmals 1930 von BLIND WILLIE JOHNSON aufgenommen wurde), aber allein schon mal die wahre Hymne des Südens Dixieland (als Civil-Song bitte) in ein zeitgemäßes, durchaus auch pathetisches, vor allem aber elektrisches Gewand zu packen, muss doch eine wahre Herausforderung sein! Ich denke da nicht an solch American Trilogy Gesülze a la MANOWAR oder Weichspülversionen wie von ELVIS oder LEE GREENWOOD, sondern an ein richtig gutes, knapp sitzendes Southern Rock Gewand! Kein kurzes Anspielen wie es Hughie Thomasson gerne mal tat und auch keine schreiend-klagende Hymne a la JIMI HENDRIX' Star Spangled Banner, sondern ein richtiger, noch in seinem Ursprung erkennbarer, kompletter Song; am liebsten natürlich mit Double Leads, rauer Stimme und furztrockenem Groove! Natürlich: Dutzende andere Songs wären es wert ebenso benannt zu werden, aber mit Dixieland weiß vermutlich jeder, was der Rezensent anpeilt. Selbstverständlich kann man, vor allem in USA, dieses traditionelle Liedgut, von Chören der Southern Baptist Convention genauso eingespielt wie vom aalglatten LEE GREENWOOD, schon längst auch auf CDs erhalten. Nur klingen die halt so, wie sie schon seit der Zeit des Civil War bekannt sind. Alt eben! Nun hat sich BILL LEVERTY, seit Anbeginn Mitglied der, in unseren Breiten nicht ganz so bekannten, Hard Rock Band FIREHOUSE ein paar dieser Traditionells des Bibelgürtels heraus gesucht, neu arrangiert und in eben genau dieses elektrische Gewand gepackt, das sich der Schreiber weiter oben schon wünschte. Eine feine, in einem Titel auch leicht abgenutzte, aber immerhin bemerkenswerte Song-Auswahl, die wirklich zu überzeugen weiß. Ach, würde sich BILL LEVERTY nur auch weiterhin, als musikalisches Trüffelschwein, solcher Traditionells annehmen - viele, sehr viele Musikfreunde von Southern Music, hüben wie drüben würden sich, im wahrsten Sinne des Wortes, ein drittes und viertes Ohr freuen!

Der Einstieg in die CD ist mit dem trockenen Trouble So Hard schon mal so richtig nach Maß. Die Kunst Leverty's ist es, dieses uralte Traditionell (in den 1930ern erstmals von der Folk Sängerin VERA HALL auf Tonträger veröffentlicht) trotz des treibenden Grooves und der harten Gitarren erkennbar zu erhalten; was ja, zumindest in den Ohren des Rezensenten, insgesamt auch wünschenswert ist. Ohne Übertreibung darf dieses Take zu den Sahnestücken von "Deep South" gezählt werden. Die Originalfassung des folgenden Run On entstand aus dem alten Traditionell God's Gonna Cut You Down. Erstmals in den 1950ern von ODETTA HOLMES kommerziell interpretiert, wurde es auch von JOHNNY CASH und, als Run On, von ELVIS, MOBY und einigen Anderen aufgenommen. Über Boll Weevil gibt es keine gesicherten Daten. Da dieser Song aber dem Baumwoll-Kapselkäfer (Boll Weevil) gewidmet ist -der erstmals in den 1910er Jahren ganze Ernten auf Alabama's Baumwollplantagen vernichtete und (daraufhin) die Farmer veranlasste ihren Anbau zunächst mit Erdnüssen zu diversifizieren, um so dem Schädling jegliche Nahrungsgrundlage zu entziehen- lässt sich vermuten, dass die Nummer um eben diese Zeit herum entstand. Fassungen dieses Traditionells gibt es zu Hauf und zumeist aus dem Programm der alten Blues Garde. Als Urheber der hier vorgestellten Version dürfte LEAD BELLY angeführt werden, der wiederum von WOODY GUTHRIE bis hin zu den WHITE STRIPES zitiert wurde. Auf "Deep South" arrangiert Leverty die Nummer in einen sehr modernen (Keyboards), aber harten und mit verzerrter Stimme dargebotenen Southern Rock Song, der seinen bluesigen Ursprung zwar erst auf's zweite Hören offenbart, aber schlichtweg atemberaubend daher kommt!

Neueren Datums ist Nine Hundred Miles. Erstmals von WOODY GUTHRIE aufgenommen, gelangte es in den Versionen von IKE & TINA TURNER oder PETER, PAUL & MARY zu großem Bekanntheitsgrad; weshalb es heute ein wenig abgenudelt erscheint. BILL LEVERTY verpackt dieses Kleinod in einen ganz straight nach vorne fetzenden Country Rocker, der vor allem mit brennenden Gitarren zu punkten weiß.
Weiter geht es mit einer beinharten Version von Samson And Delilah, ein klassisch biblisches Traditionell, dessen Rettung in die Neuzeit wir REVEREND GARY DAVIS zu verdanken haben. Bekannt wurde diese wunderbare Nummer vor allem durch GRATEFUL DEAD, die sich in ihrer Karriere mehrfach über solche, von Davis erhaltenen, Traditionells hermachten und sie teils sensationell interpretierten. Sensationell (hart) ist auch BILL LEVERTYs Fassung, die, wie sollte es für einen Südstaatler anders sein, krachend, knochentrocken und mit knorrigem Groove daherkommt. Die Nummer steht in der Hierarchie der auf "Deep South" feil gebotenen Songs ganz ganz weit oben!

Erst gut zwei Dekaden alt ist der ursprüngliche Blue Grass Song Walk Beside Me aus den Federn von Tim O'Brien und J. Darrell Scott. Leverty strickte ihn zu einer feinen Folk Rock Nummer um. Ausnahmslos akustisch instrumentiert (mit brillant gespieltem Banjo und tollem Solo auf einer Konzertgitarre) stellt er einen angenehmen Gegenpol zum harten Samson And Delilah dar. Hit The Road Jack als Tiefpunkt dieses Albums zu werten, wäre fast schon unverschämt. Aber sorry Leut', diese PERCY MAYFIELD Nummer, die RAY CHARLES zu Ruhm und Ehren brachte, ist im Prinzip 1:1 von Charles übernommen. Leverty gibt ihr, im Duett mit seiner Holden, einen ganzen Batzen elektrischen Drive mit und auch das abschließende Piano Solo hat seinen Reiz; letztlich reißt das aber heute niemanden mehr vom Hocker und dem Schreiber fallen ad Hoc siebzehn wirklich gute Traditionells ein, die es wesentlich mehr wert gewesen wären auf "Deep South" Einzug zu halten. Über das melancholische Rain And Snow gibt es nicht viele Hintergründe. PENTANGLE (ja die Engländer!) hatten die Nummer auf ihrem 1971er Album "Reflection" eingespielt. Neueren Datums ist eine Aufnahme auf der "The Music Never Stopped: Roots Of The Grateful Dead", von einem gewissen Obray Ramsey interpretiert. Egal! Für "Deep South" notieren wir, dass Leverty dieses Traditionell, wiederum mit seiner Frau als zweiter Stimme, sehr einfühlsam und genau so trist und deprimierend wie eben tagelangen "Rain And Snow" aufgenommen hat. Da passt einfach Alles. Von der feinfühlig gespielten Akustikgitarre genauso, wie einem zurückhaltendem E-Gitarren Solo und schleppenden, unaufdringlichem Groove.

Eine echte Bombe folgt mit dem ursprünglichen Gospel Wade In The Water! Die Urform des Gospels bleibt mit Leverty's mehrstimmig overdubten Vocals erhalten. Mit purer "Elektrik" lässt es der Southern Man aber mächtig krachen. Harte Riffs, eine leicht angefuzzte Gitarre über einem trockenen, groovenden Fundament katapultieren die Nummer nach ganz weit oben! Wade In The Water wurde erstmals in den frühen 1920ern aufgenommen. Doch erst mit dem GOLDEN GATE QUARTET in 1946 erlangte es großen, ja weltweiten Bekanntheitsgrad. Der Rausschmeißer Man Of Constant Sorrow zeigt nochmals die ganze Vielfalt des Südens auf. Schwer elektrisch treibend, ja direkt "swampend" scheint Leverty die Nummer, zunächst auf einer Po-Backe sitzend, eher lässig herunter zu nudeln. -Nudeln?! Nein, weit gefehlt. Hört erstmal die, ja, wie sag' ich's, versoffene...? besoffene...? Harp und diese herrlich extraordinären Gitarrenfiguren. Man Of Constant Sorrow ist in dieser Form ein regelrechtes Juwel! Über die Historie des Songs ist von einem Dick Burnett zu berichten, der dieses Traditionell als Farewell Song erstmals in 1913 aufnahm und ursprünglich auch als Urheber genannt wurde. In einem späten Interview bekannte sich (der bereits 1907 durch einen Schuss ins Gesicht erblindete) Dick Burnett aber dazu, sich nicht genau daran zu erinnern, ob die Nummer nun aus seiner Feder sei oder nur von ihm (neu) interpretiert wurde. Er habe den Song eben zu "seinem" gemacht...! Der bekannte amerikanische Blue Grass Musiker Dr. Ralph Stanley (STANLEY BROTHERS) mutmaßt, dass dieses Traditionell sicher 200 bis 300 Jahre alt sei. Er kann sich, ähnlich wie Rev. Davis, in diesem Falle aber auch dank Dick Burnett's, zu den wenigen Menschen zählen, die dieses alte Liedgut, das ja im Grunde genommen über all die Zeit nur mündlich und teils mit verschiedensten Texten überliefert wurde, am Leben erhielten und weiter verbreiteten. Vielleicht mag der Leser, gerade auf Grund dieser weit zurückreichenden Historie nun langsam erfassen, was für eine Perle mit "Deep South" vorliegt!

Die wunderschöne Artwork dieser CD schuf übrigens BILL LEVERTYs Großvater William G. Leverty, der seine Familie als junger Mann von Tuscaloosa/Alabama nach Richmond, in die heimliche Hauptstadt der USA führte um dort eine Anstellung als Nachrichten-Redakteur bei der Richmond Times anzutreten. Als gläubiger und sicherlich auch vaterlandsliebender Mann vermittelte er seinen (vor allem dem Einen!) Nachkommen eine tiefe Liebe zu Land und Leuten, zu Heimat und Traditionen.

Fazit: Wer einmal (von zwei Nummern abgesehen) in den tiefsten musikalischen Kellern Dixies wildern möchte, wer wissen will, auf was gerade auch der Southern Rock fußt, der kommt an "Deep South" unmöglich vorbei. Dabei soll aber der Southern Rock gar nicht das entscheidende Faktum sein. Es sind insgesamt die Wurzeln diverser musikalischer Gewächse, die von Folk, Blue Grass und Blues eben bis hin zu den Anfängen der Rockmusik reichen. Was man aus ihnen, zeitgemäß gewandet herausholen kann, zeigt BILL LEVERTY auf eindrückliche Weise. Man kann sich, nicht nur als Southern Man (oder dem Habitus eines Solchen), nur wünschen, das Leverty weiter auf die Suche geht um ein Werk zu schaffen, wie es bspw. der NITTY GRITTY DIRT BAND mit ihrer "Will The Circle Be Unbroken"-Reihe und dutzenden (nicht ganz so alten) überlieferten Country und Blue Grass Songs gelang. Trotz des eher abgedroschenen Hit The Road Jack gibt es für "Deep South" die volle Punktzahl!

Zuletzt geht ein dickes "Danke" auch diesmal wieder an Just For Kicks, die, ebenfalls Trüffelsuchern gleich, solche Perlen auch bei uns zugänglich machen! Bleibt am Ball, Leute!

Christian "Grisu" Gerecht, 20.02.2010

 

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