Bochum, Zeche, 26.03.2006

Was ist ein schöner Abend? Ich denke, da gehen die Ansichten weit auseinander. Dinner bei Kerzenlicht, gemütliches Beenden des Tages vor der Glotze... oder einige Stunden Rock'n'Roll nach Sonnenuntergang? Ich bevorzuge im Prinzip das Letztere - und konnte mich am 26. März dieses Jahres nicht beklagen.
Nachdem DANKO JONES vor einigen Wochen mit ihrem brachialen neuen Album "Sleep Is The Enemy" aufwarteten, sollte jetzt die livehaftige Bedienung nachgereicht werden. Konnte ich bereits im Vorjahr von reichlich Andrang beim Auftritt in der Essener Zeche Carl berichten, sollte es diesmal in der Zeche Bochum ein "Sold Out" geben.
Scheint sich also schwer herumgesprochen zu haben was eine mächtige Rock'n'Roll-Harke ist. Oder besser gesagt, was für einen heftigst reinhauenden Cocktail der Sorte "Metallic Bluespunkpower" die drei Kanadier ausschenken.

Nun genügt oft schon ein gut aufgelegter Headliner zur späteren Erinnerung an einen tollen Konzertabend, doch wenn beim Vorprogramm ebenfalls die Daumen nach oben zeigen, fällt auch die B-Note umso höher aus. QUIT YOUR DAYJOB aus Schweden (der Herr Danko ist im Land der Elche des öfteren als Radio-DJ tätig) sollten den Anfang machen. Und positiv überraschen.
Eine schräge Mixtur aus den METEORS, TALKING HEADS, Countryklängen und was-weiß-ich-nicht-noch-alles kam verblüffend gut herüber. Der Gitarrist/Vocalist sang eigentlich weniger, als dass er mehr wie ein Irrer immer wieder die selben Sätze ins Mikro brüllte. Dazu spartanische Akkorde auf der Gitarre und ein Powerdrummer. Bass gab's nicht wegen is nich, dafür ein Minimal-Keyboard, bedient von einem jungen hochgewachsenem kahlköpfigen Herrn der ziemlich viel herumrotzte und sich schon früh seiner Oberbekleidung entledigte. Liest sich vielleicht sch..., aber nix da, die Show war sehr unterhaltsam. Da wurden ein paar Synthieklänge hervorgekramt, der Mann an der Telecaster haute Stakkato-Riffs heraus und der Herr Drummer verdrosch sein kleines Kit gekonnt nach Strich und Faden. Knappe halbe Stunde, und vorbei war's. Boah ey, geil!

Nach einer kurzen Pause ging das Licht aus und vier Hippies betraten die Bühne. Im Saal noch immer reichlich Gesabbel, was ich als despektierlich empfinde. Gegenüber den Künstlern, aber auch gegenüber denjenigen die es nicht interessiert wer gerade mit wem [was denn? Red.] bzw. dem Gelalle irgendwelcher Besoffskis so gar nix abgewinnen können, sondern schlicht und einfach für Musik bezahlt haben und diese möglichst quasselfrei genießen wollen. BRANT BJORK & THE BROS sind Faves von Mr. Jones, musikalisch haben sie eher wenig gemein. Nach einem ca. fünfminütigen Intro fing dann der erste Song auch so langsam an. Es wurde lauter und das Gesülze der anwesenden Labertaschen leiser. Herrlich.
Kollege Stierlen hat sich vor einiger Zeit äußerst löblich bezüglich des aktuellen Album "Saved By Magic" geäußert. Mir war die Band bis dato unbekannt geblieben und ich ging also unvoreingenommen in den Gig. Brant Bjork hat mal bei KYUSS und FU MANCHU getrommelt, bei den QUEENS OF THE STONE AGE war er an der Entstehung beteiligt.
"Songs For The Deaf" war das hier aber nicht, eher "Songs For The Kiff". Nicht dass mich das stört, allerdings kann sich nicht der komplette Saal kollektiv zudröhnen um den Herren in ihre Stonerwelt zu folgen. Es mag auch cool sein, dem Publikum den Rücken zuzukehren, doch der Bassistenarsch war so knackig denn auch wiederum nicht, als dass alle Mädels ab sofort von Herrn Jon Bongiovi lassen werden. Nun gut, Syd Barret (PINK FLOYD) soll ja auch mal ein Konzert lang nur mit einer Saite gespielt habe. Wer so was cool findet...
Mr. Bjork spielt jetzt Gitarre. Und singt. Und sagt ab und an etwas an. Alles in einer gemächlicheren Geschwindigkeit. Und das kann für die/den eine(n) oder andere(n) zur Schmälerung der Freude an der Musik beitragen. Soundmäßig war's OK. Wenn denn mal was kam. Das dauerte und dauerte, und so richtig mitreißend waren die Soli auch nicht gerade. Mir gefiel das sogar, doch es gibt eben auch Leute wie meine bessere Hälfte, die das ganz anders empfanden. Muss ich mir wohl die CD alleine anhören, wenn ich sie denn mal kaufen würde.
Der Drummer kam auf Krücken herein, aber Respekt, seine Leistung war wohl die beste innerhalb der Band. Wenn BRANT BJORK & THE BROS anfangen zu rocken, klingt das sogar richtig gut. Nur bis sie das eben tun... Bin Nichtraucher, also dann eben ein paar Dosen Bier am Baggersee und die Musik auf sich einwirken lassen. Sollte aber abgelegen sein, denn jederfrau/-manns Sache ist das garantiert nicht. Wer allerdings TROUBLE oder die ersten Alben von MONSTER MAGNET mag, sollte BRANT BJORK mindestens ein Öhrchen gönnen.

Nach einer wiederum angenehm kurzen Pause dann also der Auftritt von DANKO JONES.
So richtig viel Equipment steht da nach wie vor nicht auf der Bühne. Der neue Drummer Dan Cornelius beackert ein Minimalst-Kit (ohne Hänge-Tom), Danko Jones spielt über 2x eine Marshall-Box plus jeweils einem Hiwatt-Amp drauf und die Bassanlage sprengt auch nicht unbedingt den Rahmen. Dafür umso mehr die Gesamtlautstärke. Meine Fresse, nix gegen laute Musik, doch die Schmerzgrenze wurde zumindest stellenweise überschritten. Dabei hat man das absolut nicht nötig, denn wie bereits im Vorjahr festgestellt, taugen die Songs auch bei "normaler" Konzertlautstärke zur absoluten Partytime.
Überhaupt kann ich mich nur wiederholen: Mit vergleichsweise minimalistischen Mitteln erzielt das Trio eine Wahnsinnswirkung. Zeche ist nicht gleich Zeche, doch wie auch bereits die Zeche Carl 2005, gab die Zeche Bochum 2006 ein absolutes Tollhaus ab!

Die drei Herren erschienen wieder in gepflegter schwarzer Kleidung. Sänger/Gitarrist Danko Jones hatte sein Hemd nach den ersten Songs bereits völlig durchgeschwitzt, und der Haarschopf von Basser "J.C." (John Calabrese) sah kurz darauf auch eher aus wie nach dem Besuch im Swimming-Pool. DANKO JONES leben von ihrem gleichnamigen Frontmann. Der spielt nicht nur eine verwegene Gitarre mit einem Wahnsinns-Groove, der Mann ist ein Meister der Konversation und der Mimik. So wird nicht nur ein Song-Geschoss nach dem anderen abgefeuert, Herr Jones weiß die Leute auch mit gelungenen Zwischenansagen zu stimulieren. Und das nicht nur, weil er hauptsächlich über Frauen redet.
Die Songs vom neuen Album fügten sich nahtlos ein. Egal ob First Date, Invisible, Don't Fall In Love oder der brachiale Titeltrack Sleep Is The Enemy, die Meute vor der Bühne sorgte für ein brodelndes Pit. Da musste der Meister schon mal ein paar mahnende Worte an die Menge richten, damit keiner zu körperlichen Schäden kam. Schließlich macht Rock'n'Roll im Gipsbett weniger Spaß.

Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. DANKO JONES auf einem Festival mag passen, aber letztendlich ist es der perfekte Sound für kleinere verschwitzte Clubs. Die pure Energie erlebt man einfach nur in einer "intimen Umgebung", fünfzig Meter fernab dem Geschehen dürfte das anders aussehen. Genießen wir also noch eventuelle weitere "kleinere" Gigs, das Zeug zu einem "Großen" hat der Mann.
Und noch was: Das nächste Mal bitte wieder I Love Living In The City!

Jürgen Ruland, 03.04.2006

 

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