Jeff Beck, Joe Bonamassa, Jimmy Bowskill,
Bonn, Museumsplatz, 19.07.2010

Der Dienstagabend auf der Bonner Museumsmeile war heiß. In zweierlei Hinsicht: einerseits stieg das Thermometer auf gut 30 Grad Celcius, andererseits sorgten die drei Protagonisten des Abends für schweißtreibende Musik und insbesondere für atemberaubende Gitarrenakrobatik. Der 19. Juli 2010 wird als der Tag der drei großen J und drei großen B in die Museumsplatzgeschichte eingehen. Jimmy Bowskill aus Kanada mit hemdsärmelig stampfendem, ungestümen Bluesrock, Joe Bonamassa, der neue Superstar aus den USA mit etwas filigranerem Gehabe und Jeff Beck, der Hexenmeister aus England bereiteten dem Bluesfreund und Gitarrenfreak einen spannenden, unterhaltsamen, ausgewogenen und stilistisch recht abenteuerlichen Abend. Man könnte fast meinen J und B stünden für Jedermanns Blues.

In manchen Publikationen war vor lauter Effekthascherei gar vom "Abend der lebenden Legenden" die Rede. Dieser Plural steht natürlich für blanken Unsinn, denn die einzige Legende des Abends war selbstredend Mr Jeff Beck. Der 19-jährige Kanadier Bowskill, so gut er auch sein mag, muss sich noch einiges erarbeiten, noch ein paar Tausend Konzerte geben, der gute Herr Bonamassa, der in den letzten paar Jahren mit fulminanten Alben von sich reden machte muss seinen jetzigen Status auch erst einmal auf lange Sicht unter Beweis stellen. Jeff Beck allerdings steht seit 45 jahren im Rampenlicht. Gerade momentan im Zuge seines aktuellen Albums und mit der letztjährig veröffentlichten DVD macht der Auto-Freak wiederholt von sich reden.

Plangemäß stand Jimmy Bowskill ab 17:15 Uhr auf den Brettern der Bonner Freilichtbühne. Aufgrund einer nicht gerade leeren Autobahn und einer, wie üblich, nicht unkomplizierten Parkplatzsuche, rauschten die ersten zwei Drittel seines Sets an mir vorbei. Schade. Denn die dreieinhalb Songs plus Schlagzeugsolo, die mir zu Ohren kamen, waren wirklich nicht schlecht und bestätigten den recht positiven Eindruck seines Debutalbums. Bowskills Bühnenpräsenz lässt einiges für die nahe Zukunft erhoffen.

Joe Bonamassa trat dann gegen 18:15 Uhr mit hochgeschlossenem braunen Samtanzug unter die noch spärlich leuchtenden Scheinwerfer. Ob ihm wohl kalt war? Sein Set geriet rein musikalisch ziemlich heiß, er bewies seine unbestritten großen Fähigkeiten an diversen Gibson Les Pauls und Flying V's, ließ aber die Frage, ob aus ihm dereinst ein großer und wirklich fesselnder und sympathischer Entertainer werden wird offen. Der Herr wirkte doch etwas unterkühlt und, na ja, ein klein wenig lustlos. Die Musik bleibt klasse (Sloe gin war irre gut) und seine Virtuosität und Gabe, Fremdkompositionen zu interpretieren (Bird on a wire) unbestritten, doch vielleicht hat der junge Mann in den letzten 3 Jahren doch zu viele Tourneen absolviert. Gibt es so etwas wie Amtsmüdigkeit bei Musikern?

Jeff Beck, die coole Socke, eröffnete seinen Set mit dem guten alten Billy Cobham Kracher Stratus. Von Minute Eins an ein tierischer Groove, ein Bombensound und eine imposante Bühnenpräsenz. Wow, was für eine Band! Narada Michael Walden - Mensch, hat den noch jemand auf der Liste gehabt? - am Schlagzeug. Total abgehoben was der Mann am Dienstagabend hinter seiner Riesenbude geleistet hat. Irgend eine waghalsige Mischung aus Simon Phillips, Billy Cobham und Lenny White. Aberwitzig. Und das Ganze auch noch im Indianerkostüm, allerdings ohne adäquaten Kopfschmuck. Keyboarder Jason Rebello blieb dagegen eher unauffällig, wenn auch virtuos genug, um gegen die anderen keine wirklich schlechte Figur abzugeben.

Die Linie mit den hübsch anzuschauenden und dennoch atemberaubend gut spielenden Bassfrauen hat der alte Filou Beck beibehalten. Nach der blondgelockten Tal Wilkenfeld nun die dunkelhaarige Rhonda Smith, die einst in der Tourband von Prince die Saiten zupfte. Die schöne junge Dame entzückte das Bonner Publikum mit waghalsigen (Slap-) Bass-Soli und einigen kurzen und überraschenden Gesangpassagen, die ein klein wenig Auflockerung in den ansonsten rein instrumentalen Abend brachten.
Dies war dann auch das einzige kleine Manko des Abends: wenn man nicht unbedingt der absolute Instrumental-Fusion-Music-Fan war, konnte einem das Gezergel des irrsinnig exakt und dennoch schlichweg abenteurlich spielenden Beck schon ein wenig an den Nerven kratzen. Die beinharte Bluesfans haben sich dann auch gerne zum kühlen Bierchen an die Theke verkrümelt. Dennnoch hat es Spaß gemacht, dem britischen Saitenvirtuosen mal auf die Finger zu schauen. Sein Gitarrenspiel bleibt ein Genuss. Ein Hoch auf die drei großen J und drei großen B. Der Abend wird in Erinnerung bleiben.

Frank Ipach, 19.07.2010

 

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