Bonnie "Prince" Billy Greatest Palace Music, Domino Records, 2004 |
Bonnie Prince Billy | Vocals, Guitar | |||
Bruce Watkins | Acoustic Guitar | |||
Mark Fain | Bass | |||
Michael Johnson | Pedal Steel Guitar | |||
Stuart Duncan | Fiddle, Mandolin | |||
Jack Carneal | Percussion, Vocals, Singer | |||
Hargus "Pig" Robbins | Piano | |||
Andrew Bird | Strings, Orchestra Bells, Fiddle | |||
Colin Michael Gagon | Trombone, Accordion, Vocals, Squeezebox | |||
Eddie Bayers | Drums | |||
Duane Denison | Electric Guitar | |||
Paul Oldham | Vocals, Singer | |||
Ned Oldham | Vocals, Electric Guitar, Choir, Chorus | |||
Bobby Bare Jr. | Vocals | |||
Cynthia Hopkins | Vocals | |||
Ann McCrary | Choir, Chorus | |||
Suzanne Young | Choir, Chorus, Vocals | |||
Marty Slayton | Choir, Chorus, Harmony, Vocals | |||
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1. New Partner | 9. Viva Ultra | |||
2. Ohio River Boat Song | 10. Pushkin | |||
3. Gulf Shores | 11. Horses | |||
4. You Will Miss Me When I Burn | 12. Riding | |||
5. The Brute Choir | 13. West Palm Beach | |||
6. I Send My Love to You | 14. No More Workhorse Blues | |||
7. More Brother Rides | 15. I Am a Cinematographer | |||
8. Agnes, Queen of Sorrow | ||||
Mit der Musik verhält es sich oftmals so wie mit dem Essen. Das jahrelang von Muttern servierte Leibgericht erfährt aus einer unerklärlichen Laune heraus eine Änderung seiner Rezeptur. Die Basiszutaten mögen die gleichen wie immer sein, doch die eine oder andere Gewürznuance und insbesondere die Garnierung lassen dich stutzen.
Du rümpfst die Nase ... doch, doch, ungewöhnlich, aber man kann's essen. Und deine erste stirnrunzelnde Zurückhaltung löst sich nach einigen weiteren Bissen zu einem wohlgefälligen Schmatzen. Na ja, es wird nicht jedem so ergehen. Einige werden starrsinnig auf das Einhalten des alten Rezeptes beharren. Doch seien wir ehrlich, irgendwie funktioniert das Ganze schon. Es ist und bleibt wie immer, Geschmacksache.
So oder ähnlich erging es wohl auch den eingeschworenen Fans des verschrobenen Eremiten Will Oldham aka Bonnie "Prince" Billy, der bis auf das ständige Ändern seines Künstlernamens (Palace Brothers, Palace Music, Palace Songs) jahrelang an seinem Lo-fi Konzept (mehr oder weniger) festhielt und insbesondere die Kritikerscharen ob seines asketischen und zeitweilig recht sperrigen Materials für sich begeisterte.
Es lässt sich natürlich nicht bestreiten, dass mehrere zehntausend Fans weltweit dem knorrigen Charme Oldhams erlagen und ihn aufgrund seines unumstrittenen Charismas auf den stark kultverdächtigen Sockel des unantastbaren Song-Schmieds hievten.
Oldhams Beweggründe für seine jetzt erfolgte musikalische Neubesinnung blieben bislang unbekannt, denn der wortkarge Künstler aus Louisville, Kentucky, lässt sich nur sporadisch zu Interviews bewegen. Fest steht allerdings, dass die Neubearbeitungen alter, aus den neunziger Jahren stammender Palace-Music-Songs für ein Raunen im Blätterwald sorgten und bei Langzeit-Fans immerhin zwiespältige Gefühle auslösten.
Die Hinwendung zu recht opulent ausgestatteter bzw. aufwändig arrangierter Instrumentierung und die Wandlung vom unbehauenen Lo-fi Sound zu einem fast schon als süsslich zu bezeichnenden Nashville-Country-Sound sind schon verdammt drastisch. Aber zumindest für diejenigen unter uns, die seinem Werk in der Vergangenheit nicht gar so viel Beachtung geschenkt haben und gemeinhin auf einen wohlgefälligeren und bis ins letzte Detail ausformulierten Song und Sound stehen, öffnet sich die Tür zu Bonnie "Prince" Billys eigentümlicher Welt so weit, dass man es sich auf dem kuscheligen Sofa seiner neuen Atelier-Wohnung gemütlich einrichten kann. Der freundliche Gastgeber reicht den Kaffee nicht in abblätternden Blechpötten, sondern serviert seinen feinabgestimmten Espresso in stilechten Porzellantässchen. Fein, fein, fein.
Und welche Gäste der Meister sich eingeladen hat. Nur die auserlesensten Handwerker aus der Country-Hauptstadt. Allen voran der mit reichlich Spielraum beschenkte Mike Johnson an der Pedal-Steel, der diesem oft als sehnsuchtsvoll wimmernd verschrieenem Instrument zu neuem Leben verhilft oder der spielfreudige Stuart Duncan an Fiddle und Mandoline. Nicht zuletzt das seelenvoll von Hargus Robbins liebkoste Klavier, das sich wie ein samtener Faden durch diese meist ruhige und immer auch beruhigende Produktion schlängelt.
Vieles erinnert mich tendenziell an die heilende Magie der alten Siebziger-Jahre Van Morrison Platten. Anderes wiederum, das zeitweilige Gospel-Feeling z.B., mit entsprechendem jauchzendem Frauen-CHoM-Gesang oder die beschwingten Honky-Tonk Schlenker, beschwören Parallelen zu einem anderen Könner vom Format eines Lyle Lovett. Und das verrückteste, Oldhams Stimme, die mir als kippendes und schwankendes Organ bekannt ist, erinnert in Momenten an den Lead-Sänger der irischen HOTHOUSE FLOWERS und schmiegt sich, nicht gerade sensationell, aber erstaunlich versiert in die Arme seiner Mitmusiker.
Das geht runter wie Öl, streichelt dich und besitzt die Kraft einer mystischen Heilpflanze. Ein erster wundervoller Höhepunkt des laufenden Jahres.