Calvin Russell Sam, SPV, 1999 |
Calvin Russell | Vocals, Guitar | |||
Luther Dickinson | Guitar, Mandolin | |||
Roger Hawkins | Drums | |||
David Hood | Bass | |||
T-Bone Tommy Burroughs | Violin | |||
Sam Schoop | Double Bass | |||
Tony Thomas | Acordian | |||
East Memphis Slim | Keyboards | |||
Brenda Petterson, Suzanne Jerome | Background Vocals | |||
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1. Sam Brown | 2. Common One | |||
3. Wild Wild West | 4. Somewhere Over The Rainbow | |||
5. The Hole | 6. That Wouldn't Be Enough | |||
7. Where The Blues Get Born | 8. Texas Bop | |||
9. Retcha | 10. Dream Of A Better World | |||
11. Live My Life | ||||
Ich bin zutiefst erschüttert und entsetzt. Meine Hoffnungen, dass Calvin Russell nach seiner letzten, enttäuschenden Studioscheibe wieder die Kurve kriegt, haben sich zerschlagen. Was ist nur in diesen einstmals so begnadeten Künstler gefahren, dass er so eine CD auf den Markt wirft? Zurückwerfen sollte man die CD, ihm direkt vor die Füße.
Lässt man die beiden durchschnittlichen Uptempo-Nummern Wild wild west und Texas Bop, sowie den Bonustrack Live my life (dahinter verbirgt sich der seit Jahren zum Liveset gehörende und von mir fieberhaft gesuchte Titel A Blues) mal außen vor, dann verbleiben acht Titel, in denen sich Calvin Russell vorwiegend depressivem Bar-Blues mit Country-Einflüssen hingibt. Tom Waits und Townes Van Zandt lassen grüßen.
Weltuntergangsstimmung, die in einem weiteren schalen Bier ertränkt und mit einem billigen Bourbon hinuntergespühlt wird, derweil der Wirt schon längst aufgeräumt und abgeschlossen hat und nichts weiter als seine Ruhe vor dem erbärmlichen, jammernden und in Selbstmitleid zerfließenden Kratergesicht haben will.
Kreative Momente sind Mangelware. Man nehme nur Common one als Beispiel. An und für sich kann man dem Song vom Rest des Albums losgelöst durchaus einiges abgewinnen, allerdings ist die Ähnlichkeit zu John Lennons Working class hero geradezu unverschämt.
Und wer nach Marushas tekknoverseuchtem Somewhere over the rainbow meinte, der Titel aus "The wizzard of Oz" könne nur noch besser interpretiert werden, wird von Calvin Russell schnell eines besseren belehrt. Seine Country-Schnarch-Version ist um keinen Deut besser.
Mir fällt beim besten Willen keine Lebessituation ein, in der ich mir vorstellen kann, Lust auf diese todlangweilige und nervige CD zu haben. Ist man schlecht drauf, dann gibt sie einem den Rest und ist man gut drauf, dann zieht sie einen garantiert runter. Die düsterste Gothikscheibe strahlt mehr Emotionalität und Lebensfreude aus, als was Calvin da rausgewürgt hat.
Mike Peters von ALARM hat einmal ein Zitat geprägt (frei nach Woody Guthrie - Ehre wem Ehre gebührt), das auf diese CD voll und ganz zutrifft: "I hate a song that makes you feel like you're no good. I hate a song that make's you feel like you're born to lose, makes you feel like you're bound to lose, makes you feel like you're nobody and you're no good to nobody, you're too thin, you're too fat, you're too old, you're too young, you are too this or too that!"
Ein Gutes hat die CD aber: Nach nur vierzig Minuten hat man sie überstanden. Ich empfehle danach WELTENBRAND und ELEND um die schlechte Laune zu vertreiben. Was aber selbst diese grandiosen Düsterbands nicht vertreiben können, ist die Trauer darüber, wie Calvin Russell es geschafft hat mit nur zwei Veröffentlichungen den guten Ruf zunichte zu machen, den er sich über lange Jahre mit guten Alben und energiegeladenen Konzerten aufgebaut hat. Das war es dann wohl, Calvin.
Martin Schneider 1999