Chris Kramer

Komm mit!

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 01.07.2008
Jahr: 2008

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Redakteur(e):

Steve Braun


Komm mit!, Blow Till Midnight, 2008
Chris KramerGesang, Harp, Dobro, Akustische Gitarre
Gäste:
Jens FilserElekrische und akustische Gitarren
Mirko Van StiphautE-Gitarre # 8, Ak. Gitarre # 3, 7, 13
Jörg HamersBass # 1, 2, 3, 5, 6, 8, 12
Martin EngelienBass # 7, 9, 10, 14
Christop KammerKontrabass # 4, 11, 13, 16, Tuba # 15
Peter GorgesHammond
Georg NebelWurlitzer, Fender Rhodes, Hohner Clavinet
Niclas FloerPiano
Thomas KässensDrums, Percussions, Chor
Tony LiottaPercussions
Norbert DenninghausBanjo # 13
Bernd KullackGeige # 13
Barbara Hense, Baby Peirera, Claudia Schorlemmer, Klaus Klockenhoff,Thomas WendtChor
Rudi Lipps, Andreas Wagner, Waldemar Kowalski, Michael KochBrass Band # 15
Produziert von: Thomas Kässens Länge: 58 Min 28 Sek Medium: CD
01. Komm mit09. Du tust mir gut
02. Am besten heute noch10. Hilf mir Herr
03. Bärchen11. Urlaubssong, 1. Teil
04. Du musst gehen12. Die Frau von meinem Vermieter
05. Jedes Mal13. Du sagst Du liebst mich
06. Ungefähr mit 1314. Ich glaube an Dich
07. Gib mir den Honig15. Komm schenk noch einen ein
08. Es tut weh16. Urlaubssong, Fortsetzung

Eine ketzerische Frage zum Einstieg: Blues mit deutschen Texten - geht das überhaupt? Kann man dieses Lebensgefühl, was untrennbar mit dem Schicksal der afro-amerikanischen Bevölkerung verknüpft scheint, mit deutscher Sprache überhaupt transportieren? Nun, entweder man hat den Blues und dann ist er weder an Hautfarben oder Nationalsprachen gekoppelt, oder man hat ihn nicht und er wird ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Den Blues kann man überall auf diesem blauen Planeten haben: Der Iraki, der täglich unter Lebensgefahren aus dem Haus geht, ebenso wie sein israelischen Leidensgenosse, der auf die nächste "handsignierte" Kassam-Rakete wartet oder die von Mugabes Todes-Schwadronen bedrohten Zimbabwi. Das sind Themen für den Blues, dagegen haben wir Bewohner der Nord-Halbkugel Luxus-Probleme, die in dem zum Ausdruck kommen können, was David Gogo "Bullshit-Lyrics" nennt. Nein, die Amis haben den Blues nicht patentiert, aber -ehrlich gesagt- seinen Exotenstatus wird Blues mit deutschen Texten wohl nicht verlieren. Ein weiterer Farbtupfer in der bunten Blues-Welt.
Jahrzehntelang war es eher peinlich "deutsche" Musik zu hören. Zunächst gab's Klassenkampf im Stil der TON STEINE SCHERBEN oder FLOH DE COLOGNE abgelöst vom "Dadada"-Schwachsinn, der neuen deutschen Welle. Später dann Betroffenheits-Rock, der in den Texten PURs gipfelte oder Blödel-Rock à la RODGAU MONOTONES. Dieses Bild ist natürlich holzschnittartig grob, denn selbstverständlich gab und gibt es immer wieder Ausnahmen. Seit Leute wie Stefan Gwildis oder Roger Cicero -man mag zu ihnen stehen wie man will- in der deutschsprachigen Szene für Furore sorgen, hat endlich musikalisch wie textlich der "internationale" Standard Einzug gehalten .... und der Name Crazy Chris Kramer kann, darf und muss mittlerweile mit diesen in einem Atemzug genannt werden.

Nun ist Crazy Chris Kramer für uns kein Neuland: Der 38-jährige Dortmunder Vollblutmusiker hat bereits 2003 mit seinem Album "Crazy Chris Kramer & Friends Vol. 3" unseren Epi Schmidt überrascht und überzeugt. Dieses "Friends"-Projekt hat ihn mehrfach mit Stars der allerersten Blues-Kategorien zusammengebracht - Namen wie Bernard Allison, Jack Bruce, Frank Diez, Pete York oder der kürzlich verstorbene Long John Baldry dazu der Alleskönner Helge Schneider zeigen das musikalische Schwergewicht von Crazy Chris Kramer.
Kramers Parade-Instrument ist die Blues-Harp, mit der er zu verschmelzen scheint - live ebenso wie im Studio. An ihm und seinen Buchveröffentlichungen zu diesem Thema kommt der deutsche Harp-Player schwer vorbei. "Schwärzer" kann man die Blues-Harp kaum spielen - begleitend dazu setzt Crazy Chris auf Dobro und akustische Gitarre. Seine Stimme ist dazu sehr charismatisch. Rauchig, brüchig, voller Emotionen: Dieser Sänger sticht durch seine unprätentiöse Art aus dem allgemeinen Allerlei heraus.

Nun, will es der westfälische Bluesman wissen: "Komm mit!" ist seine erste deutschsprachige Scheibe und man konnte -und das will 'was heißen- die Sony/BMG als Partner gewinnen. Folglich wird das Ding mit einem irren Aufwand professionellst promotet. "Kommt mit!" ist es wert garkeine Frage: Erstklassig produziert werden alle Register tiefschwarzen Blues' gezogen. Dazu gibt es -und sowas ist schon immer wichtig gewesen- einige eingängige Rocksongs, die fraglos über grosses Hitpotenzial verfügen. Der Titelsong Komm mit, Am besten heute noch und Du musst gehen rocken dermaßen fröhlich ab, dass der Fuss unwillkürlich zu zucken beginnt. Anspruchsvoll sind diese Songs arrangiert: da jammert die Slide, quietscht die Harp und wummert die Hammond.
Kramers Texte sind sehr persönlich, den schmalen Grat zur Peinlichkeit allerdings niemals touchierend. Er erzählt einfach Geschichten aus dem täglichen Leben, die so, oder so ähnlich schon jedem Zuhörer widerfahren sein dürften. Augenzwinkernd wird Widrigkeiten positive Seiten abgerungen. Lediglich das Verhältnis zur Kirche scheint tiefere Wunden des Songwriters Kramer zu berühren. Das mag daran liegen, dass der Schreiber dieser Zeilen die Sektenproblematik in der eigenen Familie erlebt hat. Hilf' mir Herr und Ich glaube an Dich berühren mich persönlich eiskalt.

Kommen wir zur fröhlichen Seite von "Komm mit!", denn der Blues grinst verschmitzt aus wirklich jeder Ecke des Albums. Egal ob traditioneller Mississippi-Blues wie bei Ungefähr mit 13, einem knalligen Boogie Du tust mir gut oder der obligatorische Slow-Blues Die Frau von meinem Vermieter: Crazy Chris Kramer bringt's authentisch 'rüber. Komm schenk noch einen ein könnte ebensogut während des Mardi Grass von einer New Orleans Brass Band eingespielt worden sein. Zwischen all' dem Blues und Blues-Rock findet man noch reichlich andere Farbtupfer: Country bei Du sagst Du liebst mich, Funky-Groove zieht auf Gib' mir den Honig knackig vom Leder und beim Urlaubssong klingts nach extrem coolen Bar-Jazz. Die musikalische Bandbreite von "Komm mit" läßt kaum Wünsche offen ....

Crazy Chris Kramer hat den Blues, jeder Ton, jeder Akkord dieses mit purem Herzblut realisierten Albums verdeutlicht dies. Er bleibt nicht im "Loch" sondern wurschtelt sich mit augenzwinkernd-optimistisch ans Licht. "Den Platz in der letzten Reihe macht Dir keiner streitig .... Komm einfach mit" ist für mich die Quintessenz dieses grossartigen Stücks deutschen Blues'.

Steve Braun, 01.07.2008

 

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