Chris Kramer Kramer Kommt!, Blow Till Midnight/Sony, 2012 |
Mel Gaynor, Charly T., Wolf Simon, Josef Kirschgen | Drums | |||
Roland Peil | Percussion | |||
Martin Engelien | Bass | |||
Chuck Leavell | Keyboards | |||
Bo Heart | Keyboards, Piano, Organ | |||
Alex Beyrodt, Benni Bilgeri, Dennis Hormes, Dirk Edelhoff, Der Schrader, Mick Taylor, Jens Filser | Guitars | |||
DJ Big-D | Scratches | |||
Chris Kramer | Vocals, Harp, Guitar | |||
| ||||
01. Ich bin anders | 08. Bo | |||
02. Volle Kraft voraus | 09. Mädchen aus Berlin | |||
03. Geld, Geld, Geld | 10. Betreibsurlaub | |||
04. Du bist das Licht | 11. Ich trink mir heut' nen kleinen an | |||
05. Gute Zeiten | 12. Ordentlich bin ich nur gelegentlich | |||
06. Drachenblut | 13. Nie wieder | |||
07. Abschied nehmen | 14. Ein Teil von Dir | |||
Kramer kommt, Kramer kommt, Kramer kommt ganz groß in Mode! Als ich den Titel der neuen Chris Kramer CD las, kam mir plötzlich dieser alte Slogan eines deutschen Versandhauses in den Sinn. Und tatsächlich, der versierte Mundharmonikaspieler aus dem Ruhrgebiet spielt auf vielen Hochzeiten, letzthin sogar gemeinsam mit Peter Maffay auf dessen Erfolgsalbum "Tattoos" samt anschließender Tour. So trägt man seinen Namen ins Land hinaus und weckt möglicherweise das Interesse Tausender Musikfans.
Bis dato ließ es der sympathisch verschmitzte Knuddelbär auf seinen eigenen Album eine Nummer kleiner angehen, lebte aber nichtsdestotrotz und unmissverständlich seinen Traum vom zielstrebigen Musizieren auf hohem Niveau. Als Blues-Harp-Spieler macht ihm nachgewiesenermaßen keiner etwas vor, als beseelter Sänger ist er auch nicht ohne. Nicht umsonst geraten anerkannte Größen wie Rolling Stones Keyboarder Chuck Leavell über Kramers Fähigkeiten ins Schwärmen.
Seine Reputation im In- und Ausland macht sich Kramer dann auch gleich zu Nutzen und bittet eben jenen Mr. Leavell zum Stelldichein auf dem eingängigsten und hitverdächtigsten Song des Albums: Du bist das Licht. Ein fröhliches Liebeslied, das auf allen Radiosendern der Republik eine Chance erhalten sollte. Hier offenbart sich jedoch auch die vermeintliche Krux der aktuellen Kramer'schen Songsammlung. Die eine oder andere Komposition mutet doch ein wenig zu gefällig an. Sicher wird sich das verantwortliche Produktionsteam etwas dabei gedacht haben, ein Schritt in Richtung Mainstream ist natürlich nicht verwerflich, insbesondere wenn der eine oder andere Maffay-Fan aufmerksam geworden sein sollte. Aber, ehrlich gesagt, der blues-orientierte Chris Kramer zu Zeiten seines "Chicago Blues"-Albums (2010) gefiel mir persönlich besser.
Ganz abgesehen von Chuck Leavell und dem ex-Stone Mick Taylor, der auch auf einem Track Gitarre spielt, hat sich der Mann aus Marl die Produktionsdienste eines der erfahrensten deutschen Bassisten gesichert: Martin Engelien, der einst mit Klaus Lage zu Ruhm und Chartsplatzierungen gelangte. Engeliens gute Drähte und Verbindungen in sämtliche Himmelsrichtungen bringen dann auch so manch bekannten Strategen aus der Engelien'schen "Go-Music"-Show, in der sich Kramer demnächst auch wiederfinden wird, aufs Tableau. Keyboarder Bo Heart, Drummer Mel Gaynor (Simple Minds), die Gitarristen Alex Beyrodt (Voodoo Circle), Benni Bilgeri und Dennis Hormes haben sich schon häufiger in der "Go-Music"-Truppe eingefunden und sorgen auf Kramers Album für ausgesprochen professionelle Versiertheit und Souveränität.
Neben dem einen oder anderen Mainstream-Ausflug finden sich auf "Kramer Kommt!" auch noch einige roots-orientierte Stücke, die zeitweise sogar überraschend rockig daherkommen (Ich bin anders; Volle Kraft voraus), aber auch genüsslich im Boogie-Takt (Mädchen aus Berlin) zappeln, oder der guten alten Robert Johnson Idee frönen (Betriebsurlaub). Einmal klingt's mit Drachenblut sogar verdächtig nach Frühsiebziger (Tom Johnston-Ära) Doobie Brothers. Dennis Hormes glänzt hier neben Kramer und seiner feurigen Harp mit einem geschmackvollen Gitarrensolo.
Ob dem Mundharmonika-Virtuosen mit "Kramer Kommt!" der große Wurf gelingt, bleibt abzuwarten. Dem Mainstream-Konsumenten wird dieses Album wahrscheinlich noch zu rootslastig sein, dem eher zum Purismus neigenden Roots-Musik-Afficionado könnte der eine oder andere Titel zu weichgespült bzw. konformistisch daherkommen. Bedenkt man indes Chris Kramers Motto "Doch Musik machen ist wie zum Horizont laufen. Man kommt nie an!" hat der Meister keinen Fehler gemacht. Denn: der Weg ist das Ziel.