Chris Smither Time Stands Still, Signature Sounds, 2009 |
Chris Smither | Acoustic Guitar, Vocals | |||
David Goodrich | Acoustic & Electric Guitars | |||
Zak Trojano | Drums, Percussion | |||
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01. Don't Call Me Stranger | 07. I Told You So | |||
02. Time Stands Still | 08. It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry | |||
03. Surprise, Surprise | 09. Miner's Blues | |||
04. I Don't Know | 10. Someone Like Me | |||
05. Call Yourself | 11. Madame Geneva's | |||
06. Old Man Down | ||||
Wäre man bösartig, könnte man sagen, Chris Smither, der alte Blues und Folk-Troubadour (*11. Nov. 1944), mache doch immer das gleiche, seit er 1970 mit "I'm A Stranger, Too" seine Plattenkarriere begann. Natürlich, wie Dutzende anderer Singer-Songwriter aus dem Süden der USA, zieht er kontinuierlich seinen Streifen durch, besingt ein Album nach dem anderen mit klugen und lebensweisen, traurigen sowie amüsanten, stets scharf beobachteten Geschichten aus dem persönlichen Alltag und dem angrenzenden Umfeld. Smither, der verdammt lang an der Flasche hing und nur noch gelegentlich Platten machte, hat sich in den letzten paar Jahren wieder stark auf seine Kunst fokussiert und veröffentlicht jetzt erneut ein starkes Werk, das, abseits der üblichen Troubadour-Schiene, zwar prinzipiell nichts Neues offenbart, dieses Wohlvertraute aber derartig überzeugend und tief empfunden offeriert, dass der geneigte Genre-Fan kaum umhin kann, dem grandiosen Fingerpicker und Storyteller seine Bewunderung zu zollen.
Denn interessanterweise hat sich Chris Smither für sein neues Album "Time Stands Still" nun doch eine etwas andere Strategie überlegt: er reduziert seine Arrangements, sprich seine Band, auf ein Minimum, kommt also mit nur zwei weiteren Musikern aus; als da wären sein angestammter Produzent und zweiter Gitarrist David Goodrich (Jeffrey Foucault, Peter Mulvey), sowie Drummer Zak Trojano. Diese Idee geht zurück auf eine Einladung zum 'Blue Highways Festival' in Utrecht (Niederlande), wo ihn die Veranstalter nicht als Solokünstler verpflichten wollten, sondern ihm, entgegen seiner üblichen Gepflogenheiten, nahelegten mit kompletter Band anzureisen. So entschloss man sich nach kurzer Beratung und eben solcher Proben, in eben dieser erwähnten Triobesetzung zu musizieren. Smither und Kumpanen sorgten für Furore, hatten selbst einen Heidenspaß und setzten die Trio-Idee gleich für's vorliegende Album um.
Den 11 Songs - wobei hier auch drei Covers von Bob Dylan, Mark Knopfler und dem Blueser Frank Hutchison vertreten sind - steht dies tatsächlich gut zu Gesichte. Die Interpretationen gewinnen an Intensität, weil sie ohne großen Firlefanz und unnötigen Ballast glänzend auskommen, und somit ihre Dringlichkeit unterstreichen. Smither singt über Liebe und Einsamkeit, philosophiert über's Älterwerden, Themen die einen reifen und erwachsenen Mann beschäftigen und die man, wenn man selbst nicht mehr ganz so jung ist, absolut nachvollziehen kann, aber selbst nie in so clevere Reime packen könnte. Das Ganze kleidet Smither bisweilen in ein archaisch wirkendes Blues-Format, das in seiner Kantigkeit an die längst verstorbene Ahnengalerie erinnert. Manchmal klingt das auch wie Bob Dylan auf seinen letzten paar Scheiben, zwar recht abgeklärt und versiert, aber dennoch mit dem nötigen Feuer, oder mitunter auch nach dem unwiderstehlich Südstaaten-Groove eines J.J. Cale. Der Schlagzeuger bemüht meistenteils nur seine Besen, einfühlsam und stark songorientiert, der Gitarristenkollege Goodrich fügt harmonische Texturen hinzu, sägt mitunter scharf an seiner Slidegitarre (erinnert an Bo Ramseys letzte Platte) oder webt gemeinsam mit Smither ein wohlklingendes Geflecht aus zwei akustischen Gitarren, die sich in inniger Zweisamkeit vermählen.
"Time Stands Still", zeitlos gute Wertarbeit, auf unspektatkuläre Art bewegend.