Colosseum

Live 1969-1971

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 19.10.2020
Jahr: 2020
Stil: Jazz Rock, Fusion
Spiellänge: 215:55
Produzent: Eroc

Links:

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Plattenfirma: Repertoire Records


Redakteur(e):

Epi Schmidt


s. weitere Künstler zum Review:

Chris Farlowe

The Graham Bond Organization

Clem Clempson

Titel
Live At The Montreux International Jazz Festival 1969 (43:31 Min.)
01. January's Search
02. February's Valentyne
03. Beware The Idles Of March
04. Mandarin
05. Butty's Blues
06. The Time Machine
Live At The Boston Tea Party (49:28 Min.)
01. Butty's Blues
02. The Machine Demands A Sacrifice
03. The Valentyne Suite: January's Search/February's Valentyne/Beware The Idles Of March
Live At Ruisrock Festival, Turku, Finland 1970 (51:18 Min.)
01. Rope Ladder To The Moon
02. The Machine Demands A Sacrifice/Drum Solo
03. Downhill And Shadows
04. Lost Angeles
05. Walking In The Park
Live '71 (147:47 Min.)
 
Disc One:
01. Tanglewood '63
02. Rope Ladder To The Moon
03. Walking In The Park
04. Skelington
05. The Machine Demands A Sacrifice
06. Lost Angeles
Disc Two:
01. Rope Ladder To The Moon
02. Sekllington
03. I Can't Live Without You/The Time Machine/The Machine Demands A Sacrifice
04. The Valentyne Suite: January's Search/February's Valentyne/The Grass Is Always Greener
05. Stormy Monday Blues
Live At The Piper Club, Rome, Italy 1971 (67:50 Min.)
01. Rope Ladder To The Moon
02. Skellington
03. Tanglewood '63
04. The Time Machine
Musiker Instrument
John Hiseman Drums
Dick Heckstall-Smith Saxophones
Tony Reeves Bass (Montreux & Boston)
Dave Greenslade Keyboards
James Litherland Guitar, Vocals (Montreux & Boston)
Clem Clempson Guitar, Vocals (Turku, Live '71 & Rome)
Mark Clarke Bass (Turku, Live '71 & Rome)
Chris Farlowe Vocals (Live '71 & Rome)

Vor einigen Jahren erstand ich relativ günstig das Buch “All Music Guide“ in der 2nd Edition. Kenner wissen, dass sowohl Online- als auch Print-Variante dieses Lexikons eines der renommiertesten Nachschlagewerke überhaupt ist. Über 1400 Seiten misst meine Ausgabe, aber jetzt ratet mal, wer unter den 23.000 Alben und 6.000 Künstlern/Bands nicht vertreten ist? Richtig: COLOSSEUM!           

Da denkt man sich, das ist doch eines der Schlachtschiffe, wenn nicht der Prototyp, des Jazz Rock, aber nichts! Was wohl daran liegt, dass die Band in den Vereinigten Staaten (und das ist nun einmal die Heimat des AMG) nicht den Stellenwert erreichte, den sie in Europa haben.

Daran wird sich mit den fünf Live-Alben, welche Repertoire Records unlängst auf den Markt brachten sicher nichts ändern, aber für uns besteht dadurch die Gelegenheit, noch einmal in die Anfangszeit von COLOSSEUM zu blicken und ihren Aufstieg bis kurz vor der ersten Auflösung zu verfolgen. Komplett von der Band autorisiert,  wurden diese Mitschnitte aufbereitet und remastert und nun erstmals veröffentlicht. Der bekannte englische Journalist und Musikkritiker hat zu allen Alben sehr interessante Begleittexte verfasst.

Die Geschichte der Band müssen wir hier nicht neu aufrollen, aber dass sich sich Hiseman und Heckstall-Smith bereits bei der GRAHAM BOND ORGANIZATION bestens ergänzten ist kein Geheimnis und auch mit David Greenslade bestand seit Jahren eine freundschaftliche Verbindung. Entsprechend gut harmonierten diese drei Musiker von Beginn an und davon kann man sich anhand des 1969er Live-Mitschnitts von Montreux bereits überzeugen. Da wurde bereits auf Teufel komm raus gejammt, improvisiert und gegenseitig inspiriert. Das frühe Meisterwerk Valentyne Suite (für viele Fans bis heute unerreicht) lieferte ihnen dafür eine perfekte Basis. Besonders Greenslade brilliert hier und teilweise fühle ich mich bei seiner Hammond an Jon Lord und frühe DEEP PURPLE erinnert. In den ruhigeren Passagen kommt dann auch Heckstall-Smith' hervorragendes Saxofonspiel mehr zur Geltung. Da kann man auch problemlos mal ein kleines Whiter Shade Of Pale-Zitat in die “Suite“ einfügen.

Gelegentlich wird es auch mal, wie in Mandarin, recht experimentell, an anderer Stelle (Butty's Blues) auch mal dem Blues zugeneigt. Ja, und natürlich durfte Hisemans Drum-Solo nicht fehlen. Für was hat er sonst gleich zwei Bass-Drums auf die Bühne geschleppt?

Gänzlich unbekannt dürfte COLOSSEUM dem amerikanischen Publikum nicht gewesen sein, denn immerhin wurde das nächste Album dieser Reihe am 13. Augsut 1969 in dem bekannten “The Boston Tea Party“ in Boston (wo sonst?) aufgenommen. Auf jeden Fall hat ihnen die Tatsache, in Amerika zu spielen, offenbar zusätzliches Adrenalin verabreicht, denn Butty's Blues hat hier deutlich mehr Schwung, als noch in Montreux. Auch Sänger James Litherland scheint mir hier deutlich engagierter. Erneut läuft die Band bei The Valentyne Suite zu großer Form auf. Da braucht man als “Normalhörer“ manchmal etwas Durchhaltevermögen, wenn es zu sehr abdriftet, aber man wird mit genialen Momenten versöhnt. Hier mal ein bisschen Klassisches (Bach) eingestreut, da mal Sunshine Of Your Love zitiert, alles kein Problem für diese Virtuosen.

Besetzungstechnisch änderte sich im folgenden Jahr, dass Clem Clempson und Mark Clarke für James Litherland, bzw. Tony Reeves in die Band kamen. Dass sich Clempson im Vorfeld bereits ausgiebig mit der Musik von COLOSSEUM beschäftigter erleichterte seinen Einstieg und zeigt gleich bei Jack Bruces Rope Ladder To The Moon, dem ersten Titel vom Konzertmitschnitt am 22. August 1970 in Finnland, ordentlich Präsenz. Sowohl gesanglich, als auch auf der Gitarre. Klingt mir hier stellenweise, als wollte er Alvin Lee Konkurrenz machen, was er kurz darauf, im “Slow-Blues“ Downhill and Shadows noch mehr unterstreicht. Grandios, der, von Heckstall-Smith eingeleitete, zweite, Jam-Part dieser Nummer. Insgesamt scheint mir bei diesem Konzert noch mehr Drive hinter der Performance der Band liegen.

Die Tatsache, dass man hier sogar auf die “Suite“ verzichtet hat, spricht für sich. Stattdessen kramte man mit Walking In The Park ein altes Stück aus den Zeiten der GRAHAM BOND ORGANIZATION hervor. Bringt die “Swinging 60's“ zurück.

Clempson hatte sich bestens eingeführt und fühlte sich mit der Doppelrolle als Sänger und Gitarrist doch überlastet, was letztlich dazu führte, dass Chris Farlowe in die Band geholt wurde und COLOSSEUM zur besten und erfolgreichsten Besetzung gelangte. Dass 1971er Live-Album “Colosseum Live!“ gilt bei vielen Musikfans als eines der besten Live-Alben überhaupt.

Auf der der Doppel-CD “Live '71“ finden sich natürlich die gleichen Songs, teilweise sogar, wie “Colosseum Live!“, in Manchester aufgenommen, nur an anderen Tagen. Da braucht man nicht viel drüber zu sagen, die Band war auf ihrem Höhepunkt. Ob Rope Ladder To The Moon, Walking In The Park oder Skellington, mit der Stimmgewalt von Farlowe konnte endlich einer mit den Instrumentalisten konkurrieren und die Songs auf ein neues Level heben. Umso mitreißender gelangen die Live-Fassungen dieser Stücke, weil auch die anderen umso inspirierter agierten. Man höre sich nur einmal durch das Feuerwerk von über 13 Minuten Skellington! Wobei das bei weitem nicht die längste Nummer im Set ist. Die wieder vertretene “Suite“ bringt es auf über 21 Minuten. Und auch die spannend von Vorne bis Hinten.

Mit dem Live-Album unter dem Arm und im Bewusstsein um die eigene Stärke war die Band im Sommer 1971 im “Piper Club“ in Rom zu Gast. Erneut eröffnet Rope Ladder To The Moon das Set, dieses Mal allerdings mit einem anderen, mehr bluesigen Intro. Vielleicht übertreibt es die Band hier etwas mit dem Jammen und agiert zu “losgelöst“. Für Jazz Rock-Fans bleibt es immer noch faszinierend.

Wie sehr ein, schon immer progressiv interessiertes, italienisches Publikum vom schier endlosen (24 Minuten) Skellington beeindruckt war, kann man am Applaus am Ende des Stückes hören.

Und auch das vertrackte Tanglewood '63 verfehlt seine Wirkung nicht. Ohnehin ein Ereignis für sich, wenn Dick Heckstall-Smith zwei Saxofone gleichzeitig spielt, aber auch der Rest steigert sich hier schier unglaublich hinein. Läge der Vesuv nicht bei Neapel, sondern in der Nähe Roms, man hätte wohl Angst haben müssen, ihn mit der Power von The Time Machine zum Ausbruch zu provozieren. Und das nicht nur mit Hisemans üblichem Drum-Solo.

Für Fans Jazz Rock, mit Blues-Einschlag im Allgemeinen und natürlich COLOSSEUM-Fans im Besonderen also einige lohnenswerte Veröffentlichungen, die auch durch ihre Aufmachung, die Liner-Notes und das Remastering von Klangspezialist Eroc erfreuen.

 

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