Der W

Motorjesus
Eschenbach

Dortmund, Westfalenhalle, 17.03.2011

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 26.03.2011
Stil: Rock

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Redakteur(e):

Thomas Dietz


Der W, Motorjesus, Eschenbach,
Dortmund, Westfalenhalle, 17.03.2011

Am heutigen Abend umweht ein leichter Wind der Nostalgie die altehrwürdigen Gemäuer der Dortmunder Westfalenhalle. STEPHAN WEIDNER gastiert nämlich heute an dem Ort, an dem er mit den ONKELZ vor Jahren einige seiner größten Erfolge feierte. Man erinnert sich natürlich auch nur allzu gerne an das damals in dieser Halle entstandene Live Album, das es immer wieder schafft diese besondere, magische Atmosphäre aufkommen zulassen, selbst für alle diejenigen, die vor 15 Jahren nicht dabei waren. Jetzt befinden wir uns im Jahre 2011, Stephan Weidner ist bereits seit längerem erfolgreich als Solokünstler unterwegs und kam wohl auf die Idee noch einmal an die alten Zeiten anzuknüpfen. Denn heute Abend steht hier in der Westfalenhalle der nächste Livemitschnitt an, und das zeitgemäß im DVD-Format, gefilmt sogar in 3D. Jetzt würde natürlich jedermann im Vorfeld von dem Highlight der gesamten Tournee sprechen, zumal die Größenordnung der Westfalenhalle absolut aus dem bisherigen Kapazitätsrahmen fällt und man sich dadurch natürlich direkt an den kochenden Hexenkessel erinnert, der diese Halle mit Sicherheit damals zu ONKELZ-Zeiten auch war.

Heute Abend allerdings bietet sich mir an diesem geschichtsträchtigen Ort nicht das erhoffte Stimmungsbild. Die Halle ist nämlich, wie realistisch erwartet, halb leer. Ca. 8000 Besucher sollen es am Ende gewesen sein. Und das ist sicherlich ein Riesenerfolg, wenn man bedenkt, dass DER W sonst nur in mittelgroßen Locations für ca. 2000 Leute spielt. Wenn man allerdings diese 8000 Menschen in der riesigen Westfalenhalle wiederfindet, macht sich schnell Ernüchterung breit. Und wenn man weiß, dass das alles auch noch für die kommende Live-DVD mitgeschnitten werden soll, muss man sich wirklich fragen, was hier falsch läuft..? Warum zum Teufel versucht man auf biegen und brechen, diese Halle zu füllen? Selbst die im Vorfeld angebotenen vergünstigten Tickets und Rabattaktionen bei einem großen deutschen Rock-Mailorder konnten nicht die gewünschte Menschenmenge zusammenbringen. Und damit tut man sich und vor allem seinem Publikum sicherlich keinen großen gefallen. Solch ein Umstand wirkt sich doch zwangsläufig auch auf die Stimmung im Publikum aus. Und die Konsequenzen davon werden leider auch heute Abend immer wieder offensichtlich…

Zudem geht’s wohl deutlich früher los als geplant. Denn als ich um 19:40 Uhr die Halle betrete, sind ESCHENBACH bereits dabei ihren vorletzten Song zu präsentieren. Als Support wurden für heute allerdings nur MOTORJESUS angekündigt, während Eschenbach für den zweiten Teil der Tour das Vorprogramm bestreiten sollten. Warum sich dies jetzt anscheinend geändert hat, weiß wohl niemand so recht. Von ESCHENBACH bekomme ich daher nur noch wenige Minuten mit, bevor das Licht auch schon wieder angeht. Als nächstes bekommen dann die Mönchengladbacher von MOTORJESUS ihre große Chance. Das aktuelle Album “Wheels Of Purgatory“ hat in sämtlichen Fachmagazinen Höchstpunktzahlen eingefahren und bietet durch die Bank guten Kick Ass Rock’n’Roll. Dafür, dass die Jungs bislang nur in kleinen Clubs vor ein paar hundert Leuten gespielt haben, machen sie ihre Sache auch recht ordentlich. Aber dennoch kann die Band kaum die Vorteile der großen Bühne nutzen und wirkt dagegen doch insgesamt ziemlich klein. Ob es jetzt schon an der Zeit ist für MOTORJESUS solche großen Schritte zu gehen, mag jeder für sich selbst entscheiden. Ich für meinen Teil, möchte das allerdings durchaus anzweifeln. Aber gut, heute steht sowieso nur eine Person im Rampenlicht, ein namhafter Supportact, wäre da wohl auch unangebracht.

Der Anblick der Westfalenhalle lässt auch zu Beginn des W-Auftritts deutlich zu wünschen übrig. Der Oberrang ist praktisch komplett leer, der Unterrang halbwegs gefüllt und im Innenraum sieht’s bis zum Mischpult in der Hallenmitte ganz ansehnlich aus, dahinter herrscht allerdings totale Einöde. Der erste Song Was ist denn hier nicht los? wird zunächst hinter einem Vorhang gespielt, der allerdings auch etwas zu kurz geraten scheint. Steht man nur im leichten Winkel offenbart sich einem schon das ganze Bühnengeschehen und der Effekt des Vorhangfallens ist komplett dahin…So jetzt muss ich aber auch mal ein paar lobende Worte aussprechen, denn nicht alles war schlecht an diesem Abend. Der W selber wirkte wie immer sehr souverän und gibt immer wieder die passenden Ansagen zu seinen Liedern. Dies würde ich mir von anderen Künstlern durchaus mehr wünschen, da ja schließlich jeder was mit seinem Schaffen auszusagen hat. STEPHAN WEIDNER zählt da nach wie vor für mich zu Deutschlands aussagekräftigsten Künstlern, der immer wieder ein hohes Maß an Integrität beweist und sich selber treu bleibt. Passend dazu gibt’s auch direkt Machsmaulauf auf die Lauscher. Bis auf vier Lieder wird das gesamte aktuelle Album “Autonomie!“ dargeboten, zu dessen Höhepunkten auch live die Songs Fleisch, Sekte oder Selters und Autonomie des ICHS zählen. Im Verlauf des Sets wird zudem ein kleiner Akustikteil bestehend aus Sterne, Zwischen Traum und Paralyse und Niemand hier eingebaut. Die Nummern machen so zusammenhängend deutlich mehr Spaß, als innerhalb des Auftritts ständig zwischen rockigen Nummern und Balladen zu wechseln. Die W Begleitband nimmt wieder eine deutlich untergeordnetere Rolle ein, auch wenn WEIDNER selber stets darum bemüht scheint als integrierter Musiker und nicht als einsamer Prophet dazustehen. Zur Ehrenrettung des Dortmunder Publikums sei hiermit auch noch erwähnt, dass die Stimmung trotz alledem durchaus gut war. Immer wieder sind STEPHAN WEIDNER- Sprechchöre aufgekeimt, die vom Hauptprotagonisten wohlwollend aufgenommen wurden. Der Auftritt selber bietet zudem auch keinerlei Anlass zur Kritik. Ganz im Gegenteil. STEPHAN WEIDNER rockt sich durch seine Songs mal selbstkritisch (Lei(D)figuren), mal sentimental (Urlaub mit Stalin) und oft auch mit einem deutlichen Weckruf (Stille Tage im Klischee). Am Ende wird man also doch noch ein bisschen versöhnt, denn ein Abend mit dem W lohnt sich durchaus. Und wenn beim nächsten Mal wieder „Ausverkauft“ gemeldet wird und man anstatt leerer Gänge eine brodelnde Menschenmasse wiederfindet wird einem gelungenen Konzertabend auch sicher nichts mehr im Wege stehen.

Thomas Dietz, 17.03.2011

 

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