Düsseldorf, Philipshalle, 28.11.2008

Neue Alben von AC/DC, METALLICA und GUNS'N'ROSES, lange im Vorfeld ausverkaufte Touren der beiden Erstgenannten (die dritte wird nicht lange auf sich warten lassen.), da bleibt nicht viel Kohle hängen.
In diesem unserem Lande, von ex- Kanzler Birne einst "liebevoll" als Freizeitpark tituliert, dreht das Gros des Rockpublikums schon lange jeden sauer verdienten Euro-Peso dreimal um, bevor der Entscheid zum Kauf eines Tonträgers oder Konzerttickets getroffen werden kann. 7,50 Euro Mindestlohn (brutto, versteht sich) werden als Gefahr für die nationale Wirtschaft immer wieder abgelehnt, während Millionen von (Leih-)Arbeitnehmern für noch weniger schuften (müssen).
Vielleicht auch gerade deshalb überlegte in dieser Situation so manche(r), ob sie/er sich nicht lieber ein Ticket für das Tour-Package MOTÖRHEAD, SAXON und DANKO JONES kaufen sollte, welches das schmale Budget mal eben lockere fünfzig Prozente weniger als jenes der obigen Raffzähne belasten sollte.

28. November 2008. Die Philipshalle ist erstaunlich gut besucht und bietet einen würdigen Rahmen für das nun folgende Spektakel. DANKO JONES rechtfertigen ihre Nominierung mit einem wie gewohnt glänzenden Auftritt. Mr. Danko Jones himself ist ein Frontmann par excellence, welcher das Anfangs etwas skeptische Publikum schnell im Griff hat. Songs vom Kaliber Baby Hates Me oder First Date zünden nicht nur in kleineren Clubs, sondern vermögen auch größere Massen zu bewegen. Viel Zeit bleibt dem kanadischen Power-Trio allerdings nicht, denn der Zeitplan (incl. erfreulich kurzer Umbaupausen) ist eng gesteckt.
Wer DANKO JONES demnächst wieder erleben möchte, dem sei in NRW u.a. ein Gig Ende März 2009 in der Kölner Essigfabrik empfohlen. Als Special Guests die famosen und jüngst restlos überzeugenden BACKYARD BABIES. (Angaben wie immer ohne Gewähr!!)

Zu SAXON bedarf es nicht mehr vieler Worte. Mit ihrem Einstieg Heavy Metal Thunder haben die Briten gleich die zahlreich erschienene Fangemeinde im Griff. Spielfreudig wie immer und mit einem guten Sound gesegnet wird der wilden Meute vor der Bühne ein Kracher nach dem anderen um die Ohren gehauen. Denim And Leather, Strong Arm Of The Law, Princess Of The Night sowie das unvermeidliche Crusader, ein Klassiker jagt den anderen. Unterbrochen lediglich von einigen Tracks jüngeren Datums wie Witchfynder General oder dem als Download-Single erhältlichen Live To Rock von dem für Januar 2009 angekündigten neuen Album "Into The Labyrinth".
Den formidablen Gesamteindruck kann selbst die diskussionswürdige Leistung von Drummer Nigel Glockler nicht mindern. Die Tage von Fritz Randow sind nun einmal passé und auch so gehören SAXON zu immer wieder gern gesehenen Gästen auf unseren Bühnen. Nicht umsonst bezeichnet Biff Byford Deutschland als so etwas wie die zweite Heimat der Gruppe.

Ein wahrscheinliches Novum lässt sich in der Umbaupause festmachen. Die Schlangen vor den Herren-Toiletten sind erheblich länger als die bei den Damen. Es ist Freitag, da hat der Herr mächtig Durst...

MOTÖRHEAD haben jüngst mit "Motörizer" nach "Inferno" (2004) und "Kiss Of Death" (2006) wiederum ein starkes Album rausgehauen. Die Schwächephase Mitte bis Ende der Neunziger, als man vergleichsweise lahme Scheiben einspielte und in kleineren Clubs wie der Bochumer Zeche spielen musste, scheint vergessen. Die Band ist wieder angesagt. Eine nahezu volle Philipshalle in Düsseldorf ist das beste Zeugnis.
Bereits ab dem Opener Iron Fist geht das Publikum steil. Lemmy Kilmister, on stage bekanntermaßen kein Freund vieler Worte, scheint schwer angetan und brennt mit seinen Kumpels ein Feuerwerk ab. MOTÖRHEAD befinden sich live in der Form ihres Lebens. Ein Kraftwerk ist nichts gegen die schiere Power des phantastisch eingespielten Trios.
Philip Campbell versteht es wie kaum jemand sonst, Lead- und Rhythmusparts genial zu verbinden. Über Lemmys Bassspiel noch Worte zu verlieren hieße Eulen nach Athen zu tragen. Drummer Mickey Dee, die gute Seele der Band, legt ein Schlagzeugspiel an den Tag, welches ich schon lange nicht mehr erleben durfte. Sein Solo inmitten des Krachers In The Name Of Tragedy wird zurecht frenetisch gefeiert.
MOTÖRHEAD fahren auf. Anständige Lichtanlage, grosse P.A., guter Sound. Da sitzt jeder Song wie ein Schlag auf die Glocke. Die Band zieht an diesem Abend alle Register. Klassiker wechseln mit neueren Tracks. Metropolis sorgt für eine bewegende headbangin' Party, Going To Brazil für einen riesigen Mosh-Pit und das nagelneue The Thousand Names Of God fügt sich nahtlos ein.
Zu einem wahren Höhepunkt entwickelt sich live das Groove-Monster Just 'Cos You Got The Power. Ein schädelspaltendes Riffing auf einem nichts mehr haltendem Rhythmus-Teppich lässt die Halle endgültig in den Wahnsinn abgleiten.
Dia-Leinwände und die geschickt eingesetzte Lightshow sorgen für einen würdigen Rahmen. Auf den Rängen sitzt längst niemand mehr und ich möchte mal behaupten, solch eine Atmosphäre nie zuvor bei einem MOTÖRHEAD-Konzert erlebt zu haben. Ich rede hier von einem Zeitraum ab 1981...
MOTÖRHEAD sind eine Institution. Die Zahl der T-Shirts mit ihrem Logo ist riesig, ihre Fans gehören allen Altersgruppen an. MOTÖRHEAD sind jedoch nicht nur Kult. Sie leben. Und wie. Da gibt es kein Halten mehr, der kollektive Wahnsinn regiert. Von den Tribünen schallt das Getrampel der brüllenden Fans, unten auf dem Feld gibt es schon lange keine bewegungsfreie Zone mehr. Ein Song vom Kaliber Killed By Death hat auch nach fast einem Vierteljahrhundert nichts von seiner Wirkung verloren. Power pur.

Klar muss man gewisse Sachen immer wieder bringen. Bomber ist so ein Relikt, welches zur Show gehört wie der Rickenbacker-Bass zum Lemmy. Bei der ersten Zugabe Whorehouse Blues legt der sein Instrument zur Seite und stellt sich nur mit einer Mundharmonika bewaffnet vor das Mikro. Die fette Marshall-Wand bleibt für ein paar Minuten Fassade zur Einlage Phil Campbells und Mickey Dees(!) auf akustischen Gitarren.
Den Abschluss bilden eine Killerversion von Ace Of Spades und das unvermeidliche Overkill. Damit hinterlassen MOTÖRHEAD einen dampfenden Konzertsaal, in welchem ich gerade ein Wahnsinns-Konzert erleben durfte.

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