Jon Lord

Essen, Philharmonie, 15.11.2010

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 19.11.2010
Stil: Classic meets Rock

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Redakteur(e):

Ralf Frank

Gerd Linnenbürger (* 1960, ✝ 2019)


Jon Lord,
Essen, Philharmonie, 15.11.2010

Die Verdienste des ex-DEEP PURPLE um den Hard Rock im Allgemeinen und die Akzeptanz der Klassik bei den jüngeren Fans im Speziellen sind kaum zu ermessen, obwohl Jon Douglas Lord, geb. am 9. Juni 1941 in Leicester, England, dieses Lob lange Zeit nur belächelt hat, doch mittlerweile musste auch er diese anerkennen.
Seine Liebe zur Klassik hat ihn mittlerweile zu einer Solokarriere bewogen, doch auch während seiner Zeit bei der legendären Band nahm er sich immer wieder die Zeit, daran zu arbeiten, so entstanden berühmte Werke wie das "Concerto For Group And Orchestra", "Windows", "The Gemini Suite" und natürlich "Sarabande", welches als sein komplettestes Werk gilt und auch kommerziell sehr erfolgreich war. Inspiriert von klassischer Musik, benannte er alle Stücke nach barocken Tänzen und griff die musikalische Form der Suite aus der Barockmusik auf. Aufgenommen hat Jon Lord dieses Album 1975 in Oer-Erkenschwick mit der renommierten Philharmonia Hungarica unter Dirigent Eberhard Schoener, die damals in Deutschland politisches Asyl gefunden hatten.

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Im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 und unter der Schirmherrschaft des Saudischen Staatsministers Scheich Hani A. Z. Yamani wurde die "Sarabande Suite" unter dem Motto "Deutsch-Arabisches Freundschaftskonzert" in der international renommierten Philharmonie Essen zum vierten Male überhaupt komplett aufgeführt, in der chronologischen Reihenfolge des 1976er Albums.

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Neben Jon Lord an der Hammond B3 Orgel und dem Klavier bestand das Ensemble zum einen aus dem etwa 60köpfigem Philharmonie Orchester Hagen unter der Leitung von Florian Ludwig, der gleichfalls Hagener Sopranistin Tanja Schun und zum Anderen dem ex-RAINBOW und Yngwie Malmsteen Shouter Doogie White sowie der DEAD COMPOSERS ROCKING SOCIETY, bestehend aus Gunnar Polanski (Bass), Niko Mareske (Schlagzeug), Ralph Breitenbach (Orgel, Keyboard) und Richard Güth (Gitarre).
Das Konzert war aufgeteilt in zwei Sets, erstens der "Sarabande Suite" und zweitens einem Potpourri aus DEEP PURPLE Klassikern und Jon Lords Solo Werken, die man zum Teil auch schon von seinen diversen "Concerto For Group And Orchestra" Tourneen her kannte.

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Der erste Set wurde in einem Rutsch absolviert, aufbrandende Ovationen gleich im Keim erstickt. Jon Lord wechselte ab und zu zwischen Klavier und Hammond und dabei auch zwischen seinem Gehabe, am Klavier gab er sich ganz klassisch ernst, während er an der Orgel zumindest einen Anflug des alten Wilden erkennen ließ, das bereitgestellte Sitzbänkchen beförderte er zugleich mit Esprit aus der Schussrichtung.
Ein Urteil über das Orchester mag ich mir hier nicht anmaßen, die Darbietung wird nur ein Experte beurteilen können, für mich war das Ergebnis jedenfalls mehr als perfekt und zusammen mit der exzellenten Akustik der Philharmonie ein wahrer Ohrenschmaus.

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Die Band, obwohl sonst selbst als Philharmonisten tätig, wusste nicht ganz zu überzeugen, besonders bei den Einsätzen lag sie gerne mal ein paar Takte daneben und Jon Lord versuchte oft vergeblich, sie hinter dem Rücken mit einer Hand zu dirigieren. Auch die technische Qualität hatte nicht immer das Niveau der übrigen Protagonisten und z. B. ein Richie Blackmore oder Steve Morse hätte der Aufführung sicherlich mehr als gut getan. Das Publikum nahm es auf jeden Fall gelassen und goutierte das Ende des Sets mit stehenden Ovationen. Einige Unzufriedene gab es natürlich auch, aber diese waren offensichtlich mit völlig falschen Vorstellungen angereist.

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Nach kurzer Pause eröffnete der PURPLE Klassiker Pictures Of Home vom 1972er "Machine Head" Album den zweiten Set gleich mit etwas rockigeren Klängen. Doogie White, der für den erneut angekündigten, aber wieder mal abwesenden Waliser Steve Balsamo, erklärter Lieblingssänger von Jon Lord, das Mikro übernahm, konnte sich dabei glänzend in Szene setzen. Das Zusammenspiel zwischen Orchester und Band harmonierte jetzt auch deutlich besser, die vermutlich deutliche Ansprache in der Halbzeitpause schien entsprechend Wirkung zu zeigen.

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Auffällig war, das Jon Lord den Namen DEEP PURPLE kein einziges Mal erwähnte sondern jedes Mal eine Umschreibung wie, "unsere Band" oder "meine Freunde Richie, David und ich" oder Ähnliches wählte oder sogar als PINK FLOYD ausgab, Letzteres natürlich nur im Scherz, um eine kleine Anekdote zum Besten zu geben. Während eines zurückliegenden Interviews in Kanada wunderte er sich über die merkwürdigen Fragen, die er jedoch nach bestem Wissen zu beantworten suchte. Nach einer anstrengenden halben Stunde stellte sich dann heraus, dass die Interviewerin ihn für ein PINK FLOYD-Mitglied gehalten hatte.

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Der nächste Song, The Sun Will Shine Again entstammte Jons Soloalbum "Beyond The Notes" (2004) und präsentierte sich deutlich ruhiger. Jon hatte den Song für seine gute Freundin "Frida" Lyngstad (ABBA) geschrieben und zusammen mit ihr aufgenommen. Die Vocals übernahm die Hagener Sopranistin Tanja Schun und entpuppte sich als wahres Goldkehlchen, der Song selbst war dann jedoch eher lahm und hätte besser eine gestandene Rockröhre vertragen, ähnlich wie auch bei Pictured Within und Wait A While, beide vom gleichnamigen 1998er Album (Lyriks von Sam Brown). An der Performance war absolut nichts auszusetzen und Frau Schun sicherlich ohne Fehl und Tadel, trotzdem waren alle Songs mit ihr für mich persönlich relativ belanglos. Dass man die Songs auch anders interpretieren kann, hat Doogie White bei früheren Konzerten bewiesen, aber da gehen die Ansichten der Klassik und der Rock Fans vermutlich stark auseinander, die Ovationen für Frau Schun waren jedenfalls sehr herzlich.

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Zwischendurch gab es das erquickende Telemann Experiment, erneut vom "Beyond The Notes" Album, einer barock-poppigen Suite zu Ehren des berühmten deutschen Barock-Komponisten Georg Philipp Telemann (1681-1767), der laut Jon Lord zu seiner Zeit ähnlich populär gewesen sein soll, wie heutzutage z. B. Paul McCartney, wobei er zuerst wohl scherzhaft sagen wollte "wie er selbst", dann aber humorig den Satz noch umbog.

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Das übrige Programm des Abends wurde des Weiteren wieder aus PURPLE Klassikern bestritten, bei denen erneut Doogie White als absoluter Ausnahmesänger zu überzeugen wusste. Neben dem überraschend gut cross-over funktionierendem Lazy sicherlich das heimliche Highlight des Abends Perfect Strangers und als Zugabe die beiden Balladen Soldier Of Fortune aus der Mark III Ära sowie Child In Time, dem PURPLE Schmusehit schlechthin und jedem Philharmonie Orchester würdig. Doogie White lies den Klassiker durch eine überragende Adaption der legendären Gillan Schreie zu neuem Leben erstehen. Chapeau!

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Danach stehende Ovationen, Verbeugung und Abgang, das Publikum mochte sich kaum beruhigen und nötigte die Protagonisten mehrfach zur Rückkehr, eine Zugabe konnten sie dem Meister jedoch nicht mehr entlocken, der sich diesbezüglich entschuldigte, man kenne einfach keine weiteren Stücke, womit er die Lacher auf seiner Seite hatte und das Publikum zufrieden in eine laue Novembernacht entließ.

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Fazit: Ein rundherum gelungener Abend für Fans, die ein solches Programm zu schätzen wussten und der Beweis, dass Klassik und Rock hervorragend harmonieren können, nicht zuletzt ein Verdienst des in Ehren gealterten Jon Lord, der mittlerweile einem englischen Lord ähnlicher erscheint, als dem Rocker von einst.

P.S.: Besonderer Dank gilt der Albanese Music und der Philharmonie Essen für ihre freundliche und unbürokratische Unterstützung dieses Artikels!

Ralf Frank, 15.11.2010

 

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