Dan Baird & Homemade Sin, The Quireboys, Essen, Zeche Carl, 24.05.2009 |
"Mann, ey, der Dan sieht aber schlecht aus, irgendwie krank, oder?" Diese Worte richtete ich an meinen Redaktionskumpel Jürgen Ruland, als Dan Baird und seine Homemade Sin Freunde die Bühne betraten, um das erwartungsfreudige Publikum in der Essener 'Zeche Carl' im Sturm zu nehmen. Die ca. 150 Leutchen gerieten von Sekunde Eins an in Ekstase, jubelnder Applaus nach jedem Song. Wie gesagt, Dan sah irgendwie ziemlich fertig aus, hatte offenbar mächtig abgenommen, erschien sehr hager und ausgezehrt und die schwarzgefärbten, langen Haare kontrastierten heftig mit seinem blassen Teint. Okay, Mr. Baird ist immerhin auch schon 55 Jahre alt, aber als Iggy Pop Double wollen wir ihn bestimmt nicht sehen. Tourstress oder was steckte dahinter? Die Tour mit den britischen QUIREBOYS zog sich bislang innerhalb kürzester Zeit durch Holland, Schweden, Schweiz und Deutschland, geht dann weiter nach Norwegen und wieder Schweden... oh, Mann, da fragt man sich tatsächlich was der Gesundheit zuträglicher ist: der normale 8 Stunden-Job oder das Tourleben eines Rock'n'Roll Stars, der durch mittelgroße Säle und Clubs tingelt. Scheißegal, ähem, t'schuldigung, das führt jetzt zu weit... Dan Baird, Mauro Magellan, Keith Cristopher und Warner E. Hodges waren saugut drauf, oder ließen das enthusiastische Volk zumindest in diesem Glauben und rockten bis die Schwarte krachte, ganz so, wie man es von ihnen kennt. Vor knapp 5 Jahren im Duisburger 'Parkhaus' rockten sie das Haus ja ebenfalls schon auf unnachahmliche Weise. Unvergessen. Der neue Gitarrist Warner E. Hodges (JASON & THE SCORCHERS) ersetzte den alten Strategen Ken McMahan auf formidable Art und Weise, übertrieb es bei seinen Soli bisweilen allerdings mit seiner 'Rumpelstilzchen meets Neil Young-Attitüde' und zelebrierte seinen 'Gitarre-um-den-Körper-wirbeln'-Trick vielleicht ein oder zwei Mal zu oft, wie Kollege Epi schon aus Frankfurt zu berichten wusste. Volle Zustimmung, Epi. Da hatten es die britischen QUIREBOYS als sogenannter Top-Act schon verdammt schwer gegen Dan Bairds hausgemachten Sündenpfuhl anzustinken. Sie gaben sicherlich ihr Bestes, aber die Luft war nach dem Parforce-Ritt der Dan Baird-Clique schon ein wenig raus. Das Publikum reagiert zunächst recht verhalten und auch mir persönlich gefiel die etwas gelackte Performance der Engländer nicht ganz so gut. Alles kam etwas zu stylish, zu sehr durchgeplant und berechnend daher. Spike, der alte Pirat und König der heiseren Krähen, beschäftigte sich eine Spur zu oft mit seinem Outfit, rückte seine fette Gürtelschnalle gerade, stopfte die Zipfel seines weißen Hemdes stilgerecht in seine Jeans, prüfte den Sitz seines Freibeuter-Bandana ein ums andere Mal und leckte sich im Sekundentakt über die Lippen. Etwas zu affektiert, der Gute. Der Sound in der 'Zeche Carl' hätte einen Tick differenzierter rüberkommen können, geriet mitunter eine Spur zu laut bzw. zu scharf und höhenbetont, was selbst meinen rockerprobten Ohren ein unerwünschtes Zisseln einbrachte. Aber im Verlaufe des Gigs steigerten sich die Jungs, brachten ihre 'all-time-goodies' wie Misled; There she goes; Roses & rings; Hey you; 7 'clock; Sex party, wussten am Ende damit natürlich doch zu überzeugen, obwohl mir, ehrlich gesagt, die aktuelle Platte "Homewreckers & Heartbreakers", von der sie das hübsche Mona Lisa smiled, das krachende I love this dirty town und Late night saturday call brachten, beim Genuss auf der heimischen Stereoanlage weitaus besser gefällt, insbesondere das tolle Blackwater, das sie gestern Abend leider nicht zum Besten gaben. Der Abend endete dann noch recht versöhnlich, die Chorknaben ließen die Kirche schließlich doch nicht im Dorf und brachten das Publikum gegen Ende souverän auf ihre Seite. Klarer Punktsieger aber blieb Dan Baird & Homemade Sin.
Frank Ipach, 24.05.2009 Die GEORGIA SATELLITES und JASON AND THE SCORCHERS, zwei der besten Live Bands aller Zeiten, sind mehr oder weniger seit weit über einer Dekade Geschichte. Während Dan Baird seit 1993 mit wechselnden Begleitern einige beachtliche Alben veröffentlichte und immer wieder die europäischen Clubs beackerte, verabschiedete sich Jason Ringenberg sozusagen vom Rock'n'Roll. Herausgekommen sind dabei letztlich sogar zwei Alben, von Dan Baird und Hodges gemeinsam eingespielt. "Centerline", welches als Solo-Scheibe von Warner E. Hodges firmiert, geriet dabei zu einer unerwarteten Enttäuschung. Der Gitarrist, bei seiner ehemaligen Combo überwiegend auf das Songwriting seines Kollegen Jason Ringenberg angewiesen, schaffte es solo nur selten (Gimme, Gimme; Whole Lotta Fun, Hell To Pay), die Klasse seiner einstigen Stamm-Combo zu erreichen. On stage sollte sich nun zeigen, dass zwei Legenden nicht unbedingt miteinander harmonieren müssen. Hodges glänzte wie in alten Zeiten als "Brummkreisel" und lieferte eine Attacke nach der anderen mit seinen Telecastern ab, versank leider jedoch öfter mal im Soundgewirr. Wie der Kollege Frank Ipach schon bemerkte, sah Dan Baird ziemlich eingefallen aus. Man könnte auch sagen, krank. Seiner Leistung tat das zwar keinen Abbruch und nach der Show wirkte er auch wieder erholter, trotzdem war ich doch erschrocken über seine Erscheinung im Vergleich zu 2004 an gleicher Stelle. Musikalisch top, machte die ganze Band überhaupt einen leicht abgewrackten Eindruck. Hoffen wir, das es sich dabei nur um eine Momentaufnahme handelt. Auf die QUIREBOYS hatte ich eigentlich keinen großen Bock. 1990 oder 1991(?) hatte ich die mehrfach gesehen und fand die Shows damals eher aufgesetzt und langweilig. Na gut, wenn man denn schon vor Ort ist, kann man sich den Gig auch reintun. Und er war gut. Die erste Hälfte sogar sehr gut. Das Vermächtnis der FACES, des frühen Rod Stewart und der Frühsiebziger STONES nicht nur verwaltend, sondern mächtig groovend ins Volk rockend (I Love This Dirty Town), präsentierten sich die QUIREBOYS als kerniger Live Act. Wenn man einen Gang runterschaltete, funktionierte das leider nicht immer ganz so gelungen wie im Fall von Mona Lisa Smiled. Noch ein Wort zum Orte des Geschehens. Wie es scheint, geht es mit der Zeche Carl weiter. Nur wohin? Neue Wege sollten anders aussehen. Solche Gigs wie gerade beschrieben stelle ich mir an Plätzen mit wohliger Kneipenatmosphäre vor. Für Düstermänner aus der Gothic Szenerie mag die Zeche Carl einen Ort des Wohlgefallens darstellen, doch bei Sonnenschein vor der Türe sieht der Bau von außen als auch von innen eher deprimierend aus. Sicher haben es die Clubs schwer, sicher sind die Zeiten schwierig... aber muss man sich deshalb wie ein besseres Sch...haus präsentieren? |