Faith No More King For A Day... Fool For A Lifetime (Deluxe Edition) - Album Of The Year (Deluxe Edition), Warner Music, 2016 |
Mike Patton | Gesang | |||
Billy Gould | Bass | |||
Roddy Bottum | Keyboards | |||
Mike Bordin | Schlagzeug | |||
Trey Spruance | Gitarre (King For A Day... Fool For A Lifetime) | |||
Jon Hudson | GItarre (Album Of The Year) | |||
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King For A Day... Fool For A Lifetime (Disc 1) (56:47) | King For A Day... Fool For A Lifetime (Disc 2) (55:18) | |||
01. Get Out | 01. Evidence [Version en Español] | |||
02. Ricochet | 02. Absolute Zero | |||
03. Evidence | 03. Greenfields | |||
04. The Gentle Art Of Making Enemies | 04. I Started A Joke | |||
05. Star A.D. | 05. Spanish Eyes | |||
06. Cuckoo For Caca | 06. I Won't Forget You | |||
07. Caralho Voador | 07. Hippie Jam Song | |||
08. Ugly In The Morning | 08. Instrumental | |||
09. Digging The Grave | 09. I Wanna F**k Myself | |||
10. Take This Bottle | 10. Evidence [Versão em Português] | |||
11. King For A Day | 11. Digging The Grave (live) | |||
12. What A Day | 12. The Gentle Art Of Making Enemies (live) | |||
13. The Last To Know | 13. Interview | |||
14. Just A Man | ||||
Album Of The Year (Disc 1) (43:24) | Album Of The Year (Disc 2) (34:46) | |||
01. Collision | 01. Pristina (Billy Gould Mix) | |||
02. Stripsearch | 02. The Last Cup Of Sorrow (Roli Mosimann Mix) | |||
03. The Last Cup Of Sorrow | 03. She Loves Me Not (Spinna Main Mix) | |||
04. Naked In Front Of The Computer | 04. Ashes To Ashes (Hard Knox Alt. Mix) | |||
05. Helpless | 05. Light Up & Let Go | |||
06. Mouth To Mouth | 06. The Big Kahuna | |||
07. Ashes To Ashes | 07. This Guy's In Love With You (live) | |||
08. She Loves Me Not | 08. Collision (live) | |||
09. Got That Feeling | ||||
10. Paths Of Glory | ||||
11. Home Sick Home | ||||
12. Pristina | ||||
Anfang der 1990er Jahre war neben den Grunge-Acts wie NIRVANA, PEARL JAM und SOUNDGARDEN kaum eine Rock-Band so erfolgreich wie FAITH NO MORE. Mit ihrer Mischung aus Elementen von Metal, Funk und Pop waren sie die Helden einer ganzen Generation von Crossover-Bands. Ihre Songs wie Epic, From Out Of Nowhere, Midlife Crisis und das COMMODORES-Cover Easy brachten der Band weltweite Erfolge sowohl bei MTV als auch im Radio und millionenfache Plattenverkäufe ein. Doch schon während der Produktion von “The Real Thing“ und insbesondere bei “Angel Dust“ und der anschließenden Tournee traten die musikalischen Differenzen zwischen Gitarrist Jim Martin und dem Rest der Band immer offener zu Tage, so dass sich FAITH NO MORE und Martin trennten. Ein Schritt, der bei den Fans auf Unverständnis stieß, da der Gitarrist mit seiner lockigen Mähne, seinen übergroßen Brillen und seinem Spielstil zu den Favoriten der Anhänger gehörte.
Diese sahen ihre Befürchtungen wohl bewahrheitet, als FAITH NO MORE ihr erstes Album ohne Martin, “King For A Day… Fool For A Lifetime“, am 28. März 1995 veröffentlichten. Die Gitarre übernahm Trey Spruance, der zusammen mit Sänger Mike Patton auch in der Band MR. BUNGLE spielte. Die Aufnahmen gestalteten sich einmal mehr schwierig, weil Keyboarder Roddy Bottum nach zwei Todesfällen in Familie und Freundeskreis Teile der Aufnahmesessions verpasste. Dadurch wurden viele der Songs ohne Keyboards komponiert und dementsprechend auch aufgenommen. Der Sound des Albums geriet dadurch zum Teil kompromissloser und eindeutiger, weniger austariert. Die harten Stücke waren für FAITH NO MORE-Verhältnisse extrem hart mit einer noch deutlicheren punkigen Attitüde versehen (zum Beispiel bei Get Out), die ruhigen Songs dafür sehr melodiös – das beste Beispiel war die Hit-Single Evidence. In Stücken wie Cuckoo For Caca wird eine sehr radikale musikalische Ausrichtung eingeschlagen, die Patton während der Band-Auszeit mit dem All-Star-Projekt FANTOMAS (an dem Musiker von den MELVINS, SLAYER und MR. BUNGLE) einschlug.
Aber es ist gerade dieser diametrale Gegensatz zwischen laut und leise, zwischen energisch und relaxt, der “King For A Day… Fool For A Lifetime“ auch nach mehr als 20 Jahren immer noch zu einem spannenden und sträflich vernachlässigten beziehungsweise unterbewerteten Album macht. Tracks wie Ricochet, Star A.D. und die Country-Nummer Take This Bottle sowie der Titeltrack gehören zu den Highlights im FAITH NO MORE-Katalog. In dieser “Deluxe Edition“ bekommt der Fan zusätzlich zum regulären Album auch all die Songs zu hören, die in den damaligen Sessions aufgenommen, aber bislang nur als Single-B-Seiten oder auf Kompilationen erhältlich waren. Dabei gehört ein Track wie die Absolute Zero (Bonus-Song für die Japan-Version des Albums) aus meiner Sicht zu den Highlights von “King For A Day… Fool For A Lifetime“. Ein typisch stampfender FAITH NO MORE-Song mit tollem Gesang von Mike Patton, der den Song komponiert hatte. Der Hippie Jam Song erinnert mich hingegen stark an die RED HOT CHILI PEPPERS – vermutlich ein Grund, warum es der Song nicht auf das Album geschafft hat - während das Instrumental mit Gesang wohl einen tollen Song abgegeben hätte und I Wanna F**k Myself den Stil von Get Out und insbesondere Cuckoo For Caca fortsetzt.
Zudem setzten die Amerikaner ihre liebgewonnen Tradition der gelungenen Cover-Versionen fort. Hier nahmen sie sich den BEE GEES-Song I Started A Joke (sowohl musikalisch wie auch textlich geradezu ideal für FAITH NO MORE) sowie den Al Martino-Schmachtfetzen Spanish Eyes (herrlich vorgetragen von Patton) sowie Greenfields (von der Folk-Gruppe THE BROTHERS FOUR) vor. Die drei Lieder sind wie gewohnt hervorragend umgesetzt. Zusammen mit zwei weiteren Versionen von Evidence (auf Spanisch beziehungsweise Portugiesisch) sowie zwei Live-Versionen und einem Interview zu den Rahmenbedingungen, unter denen “King For A Day… Fool For A Lifetime“ entstand, liefern die Bonus-Stücke mehr als genügend Beweggründe, um sich das Album erneut ins heimisch CD-Regal zu stellen.
Und direkt daneben gehört auch die “Deluxe Edition“ von “Album Of The Year“, dem letzten Werk vor dem mehrjährigen Aus der Band. Mit Jon Hudson präsentierten FAITH NO MORE zudem wieder einen neuen Gitarristen, denn weder Trey Spruance (der “King For A Day… Fool For A Lifetime“ im Studio eingespielt hatte) noch dessen Live-Ersatz Dean Menta konnten die Lücke von Martin nach den Vorstellungen der anderen Musiker füllen. Zudem bedeutete es eine Rückkehr zum Sound von “Angel Dust“. So schreibt Bottum in den Liner Notes: „Wir hatten uns definitiv auf unsere musikalischen Wurzeln zurückbesonnen und schlugen auch dunklere Töne an wie auf “Angel Dust“. Im Rückblick wirkt es ungemein stark und ist ein zweifellos ein sehr produktives Kapitel für das, was wir grundsätzlich machen wollten“.
In Deutschland brachte das “Album Of The Year“ die Band wieder in gewohnte Chart-Regionen (Platz 2) und hielt sich insgesamt fünf Monate in der Bestenliste. Im Stammland der Band, den USA, war FAITH NO MORE jedoch kein großer Erfolg beschieden. Und das obwohl das Werk wirklich einige Kracher zu bieten hat: Collision trifft den Hörer wie ein Rammbock, die perfekte Mischung aus metallischer Härte und einem Chorus, den man einfach mitbrüllen muss. Ashes To Ashes, The Last Cup Of Sorrow und Stripsearch sind geradezu perfekte FAITH NO MORE-Singles, während Mouth To Mouth und She Loves Me Not genau der Stoff sind, der zu einem abwechslungsreichen Album gehören. Und bei dem Track Naked In Front Of The Computer beweist Patton in der textlichen Auseinandersetzung mit dem damals noch im Aufbau befindlichen Internet fast schon prophetische Gaben – wenn man bedenkt, dass es damals noch keine Hochgeschwindigkeitsnetze geschweige denn verbreitet ISDN oder ähnliche Standards gab.
Auch diese “Deluxe Edition“ hat wieder acht Bonus-Stücken spendiert bekommen. Darunter die Remixe zu den Tracks The Last Cup Of Sorrow, She Loves Me Not, Ashes To Ashes sowie Pristina, bei dem sogar Billy Gould selber die Hand angelegt hat. Dazu kommen noch zwei Live-Aufnahmen, die eine zum Album Track Collision (mit nur durchschnittlichem Sound) und ein Cover den Burt Bacharach-Klassikers This Guy’s In Love With You (wie immer grandios vorgetragen von Mike Patton). Zudem sind zwei „neue Stücke“ dabei, von denen insbesondere The Big Kahuna überzeugen kann. Insgesamt also wieder genügend Anreize, um sich von einem Zweit-Kauf des „Albums des Jahres“ (sofern man es schon besitzt) überzeugen zu lassen.
Schon kurz nach der Veröffentlichung von “Album Of The Year“ kursierten damals Gerüchte über eine bevorstehende Auflösung der Band, die sich dann im April 1998 bewahrheiteten. Nach einer elfjährigen Pause begannen FAITH NO MORE 2009 wieder ausgewählte Konzerte in der “Album Of The Year“-Besetzung zu spielen. Es dauerte dann jedoch bis 2015, bevor die Band mit “Sol Invictus“ ein neues Album veröffentlichte. Aber die Geschichte dieser bahnbrechenden und innovativen Band ist offenbar noch nicht zu Ende. Hoffentlich folgen noch viele spannende Kapitel wie “King For A Day… Fool For A Lifetime“ oder “Album Of The Year“.