Runrig

Filderstadt, Filharmonie, 06.10.2003

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Konzertbericht

Reviewdatum: 06.10.2003

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Redakteur(e):

Martin Schneider


Filderstadt, Filharmonie, 06.10.2003 Bildergalerie Runrig

Bereits zwei Stunden vor Konzertbeginn herrscht relativ großer Andrang vor der Filharmonie. Die RUNRIG-Fans, liebevoll 'Riggies' genannt, sind eine große Familie. Bekannte Gesichter wohin man auch schaut und sofort entwickeln sich Gespräche. 'Wie viele Shows hast du auf der Proterra-Tour schon gesehen?' Bist du auch in Glasgow und Edinburgh?' 'Was? London machst du auch noch?' 'Erinnerst du dich noch? Damals Leicester und auf der Loreley...'.

Kürsche Wenig später erweisen sich die Riggies in der proppenvollen Filharmonie als überaus gastfreundlich. Kürsche aus Hannover wird mit mehr als wohlwollendem Applaus bedacht. Würde der Singer/Songwriter, der sich alleine mit seiner Gitarre auf der viel zu großen Bühne abmüht, in Stuttgart auf der Königsstraße spielen, würden die Kinder Dreckklumpen nach ihm werfen. Konturlose Akustiksongs, die zum einen Ohr rein- und zum andern wieder rausrauschen, Suburbia von den PET SHOP BOYS, langweiliges Gebrabbel über Big Jim-Puppen... Ich orientiere mich relativ schnell Richtung Bierstand und halte dabei nach Dreckklumpen Ausschau...

Show intro RUNRIG erwischen einen Start nach Maß. From the north vom aktuellen "Proterra"-Album ist mit seinem düster-dramatsichen Spannungsaufbau der perfekte Opener. Warum eigentlich nicht auch auf der CD? Feuriges Rot durchschneidet die atmosphärische Blautöne der Lightshow während im Bühnenhintergrund schwarz-weiße Videoprojektionen ablaufen. RUNRIG kommen langsam aber gewaltig in Fahrt und zur absoluten Perfektion fehlt eigentlich nur noch etwas Bühnennebel. Haben RUNRIG eigenlich jemals mit Bühnennebel operiert? Ich kann mich nicht daran erinnern. 'Over land and sea' wispert Bruce Guthro das Credo des McDonald-Clans ins Mikrophon.
Dem aufbrausenden Jubel setzt die Band die harten Eröffnungsriffs von Day of days entgegen. Es tut den Schotten nur gut, dass sie auf den letzten beiden Alben streckenweise wieder eine etwas forschere Gangart eingeschlagen haben.

Bruce Guthro Immer wieder gerne gehört: Protect and survive, mit dem RUNRIG signalisieren, dass sie ihre Klassiker immer noch schätzen und in Ehren halten.
Big sky hat mich nie zuvor so überzeugt, wie an diesem Abend. Der Song hat ja doch dieses gewisse RUNRIG-Flair und wäre der perfekte Soundtrack um irgendwo an der schottischen Westküste zu stehen und aufs Meer hinaus zu schauen. Sehnsucht erwacht.

'There are thunder clouds round the hometown bay...' Portree erscheint vor meinem inneren Auge. Bruce Guthro wird zur überflüssigsten Person in der Filharmonie. Man fühlt sich wie im Fanblock von Celtic, doch statt Schmähgesänge für den Gegner, intoniert man gemeinsam das ergreifende Hearts of olden glory. '...there must a place under the sun, where hearts of olden glory grow young...' und der Hühne neben mir im Kilt wischt sich eine Träne der Rührung aus dem Augenwinkel, ehe sie in seinen Bierbecher fällt.

Bevor die Halle in Melancholie ertrinkt, kontern RUNRIG mit dem rhythmusintensiven treibenden An toll dubh, schon immer einer meiner Lieblingstitel. Bei der neuen "Proterra"-Version, wird deutlich, dass die Band gewaltige Fortschritte gemacht hat, was den Einsatz elektronischer Beats betrifft. Diese wirken nicht mehr als aufgepfropfte Fremdkörper, sondern sorgen lediglich für mehr Druck und Energie, ohne den ursprünglichen archaischen Folk-Charakter des Songs anzutasten. 'An Gaidheal 'sa leabaidh, An Gaidheal 'na shuain, Le èiginn ar n-eirigh às ar suain'

Runrig Siol Ghoraidh: Dramatisch, episch und mysteriös wie immer. Clangeschichte wird lebendig und man befindet sich mitten drin.
Ohne Verschnaufpause stürzt sich die Band in das harte Instrumental The engine room. Sehr viel besser lassen sich traditionelle Melodiebögen und harter Rock kaum miteinander verknüpfen. Vor allem live ein Killersong, der die Möglichkeit gibt sich instrumental auszutoben.

'It's time to calm down a little bit', verkündet Bruce Guthro und setzt dem emotionalen Höhenflug erst mal ein Ende. Es folgt mit der Akustikballade All the miles ein echter Guthro. Ganz nett, besser als das meiste seines Solomaterials, aber für meinen Geschmack zu wenig RUNRIG.

Calum McDonald Eine perfekte Einstimmung auf die sich direkt anschließende Drum-Session von Calum, Malcom, Iain and Bryan. Wie immer sorgt dieses Intermezzo für einen der Show-Höhepunkte. Es ist der Moment, in dem RUNRIG, ganz tief in die traditionelle, schottische Musik eintauchen. Großartig.
Auch beim Akustikmedley lässt die Band heute nichts anbrennen. Kurz Stepping down the glory road angestimmt, das sich perfekt als akustische Interpretation eignet. Every river, sonst eher langweilig, kommt auf das Notwendigste reduziert ebenfalls stark rüber, doch kein Vergleich zu Pride of the summer. Die Filharmonie wird zum Hexenkessel und das Publikum übernimmt wieder einmal den Leadgesang: 'Beat the drum, beat the drum, like a heartbeat, lonely and strong...' Ein echter Bandklassiker.

There's a need kommt überraschenderweise in einer deutlich anderen Version als auf der "Proterra"-Scheibe. Die harten, einleitenden Gitarrenriffs werden von Akustikgitarren übernommen und verlieren so an Schärfe. Einerseits schade, andererseits geleitet der Song einen so viel harmonischer aus dem Akustikblock heraus zurück zu den rockenden RUNRIG.

Rory McDonald 'Proterra, take this hand, the open wound, the promised land, breaking the waves, spread the oars, cast our badge for the shore...' Man muss schon etwas die Clangeschichte der McDonalds kennen um diesen Song in seiner vollen Tiefe zu erfassen, doch dann kann man sich seiner tiefemotionalen Magie kaum noch entziehen.
Die aktuelle Single Empty glens kommt live wesentlich spannender als in der Studioversion und passt sich hervorragend in die Show ein. Gleiches gilt auch für Running from the light, dem Song von "The stamping ground", ohne den die neue musikalische Stoßrichtung der Band undenkbar gewesen wäre.

Die Eröffnungssequenz von Skye jagt mir jedes mal einen Schauer über den Rücken. Auch einer meiner absoluten RUNRIG-Lieblingssongs, da in einem Stück kompakt alle Stärken der Band zusammengefasst sind. Hoffentlich ereilt diese Nummer nie das Schicksal von Alba und fällt irgendwann einfach unter den Tisch. Wie schon auf der letzten Tournee wird das Traditional Mairis wedding hervorragend integriert. Skye ist aber leider auch der Song, der bisher immer das Finale der Show einläutete.

Malcolm Jones The stamping ground ruft einem wehmütig in Erinnerung, dass das hervorragende "Proterra"-Vorgängeralbum etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Band und Publikum gehen noch einmal voll ab.
Das finale Maymorning, einer der besten Songs der Guthro-Ära kommt klasse. Der integrierte gälische Mitsingpart kommt klasse. Der Übergang zwischen den beiden Elementen wirkt ziemlich ruppig. Schade, aber das ist ein Problem, mit dem RUNRIG immer wieder mal zu kämpfen haben. Ein kleiner Schönheitsfehler, der die großartige Stimmung aber nicht groß trüben kann.

Diesem enthusiastischen Publikum Zugaben zu verweigern kann sich eigentlich keine Band erlauben und natürlich kommen auch RUNRIG mit dem Instrumentalstück Angels from the ashes noch einmal zurück. Irgendwo lustig: Keyboarder Brian Hurren spielt Blair Douglas. Der Ur-Keyboarder von RUNRIG hatte einen sehr individuellen Sound, den Brian Hurren bei diesem Stück - übrigens eine Blair Douglas-Komposition - perfekt imitiert.

Brian Hurren Danach folgt mit Rocket to the moon eine weitere faustdicke Überraschung. Keine Frage, ein toller Song vom Meisterwerk "The cutter and the clan", aber spontan würden mir ein gutes Dutzend Titel einfallen, die ich lieber gehört hätte. Auffällig aber, dass die Lightshow immer noch zu diesem späten Zeitpunkt im Konzert überraschende Aspekte zu bieten hat.
Vielleicht habe ich Loch Lomond inzwischen einfach zu oft gehört. Jedenfalls entfaltet die Nummer seit ein paar Jahren nicht mehr die selbe Magie, wie früher. Trotzdem würde etwas fehlen, würden RUNRIG den Song nicht mehr spielen. Noch einmal erhält Filderstadt die Möglichkeit sich in einem ausgedehnten Singalong-Part auszutoben.

Book of golden stories beschließt das Konzert endgültig und setzt noch einmal ein deutliches Ausrufezeichen hinter einen mehr als gelungen Auftritt. Der Song wird in einer genialen Akustikversion präsentiert, die das elektrische Original locker in den Schatten stellt. Keyboarder Brian Hurren erntet für seinen Gesangspart 'standing ovations' und stielt damit am Schluss noch Bruce Guthro die Show.

Runrig Nach starken zwei Stunden ist dann endgültig Schluss. Kompliment! Das Konzert war mit Abstand die überzeugendste Live-Darbietung, die ich von RUNRIG erlebt habe, seit Bruce Guthro in der Band ist. Ich freu mich schon auf die Konzerte in Edinburgh und Glasgow im Dezember.

Besonderer Dank an:
Andy (Runrig Fanclub), Michael Golla (Pressekoordination Deutschland) und Mark Green (Tourmanagement), ohne die diese Konzertberichterstattung nicht möglich gewesen wäre.

Martin Schneider, 10.10.2003

 

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