Titel |
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01. Blue Ocean |
02. A Place In Your World |
03. The Loss Inside |
04. More |
05. Kayla |
06. Geronimo |
07. You Are Not Alone |
08. Forever In A Daze |
09. Love Letter |
10. Peaceful Harbor |
11. Crawl |
12. Infinite Fire |
13. Cosmic Symphony |
14. The Storm |
15. Mask Machine |
Musiker | Instrument |
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Casey McPherson | Gesang & Gitarre |
Steve Morse | Gitarre |
Dave LaRue | Bass |
Neal Morse | Keyboards & Gesang |
Mike Portnoy | Schlagzeug & Gesang |
In diesen vermaledeiten Corona-Zeiten sind es wohl die Konzerte, die uns Musik-Fans aber auch den Musikern selbst derzeit am meisten fehlen und die wir schmerzlichst vermissen. Und da zumindest ich nicht wirklich etwas mit so genannten Auto-Konzerten anfangen kann, greife ich dann lieber auf Auftritte aus der Konserve zurück. Und natürlich freue ich mich dann, wenn ich dabei nicht nur auf die bereits vorhandenen DVDs oder Blurays zurückgreifen muss, sondern tatsächlich auch wieder etwas „frisches“ im Player landet. Und in diesem Fall freue ich mich gleich doppelt, denn hierbei handelt es sich um einen besonderen Leckerbissen: die neue Live-Scheibe der FLYING COLORS.
Die Progressive-Rock-Supergroup um Gitarrist Steve Morse (DEEP PURPLE), Keyboarder Neal Morse (Ex-SPOCK‘S BEARD, TRANSATLANTIC) und Schlagzeuger Mike Portnoy (Ex-DREAM THEATER, WINERY DOGS, SONS OF APOLLO) hat es sich zu einer schönen Tradition gemacht, nach jedem Album eine (leider meist kleine) Tournee zu spielen und dabei einen der Auftritte mitzuschneiden und aufzuzeichnen. So gab es bislang die Live-Dokumente “Live In Europe“ (nach dem Debüt) und “Second Flight: Live At The Z7“ und auf das bislang jüngste Studiowerk “Third Degree“ folgt nun also die Doppel-CD und DVD (wahlweise auch BluRay) namens “Third Stage: Live In London“. Der Mitschnitt zeigt das knapp zweistündige Abschlusskonzert der bislang jüngsten Europa-Tour.
Aufgezeichnet wurde am 14. Dezember 2019 im legendären Shepherd‘s Bush Empire, einem wunderbar stimmungsvollen viktorianischen Theater, das an diesem Abend und aus diesem Anlass ausverkauft war. Viele Gadgets wie eine ausgeklügelte und hochkomplexe Lichtshow oder irgendwelche großartigen Aufbauten haben die fünf Musiker gar nicht nötig. Zwei Raiser (einer für das Keyboard, einer für das Schlagzeug) und eine mittelgroße Video-Leinwand, auf der zu den Liedern passende Bilder eingeblendet werden, reichen der Band vollkommen aus, um ein spannendes und begeisterndes Konzert zu bieten.
Denn bei diesen beteiligten Musikern gilt: im Mittelpunkt steht immer die Musik. Geboten wurde eine ausgewogene Mischung an Songs, die alle drei Studio-Alben der Band abdeckt. Dabei wird auch nachdrücklich klar, dass die FLYING COLORS sich eine ganz eigene Klang-Nische im Bereich des Prog-Rock geschaffen haben. Sie klingen eben nicht wie eine Mixtur aus den Bands, denen die Musiker entstammen, sondern haben sich einen ganz eigenen Sound geschaffen. Natürlich erkennt der Fan den Gitarren-Sound von Steve Morse sofort, aber er spielt eben hier ganz anders als bei DEEP PURPLE oder den DIXIE DREGS davor. Und auch Neal Morse schreibt für diese Band eben ganz anders als für seine anderen zahlreichen Projekte – und Mike Portnoy hält sich mit komplexen Fills, Breaks oder allzu donnernden Passagen auffällig zurück. Dafür tritt er hier verstärkt als Co-Sänger in Erscheinung.
Denn viel stärker als zahlreiche andere Bands im Prog-Bereich verleihen die FLYING COLORS ihrer Musik einen eingängigen Pop-Anstrich, sei das bei einem Song wie Kayla oder Love Letter, den man auch Tage nach dem Hören nicht mehr aus den Ohren bekommt, oder aber bei Peaceful Harbor, bei dem man selbst vor dem heimischen Fernseher einfach nicht anders kann, als zusammen mit dem Publikum lauthals die Melodie am Ende des Songs mitzusingen. Aber man könnte auch all die anderen Songs auf dieser Scheibe heranziehen, um daran exemplarisch zu erklären, was diese Band so besonders macht. Und vieles davon hat neben dem wirklich durch die Bank exzellenten Songwriting mit dem einfühlsamen Gesang von Casey McPherson zu tun, der jede Geschichte mit Leben füllt und dessen Stimme sich mit denen von Neal Morse und Mike Portnoy in den Chor-Passagen ganz wunderbar ergänzt.
Das Geschehen an diesem Abend wurde – passend zur Leistung auf der Bühne – auch drumherum wunderbar eingefangen. Aus zahlreichen Winkeln wird dem Zuschauer ein exzellenter Eindruck der Spielfreude und Musikalität, derer die Fans an diesem Abend beiwohnen durften. Wohl in keinem Song ist das mehr evident, als in Infinite Fire, der vielleicht auch der typischste Prog-Song an diesem war. Der Sound könnte aus meiner Sicht etwas mehr Druck vertragen, er bildet aber jedes der Instrumente sehr gut hörbar ab, so dass es es trotzdem ein wirklicher Genuss ist, sich diese Scheibe auch konzentriert unter dem Kopfhörer zu widmen.
Zum Glück haben die FLYING COLORS an ihrer noch kleinen Tradition festgehalten und präsentieren uns auch nach Studio-Album Nummer drei das (zumindest gefühlt) dazugehörige Live-Werk. Wem diese exakt zwei Stunden musikalisches Feuerwerk nicht zumindest mächtigen Respekt abnötigen, der kann offenbar mit progressiv ausgerichteter Rockmusik nicht viel anfangen. Denn hier sind fünf großartige Könner am Werk, aber vielmehr noch sind es offenbar auch fünf Freunde, die eine gemeinsame musikalische Vision teilen und die gerade auch deswegen so überzeugend und mitreißend auf dieser Doppel-CD und DVD rüberkommen. Daher kann man nur froh sein, dass die FLYING COLORS uns diese Corona-bedingte Konzert-Pause so kurzweilig überbrücken. Denn von dieser Band kann man wirklich kaum genug bekommen.