Frank Carillo

"Das Internet ist wie der Wilde Westen"

( English translation by Google Translation by Google )

Interview

Reviewdatum: 04.01.2006

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Redakteur(e):

Frank Ipach

Ralf Stierlen


Frank Carillo
"Das Internet ist wie der Wilde Westen", Interview

Frank Carillo (55), Musiker vom alten Schlage und Meister seines Fachs, ver?ffentlichte vergangenen Sommer sein hervorragendes Soloalbum "Bad Out There" und beeindruckte einen Teil unserer Roots-Rock-affinen Redaktion derart, dass sich das HoR nun geehrt f?hlt, gemeinsam mit Encore Booking, die im Januar beginnende Deutschland-Tour Carillos zu pr?sentieren.
Um Euch diesen in Deutschland leider nicht allzu bekannten Musiker ein wenig n?her zu bringen, unterhielten sich die Kollegen Stierlen und Ipach ein wenig per e-mail mit dem fantastischen S?nger und Gitarristen aus Amerika.

Hooked on Music: Hi Frank, sch?n mit dir zu reden... lass uns zun?chst einmal ?ber Deine musikalische Vergangenheit plaudern. Hattest Du schon als Teenager die klare Zielsetzung professioneller Musiker zu werden? Oder dachtest Du auch daran einen anderen Job zu ergreifen?
Frank Carillo: Nein, ich hab niemals einen anderen Job in Erw?gung gezogen. Ich wusste schon sehr fr?h ganz genau, was ich werden wollte; deshalb komnnte ich es auch kaum erwarten, die Schule hinter mich zu bringen.

HoM: Du bist nun seit ?ber 30 Jahren im Business. Hast Du es jemals bereut Profimusiker geworden zu sein? Hast Du jemals gedacht "Heilige Scheisse, ich hab die Schnauze voll von diesem Leben."
F.C.: Bereut habe ich es nie Profi zu sein, obwohl ich zu manchen Gelegenheiten schon die Schnauze voll hatte. Es ist eben leider der gesch?ftliche Teil des Business, der manchmal doch sehr erm?dend ist. Ich hatte wirklich einige Hochs und Tiefs, doch die H?hepunkte haben die Tiefschl?ge immer ausgeglichen.

HoM: Du hast in deiner 30-j?hrigen Geschichte immer einige mehr oder weniger gro?e L?cken gehabt, hast w?hrend der Jahrzehnte nicht ?berm?ssig viele Plattenver?ffentlichungen gehabt. Was hast Du denn in der Zwischenzeit gemacht, mal abgesehen von den Projekten mit GOLDEN EARRING, Anouk und GOLDEN CARILLO?
F.C.: Ich hab immer Songs geschrieben, habe ein paar K?nstler produziert und Session-Arbeit im Studio erledigt. Ich hab es geschafft, mit einigen Abstrichen, mit beiden Beinen im Business zu bleiben. Es war mir stets wichtig Musik zu machen, egal ob f?r mich selbst oder f?r andere K?nstler.

HoM: Du hast mit einer Menge gro?artiger Musiker gearbeitet. Welche davon war die beeindruckendste Kooperation und mit wem w?rdest Du gerne mal zusammenarbeiten, wenn Du die freie Wahl h?ttest?
F.C.: Die Zusammenarbeit mit Peter Frampton auf seinen ersten beiden Platten war schon gro?artig, insbesondere die Sessions mit Ringo (Starr) und Billy Preston. Mit den Jungs von GOLDEN EARRING arbeite ich auch immer wieder gerne zusammen. John Hammond war auch toll.
Ich w?rde wohl gerne mal mit John Hiatt, mit Paul Weller oder auch mit Lucinda Williams zusammenarbeiten. Chris Rea w?re auch nicht schlecht... Und mit David Hidalgo von den LOS LOBOS w?rde ich liebend gern mal ein paar Songs schreiben.

HoM: Hast Du neben der Musik noch andere Interessen? Wie verbringst Du deine Freizeit?
F.C.: Die meiste Teit verbringe ich wohl mit meiner Familie. Au?erdem les ich ein wenig und schreibe eigentlich st?ndig an irgendwelchen Songs. Und ich liebe indische Musik, da besch?ftige ich mich derzeit mit dem fantastischen Sitar- und Tablaspieler Kinnar Seen.

HoM: Was inspiriert Dich bei und w?hrend des Songwritings?
F.C.: Ach, eigentlich alles. Aktuelle Geschehnisse, meine Frau oder auch wenn ich anderen Musikern zuh?re. Wenn ich mal ein wenig faul umhertrotte, leg ich mir eine meiner Lieblings-CDs auf und f?hl mich meistens so anget?rnt, dass ich selbst zur Gitarre greife und mir irgendwas ausdenke.

HoM: Du warst fr?her schon mal in Deutschland. Hast Du gute oder schlechte Erinnerungen bez?glich unserer Kultur, unserer Landschaft, unseres Essens oder ?hnliches?
F.C.: Ich hab gro?artige Erinnerungen an Deutschland. Ich hab mal in Frankfurt was abgemischt und mit den Sound-Engineers (die beiden Tommys) in ein paar Kneipen rumgelungert. Au?erdem hab ich schon in unterschiedlichen St?dten gespielt und fand das Publikum imnmer recht aufgeschlossen.
Ja, und Eure deutsche K?che mag ich auch ziemlich gern... eigentlich nur gute Eindr?cke. Ein durch und durch sch?nes Land... die St?dte haben eine immense Geschichte und die Landschaften sind sehr beeindruckend.

HoM: Was machst Du zwischen den Gigs, wenn Du auf Tour bist? Entspannen, Sightseeing, alte Kumples treffen oder neue Leute kennenlernen?
Welche Musik bevorzugst Du, wenn Du mit dem Bus von einer Stadt zur n?chsten unterwegs bist?
F.C.: Alles von dem oben genannten. Was die Musik angeht, kann es alles von GREEN DAY bis Tom Waits bis Ravi Shankar sein. Es h?ngt davon ab, wer als erster den CD-Player in die Finger bekommt.

HoM: Da Du schon ewig im Business t?tig bist, wie w?rdest Du das Musikgesch?ft im Gegensatz zu fr?her beschreiben?
F.C.: Die Musiker heutzutage tun mir schon ein wenig Leid. Es gibt nicht mehr so viele Clubs, um dort zu spielen, um dein Handwerk von der Pike auf zu lernen. Die grossen Plattenfimen sind nicht mehr so risikobereit und kaum daran interessiert langfristige Karrieren zu f?rdern. Die Indie-Labels sind diejenigen, die die Augen aufsperren und das Business am Leben halten. Und was jetzt grad mit dem Internet so abgeht, tja, das ist wie der Wilde Westen. Die gro?e Freiheit. Alles ?ndert sich st?ndig und du kannst dich nicht auf Altbew?hrtem ausruhen. Du musst die Augen aufhalten und Ausschau halten.

HoM: Man sagt eurem U.S.-Publikum nach, es sei nicht so arg an handgemachter roots-orientierter Rockmusik interessiert. Es gibt in Europa scheinbar ein gr?sseres und loyaleres Publikum f?r diese Art von Musik. Wie denkst Du dar?ber?
F.C.: Das europ?ische Publikum scheint wirklich mehr Respekt vor Roots-Musik zu haben. Sie verehren die ?lteren K?nstler und sind trotzdem offen f?r neue Bands. Das ist f?r mich eine gesunde Haltung.
Aber ich sch?tze mich gl?cklich, dass das Echo auf "Bad Out There" zuhause auch ziemlich gro?artig ist. Wir sind vom Radio akzeptiert worden und werden im neuen Jahr auch die Staaten bereisen. Ich hab da ein ganz gutes Gef?hl.
Die Major-Companies vergessen offenbar immer, dass ein nicht kleiner Teil des Publikums gar nicht an Top 40-Musik interessiert ist. Aber das Publikum findet seine Musik immer auf die eine oder andere Art und Weise. In dieser Hinsicht ist das Internet extrem hilfreich.

HoM: Lass uns mal ?ber Deine neue Platte sprechen. Wie haben sich die Produktionsanteile zwischen Dir und deinem Co-Producer Paul Orofino aufgeteilt?
F.C.: Paul und ich arbeiten schon seit Jahren zusammen. Es war alles total einfach, es gab ?berhaupt keine Spannungen. Genau so, wie ich es mag. I don't like drama.
Paul ist ein absolut brillanter Produzent/Engineer. Ich wusste was ich wollte und Paul hat die gleiche Wellenl?nge... so haben wir uns die Ideen zugespielt und was sich am besten anh?rte, haben wir genommen. Au?erdem hatten wir noch einen hochtalentierten jungen Sound-Engineer namens Chris Cubeta mit dabei.
HoM: Was war Dir am wichtigsten w?hrend der "Bad Out There"-Produktion? Welcher Sound schwebte Dir vor?
F.C.: Ich wollte einen vollmundigen, warmen Sound mit dieser gewissen musikalischen Spannung. Aber w?hrend du aufnimmst verselbst?ndigen sich die Sachen oftmals und wenn's dann irgendwie passt und gut klingt, versucht man diesen Faden weiterzuspinnen.
HoM: Wie hast Du das Album aufgenommen? Habt ihr die Basic Tracks 'live in the studio' aufgenommen oder gab's eine Menge Overdubs?
F.C.: Wir hatten alles in einem Raum aufgebaut. Chris Cubeta spielte ein wenig Piano und Gitarre w?hrend wir die Basic Tracks aufnahmen. Ungef?hr die H?lfte aller Vocals sind 'live' eingesungen. Allzu viele Overdubs gab es nicht. Ein paar Gitarren und ein paar Ges?nge und das gelegentliche Keyboard.
If you don't z.B. wurde aufgenommen, als ich Piano spielte und sang. Ich dachte, es sei ein Probelauf, aber Paul hatte es aufgenommen. Hey, und es passte alles, das war's. Menschen, die miteinander Musik machen... was f?r ein grandioses Konzept.
HoM: Waren Deine Songs schon komplett ausgearbeitet oder habt ihr im Studio noch die eine oder andere Jam-Session gestartet?
F.C.: Die Songs waren soweit schon komponiert. Ich hab sie den Jungs vorgespielt und wir haben sie dann gemeinsam ausgearbeitet. Am liebsten mag ich es, wenn die Kumpels mit mir gemeinsam an den Songs arbeiten. Da sie alle so gut sind, entsteht dadurch immer wieder mal die eine oder andere neue Dimension.

HoM: Es gibt auf dem Album einen ganzen Haufen elektrischer und akustischer Gitarren, alles sehr vollmundig. Ich stell es mir ganz sch?n schwierig vor, dies alles auf der B?hne umzusetzen. Was ist denn z.B. mit den Piano-St?cken? Wirst Du diese Songs live in einem v?llig anderen Arrangement pr?sentieren?
F.C.: Einige Songs haben schon ein ver?ndertes Arrangement, aber nicht sehr extrem. Mein Bruder Andrew spielt ja jetzt mit uns, deshalb verf?gen wir f?r die Tour ?ber eine weitere Gitarrre. Der Sound wird ziemlich fett. Er passt absolut gut auf die B?hne.
HoM: Wie wird Euer Live-Set-Up aussehen?
F.C.: Schlagzeug, Contrabass (bei einigen St?cken elektrischer Bass), Percussion und zwei Gitarren. Elektrische und akustische und elektrische Dobro. Na, und Gesang nat?rlich.
HoM: Was werdet Ihr au?er den "Bad Out There"-Songs noch spielen?
F.C.: Ein, zwei Songs von meinen ?lteren Alben und ein paar Songs aus meiner Jugendzeit. Sachen die mich damals schon anmachten. Und m?glicherweise auch die eine oder andere ?berraschung.

HoM: Wie sehen Deine Zukunftspl?ne aus? Wird es ein weiteres 'Bandoleros'-Album geben?
F.C.: Aber klar doch. Ich hab 'ne Menge geschrieben, so ungef?hr 20 Songs schon wieder. Ich komponiere noch ein paar Sachen und dann suchen wir das Beste f?r die neue Platte heraus.

HoM: Hast Du unseren Lesern abschlie?end noch etwas zu sagen?
F.C.: Bleibt am Ball, Leute. H?rt Musik. Bleibt offen f?r alles. Es gibt 'ne Menge grandioser Musik da draussen. Manchmal muss man ein bisschen sieben, um die Diamanten herauszupicken, aber es lohnt sich.
Vielen Dank f?r eure Aufmerksamkeit. Thanks for talking to me, folks.

HoM: Frank, wir danken f?r Deine Geduld und w?nschen Dir alles Gute f?r die anstehende Deutschland-Tour. Man sieht sich...

Frank Ipach, 04.01.2006

Ralf Stierlen, 04.01.2006

 

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