Utopia, Magnificent Three Music/Eigenlabel, 2008 | ||||
Jeff Lane | Guitars, Bass, Keyboards, Lead & Backing Vocals | |||
Jim Nahikian | Drums | |||
| ||||
01. Prelude | 07. Call To Arms | |||
02. Metropolis | 08. Conditioning | |||
03. Elementary | 09. Before The Court | |||
04. Another Day | 10. Escape | |||
05. Alexander's Lament | 11. The Knight | |||
06. The Dream | 12. Winter | |||
HEART OF CYGNUS ist ein US Prog Rock Duo, bestehend aus den Musikern Jeff Lane und Jim Nahikian. Beide fanden sich in LA bereits zu Highschoolzeiten zusammen und spielten dort unregelmäßig jedwelche Coversongs. Erst nachdem 2005 ihr Prelude fertig gestellt war, wandten sie sich dem Prog Rock zu. Dennoch würde ich HEART OF CYGNUS nicht unbedingt als eine reinrassige Prog Band bezeichnen. Natürlich sind der Ansatz und vor allem die Liebe dazu den beiden Jungens neidlos anzuerkennen, doch aalen sie sich genauso gut auch im Hard Rock der frühen 70er!
Der etwas extravagante Bandname resultierte übrigens aus Jim Nahikians Hobby; der Astrologie. Irgendwann las er von der Sternenkonstellation "Cygnus" und nicht weit danach war, zusammen mit Jeff Lane, der Name der Band geschaffen. Mit RUSHs Longplayer "Cygnus X-1" hatte diese Findung, obwohl diese Alternative wohl gerade von RUSH-Fans diskutiert wird, angeblich nichts gemein.
Wie ich schon sagte, sind HEART OF CYGNUS nicht direkt mit den "richtigen" Proggern vergleichbar. Die Band bleibt sowohl Mellotron- als auch Frickelfrei, setzt vielmehr auf klare und zugleich raffinierte Arrangements, vereint hochkarätige NWoBHM-Elemente mit stampfenden, an QUEENSRYCHE und RUSH erinnernde, Bass und Drums; wirft ungeniert und auf überaus sympathische Weise ein QUEEN und ein URIAH HEEP Riff nach dem anderen in die Waagschale und zaubert daraus eine Melange, die bislang jeden Hörer in Staunen versetzte!
"Utopia" gliedert sich in das Konzeptwerk "Utopia Book One" und zwei zusätzliche, wunderschön angeproggte Songperlen. Wenden wir uns zunächst dem Konzeptteil des Albums zu: "Utopia Book One" verschmilzt zehn einzigartige Takes mit klasse eingefügten Samples zu einem wirklich fantastischen Gesamtwerk. Im Prelude, beginnend mit zarter Akustik Gitarre, wird schon wenige Augenblicke nach dem Intro klar, wohin die Reise geht. Hier noch eher in der Manier Frühsiebziger Hardrockbands, leitet ein Sample über zum rasanten Metropolis. Die prägnant gespielte "Brian May-Gitarre" vereint sich innerhalb kürzester Zeit mit HEEPschen Vokalharmonien (zu Zeiten von "Look At Yourself") und düstere, RUSH ähnliche, Sequenzen paaren sich wenig später mit sägenden NWoBHM Gitarren. Metropolis ist ein wilder Ritt durch die Geschichte der Rockmusik ohne jemals einfallslos zusammen geklaut zu wirken. HEART OF CYGNUS verschmelzen immer nur kleine Retro-Fetzen (siehe bzw. höre Elementary) mit ihren eigenen Ideen, durchwirken ihr Konzept mit mal finsteren, mal kristallklaren Vokalparts und hauchen ihrer Musik damit ein Leben ein, das sich zu ergründen mehr als nur lohnt. Da gibt es kein unendlich-selbstverliebtes DREAM THEATER Geniedel und auch keine Double Bass Vollbedienung a la OPETH und Konsorten, sondern immer perfekt arrangierte Musik (Another Day), die in manchem Song eine ganz andere Wendung nimmt, als anfangs gedacht.
Eine kleine Akustik-Perle finden wir in Alexander's Lament. Zarte Gitarren untermalen den fast klagend-melancholischen Vokalpart bis sich ab dem letzten Drittel des Songs der Sample seines Intros fortsetzt und zu The Dream überleitet. Auch diese Nummer beginnt eher verhalten, weiß sich aber mit sägenden Gitarren und flirrenden Keyboards furios zu steigern um dann wieder sehr verhalten auszuklingen.
Im Übrigen, das sei noch gesagt, bewegen wir uns hier innerhalb von eher kurzen Nummern, die nur selten die Vier-Minuten Grenze übersteigen. Es ist vielleicht die wirkliche Kunst der beiden Jungens jeden Song, auch ohne ausufernde Gitarren- oder Keyboardpassagen, auf den Punkt zu bringen.
A Call To Arms setzt das "Utopia Book One-Konzept" mit gebotener Härte und auf angenehm frische Art und Weise fort. Auch hier findet sich kurz wieder ein "Brian May Gedächtnis Lick", ehe ein weiterer Sample Conditioning einleitet. Trübe und schwer schleppt sich dieser Song zunächst dahin, steigert sich dann mit sägenden Gitarren und nicht zu breiten Keyboardwänden zu einer weiteren herausragenden Nummer!
Fetzende Metal-Attacken leiten Before The Court ein und lassen die Nummer ungestüm nach vorne preschen. Mit spannenden Arrangements, harten Riffs und kernigen Vocals versehen macht die Nummer aber auch unmissverständlich klar, dass wir uns dem Ende von "Utopia Book One" nähern. Und so hat Escape als Epilog von "Utopia Book One" nochmals die Gelegenheit kurz und prägnant den roten Faden dieses Konzeptwerkes aufzunehmen um dann, wie ein Kometenschauer, langsam zu verglühen.
Dem Album-Konzept angenähert sind die beiden letzten Nummern, die beide über hoch interessante Songstrukturen verfügen und beide mit fast schon Beatles-ähnlichen Harmoniegesang überraschen. Während The Knight nach zartem Akustik-Intro eine etwas härtere Gangart einschlägt und bisweilen so richtig das kleine Prog-Ferkel vom Stapel lässt, präsentiert sich Winter zunächst als eine ausgeglichen ruhige, harmoniebetonte Nummer, der man sich, so einfach wie sie ist, bedingungslos hingeben möchte. Anfangs melancholisch bis ins Bein, scheint sie tatsächlich eher etwas für die kommenden, dunkleren Tage zu sein, an denen man sich des Abends gerne in den Lehnstuhl setzt um sich bei Glühwein und Kerzenschein seiner Schwermut hinzugeben...
Aber auch Winter wartet mit härteren, teilweise sogar eisigen Tönen auf; verschärft die Gangart des ruhigen, getragenen Beginns erst zu einer wogenden Melodie um dann gleich darauf mit sägenden Gitarren dem Glühweintrinker einen regelrechten Dolchstoß zu versetzen. So ganz nebenbei bauen HEART OF CYGNUS dann auch noch Vokalparts ein, die auf ihre unbekümmerte Art so tun, als wäre die Ermordung des Glühweintrinkers das normalste auf der Welt. Ein böses Gitarrensolo sticht sogar noch ein zweites Mal zu, um ja sicher zu gehen, dass der Tod unabwendbar ist. Nachdem der Blick des im Lehnstuhl Sitzenden starr wird und die Kerzen bleiern zerschmelzen, klingt Winter genauso verhalten aus, wie es begann. So, als wäre nichts gewesen...
Mit "Utopia" haben zwei junge Musiker auf vielfältigste Art und Weise der (Halb-) Prog-Welt gezeigt, dass es sich immer noch lohnt, auch "kleine", im Eigenvertrieb erscheinende Alben, ernst zu nehmen und zu ergründen. HEART OF CYGNUS dürften innerhalb der Prog-Hard-Rock-Szene bald schon einen dicken Stein im Brett haben. Sicherlich wird dazu auch die ungewöhnlich schöne und aufwändige Cover Art ihren Beitrag leisten, die aus dem Album ein regelrechtes Gesamtkunstwerk macht.
"Utopia" ist ein unwahrscheinlich facettenreiches, ganz starkes Album, dem ich innerhalb der Musikwelt eine möglichst weite Verbreitung gönne. Dass HEART OF CYGNUS bedauerlicher Weise immer noch ohne Plattenvertrag herum irren ist in unserer, von unsäglicher Kakophonie geprägten Welt (ich weiß, ich wiederhole mich) wohl schon normal. Hofieren wir also weiterhin irgendwelche, mit Goldketten und Brillantuhren behangene, möglichst farbige Möchtegern-Superstars oder dritt- und viertklassige Nu-Metaller, denn die haben sich das mehr als nur verdient...
Natürlich tun sich Bands wie HEART OF CYGNUS schwer mit einer weltweiten Vermarktung. Deshalb ist es umso mehr wieder einmal der Verdienst von "just for kicks" die Scheibe europaweit anzubieten. Zu einem Preis, der mehr als fair ist!
Und das allerbeste: Für 2009 steht schon HEART OF CYGNUS' zweites Album in den Startlöchern. Ohne mich aufdrängen zu wollen, würde ich an dieser Stelle schon freundlichst um Berücksichtigung bitten! :-)