Jeffrey Foucault Horse Latitudes, Signature Sounds Recording Company, 2011 |
Jeffrey Foucault | Acoustic guitar, Vocals | |||
Jennifer Condos | Electric Bass | |||
Bill Conway | Drums | |||
Kris Delmhorst | Cello, Vocals | |||
Eric Heywood | Pedal steel, Baritone & Electric Guitars | |||
Van Dyke Parks | Piano, Accordion, Hammond Organ | |||
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01. Horse Latitudes | 06. Goners Most | |||
02. Pretty Girls In A Small Town | 07. Everybody's Famous | |||
03. Starlight And Static | 08. Idaho | |||
04. Heart To The Husk | 09. Passerines | |||
05. Last Night I Dreamed Of Television | 10. Tea And Tobacco | |||
Der in Whitewater,Wisconsin, geborene Singer/Songwriter Jeffrey Foucault lebt seit vielen Jahren mit seiner Frau Kris Delmhorst, die selbst eine renommierte Singer/Songwriterin ist, in den Berkshire Mountains in Massachusetts und ist seit langem, ob solo, im Duett mit Mark Erelli oder als Teil des Trios Redbird (Jeffrey Foucault, Kris Delmhorst und Peter Mulvey) fester Bestandteil der Neuengland-Folkszene. Wobei sein neues Werk "Horse Latidudes" klar legt, dass es falsch ist, den Mann auf akustische Folkmusik festzulegen. Aber dazu später mehr.
Seit seinem Debüt im Jahre 2001 ("Miles From The Lightning") hat Jeffrey inklusive der beiden Redbird- Scheiben acht CDs veröffentlicht. Voriges Jahr waren es gar zwei Platten , die der Singer/Songwriter eingespielt hat: Mit dem Songwriter Mark Erelli zusammen gab es mit "Seven Curse" eine Sammlung von Murder-Ballads und mit "Cold Satellite" eine Kooperation mit der Lyrikerin Lisa Olstein. Für die Gitarristen unter den Hooked-On-Music-Lesern sei noch erwähnt, dass Jeffrey bei seinen Live-Auftritten vor allem auf seine Martin Gitarre, Baujahr 1948 vertraut.
Die Besetzung von "Horse Latitudes" ist schlichtweg sensationell: Am Bass ist Jennifer Condos zu hören, die im letzten Jahr auf der großartigen CD "God Willin' And The Creek Don’t Rise" von Ray LaMontagne den Bass zupfte. Das tat sie auch schon für z.B. Bruce Springsteens "The Ghost Of Tom Joad" oder für Ryan Adams ("Gold"). In den Neunzigern war sie außerdem Bass- Frau bei TITO & TARANTULA. Eric Heywood war ebenfalls an der CD von Ray LaMontagne beteiligt. Neben Bob Egan von der kanadischen Countryrockband BLUE RODEO ist Eric Heywood einer der interessantesten jüngeren Pedal Steeler. Seine Discographie liest sich wie ein Who is who? der alt.country-Szene: JAYHAWKS, Joe Henry, SON VOLT, FREAKWATER, Richard Buckner, um nur einige zu nennen. Bill Conway war zusammen mit Frontmann Mark Sandman und Bariton- Saxophonist Dana Colley die Alternative Rock Band MORPHINE. Vorher hatte er mit Mark Sandman in der Band TREAT HER RIGHT gespielt. TREAT HER RIGHT war eine der interessantesten Bands aus Boston, die einen energischen "Punk-Blues" zelebrierten. Van Dyke Parks ist als Produzent und als Arrangeur eine Legende. Vor allem seine Rolle bei dem damals nicht veröffentlichten "Smile"-Album der BEACH BOYS und seine musikalische Verbindung zu Brian Wilson machten ihn zu einer nicht ganz unumstrittenen Kultfigur.
Das 5 ½ Minuten lange Titelstück eröffnet den Reigen der 10 Songs. Bass, dezente Drums und nach 15 Sekunden Pedal Steel und akustische Rhythmusgitarre legen die Grundlage für Jeffreys dunkle Stimme. Ganz grandios ist bei dem Song die Steel von Eric Heywood, mal flüstert sie, mal untermalt sie mit kräftigen Countrylicks den Gesang. In zwei Soli in der Mitte und am Ende des Songs gibt Eric Gas und zeigt, dass er mehr drauf hat als die traditionelle Spielweise. Viel von der Dynamik des balladenhaften Songs wird durch die Pedal Steel erzeugt. Bei Pretty Girl In A Small Town wird die Pedal Steel durch Einsatz einer Tremolo-Effekts verfremdet. Der Song ist mehr Rock als Folk. Bei Starlight And Static wird das Tempo wieder raus genommen. Die ersten 1:30 Minuten des Songs müssen sogar ohne Schlagzeug auskommen. Das Pedal Steel Solo ist zwar kurz, aber berückend gut. Wunderbar ist die Untermalung der Steel durch Cello und Klavier. Bei Heart To The Husk ist es eine einzelne akustische Gitarre, die die Basis legt. Im Refrain wird Jeffreys Stimme durch die von Ehefrau Kris unterstützt. Wie auch die folgenden beiden Songs ist Heart To The Husk eine sehr ruhige Ballade. Für Last Night I Dreamed Of Television tauscht Eric Heywood die Pedal Steel gegen eine normale E-Gitarre. Sein Solo ist kurz aber prägnant.
Everybody’s Famous lebt sehr stark von der Dynamik: Anfangs wird der Gesang von Jeffrey Foucault nur dezent von Akustikgitarre und Orgel begleitet. Später kommen Bass, Drums und eine E-Gitarre dazu und die Band rockt. Nach einem kurzen Gitarrensolo wird die Spannung wieder aus dem Song genommen, um sie langsam wieder aufzubauen. Ganz wehmütig und melancholisch kommt Idaho daher. Van Dykes Klavierfigur verstärk dieses Gefühl. Jeffreys Stimme sorgt für Gänsehaut. Ein Akkordeon im Hintergrund. Und die Pedal Steel betont mit sparsamen Mitteln die Stimmung des Songs. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Melodie von Passerines (eine bestimmte Art von Vögeln) den Freund guter Singer-/Songwritermusik kalt lässt. Mich hat sie gleich beim ersten mal gefangen genommen und nicht wieder losgelassen. Mein Lieblingssong von Jeffreys neuer Scheibe. Auch hier wieder eine kongeniale Interpretation der Melodie durch die Pedal Steel und das Cello. Das ist einfach großes Songwriter-Kino. Den Text habe ich noch nicht so ganz entschlüsselt. Aber das geht mir mit den meisten Lyrics von "Horse Latitudes" ähnlich. Für mich klingen sie sehr poetisch, aber das soll sich jeder Hörer selbst erschließen. Die CD endet mit dem ruhigsten Song: Tea And Tobacco wird nur von einer zart gezupften Akustikgitarre begleitet: "Tea and tobacco / Whiskey from a tin cup / When I had one good coat / I was warm". Der letzte Song ist lange nicht so dunkel wie die Songs davor. Die CD endet versöhnlich.
"Horse Latitudes" ist eine Platte, die ich wahrscheinlich auch in 10 Jahren noch gern auflegen werde. Definitiv ist sie von den diesjährigen Neuerscheinungen, die den Weg in meinen CD- Player gefunden haben, bisher eine der Besten. Ganz große Kunst ist es, wie das Allstar- Ensemble von großartigen Instrumentalisten sich der inneren Dramatik der Song unterordnet und mit oft sehr sparsamen Mitteln wunderbare Stimmungen erzeugt. Der eigentliche Star der CD ist Jeffreys Stimme. Die mochte ich schon immer, aber so gut wie auf "Horse Latitudes" hat sie mir bisher noch nicht gefallen. Für alle Freunde von Singer-/Songwriter-Musik, Rootsrock, Americana, alt.country usw. ist Jeffrey Foucaults 2011er ein Pflichtteil.