Joan Armatrading This Charming Life, Hypertension, 2010 |
Joan Armatrading | Vocals, Guitars, Bass, Keyboards | |||
Miles Bould | Drums | |||
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01. This Charming Life | 07. Diamond | |||
02. Love Love Love | 08. Promises | |||
03. People Who Win | 09. Virtual Reality | |||
04. Two Tears | 10. Best Dress On | |||
05. Heading Back To New York City | 11. Cry | |||
06. Goddess Of Change | ||||
"In schwierigen Zeiten wie diesen, sollten wir uns bewusst sein, was wir haben und das zu schätzen wissen". Joan Armatrading hat gut Reden, so wirklich schlecht, also zumindest im finanzieller Hinsicht, dürfte es ihr seit ca. 30 Jahren nicht mehr gegangen sein. Okay, sie war in den frühen Achtzigern sicherlich noch etwas erfolgreicher und verkaufte mehr Platten. Doch mit ihrem letzten hochgelobten Album "Into The Blues" katapultierte sie sich wieder ins Rampenlicht zurück und bestritt erfolgreiche Tourneen.
Nun folgt, bis auf die Drums (Miles Bould) erneut mehr oder weniger im Alleingang eingespielt, ihr Nachfolger "This Charming Life", auf dem sie einen Positivismus propagiert, der prinzipiell sicherlich lobenswert ist, aber von vielen Menschen als solch plattes Postulat nicht hingenommen werden kann: "Egal wie schwierig Situationen auch sind, es könnte immer noch schlimmer kommen". Sicher doch, aber Hartz IV oder eine stattliche private Insolvenz sind letztlich kaum zu toppen, ganz zu schweigen von unheilbaren Krankheiten und dergleichen.
Nun, Frau Armatrading meint's ja nur gut, die Sichtweise ist auch locker entschuldbar und als Albumaufhänger keineswegs grundsätzlich verkehrt. Wie Joan Armatrading ihre Gedanken allerdings in musikalische Formen gießt, macht da schon eher nachdenklich. Ein (Rock-)Album steht und fällt schließlich auch mit seinem Sound und der bleibt auf "This Charming Life" - um es vorsichtig zu formulieren - mehr als speziell. Joan darf man wohl durchaus als gute Gitarristin bezeichnen, doch auf ihrer guten alten Ovation 12-String hat sie mir seinerzeit besser gefallen.
Wenn das Album allenthalben als zünftiges Rockalbum apostrophiert wird, dann kann ich hier nur die Stirn runzeln. Was Armatrading hier bietet ist nicht mehr als bemühter Pseudo-Rock, der wohl ihrem totalen Alleingang geschuldet sein dürfte. Hätte sie einen kompetenten Berater hinzugezogen, einen Produzenten mit Weitblick und gutem Ohr, wäre so einen grottenübler Plastikgitarrensound wohl nicht auf Platte erschienen. Welcher stilbewusste Gitarrist spielt heutzutage mit so einem Sound? Mir fällt da niemand ein. Das klingt nach Achtziger Jahre Transistormüll mit einer billigen Distortion-Tretmine. Das verleidet mir persönlich das komplette Album. Schade eigentlich, denn die Bandbreite der Titel erinnert teilweise an alte kompositorische Höchsleistungen der 1950 auf der Karibikinsel St. Kitts geborenen Britin. Der Titelsong als Albumopener macht da schon einiges her, das hat noch einen gewissen Charme (bis auf das Solo), doch dieses hohe Niveau wird im Grunde dann nicht mehr ganz erreicht. Armatradings neues Album kann man letztendlich nur denen empfehlen, die sich mit diesem etwas sterilen und irgendwie zusammengestoppelten Gesamtsound anfreunden können. Beim nächsten Mal wäre Joan sicherlich eine ordentliche Band zu wünschen, die ihre Kompositionen mit etwas mehr Stilbewusstsein und individueller Prägung ausgestalten.