Joe Bonamassa, Frankfurt, Jahrhunderthalle, 13.10.2011 |
Das Konzert stand für den Schreiber dieser Zeilen zunächst mal unter keinem guten Stern. Obwohl sehr frühzeitig losgefahren wurde es durch mehrere Staus auf den Autobahnen um Frankfurt (ich kam mir schon vor wie Herbert Grönemeyer in Mambo bei der Zeile „haben die kein Zuhause? Ich will zu Dir“) und dann auch noch ein defektes Navigationsgerät, das mich eigentlich sicher und direkt zur Jahrhunderthalle hätte führen sollen, aber einfach seinen Geist aufgab. Da kann man schon mal ein wenig den Autofahr-Blues bekommen. Aber eine Viertelstunde vor Konzertbeginn erscheint sie dann doch noch, die Jahrhunderthalle. Dabei fällt sofort auf, dass die Kennzeichen der Autos auf dem Parkplatz nicht nur aus dem Frankfurter Großraum stammen. Angesichts der Tatsache, dass Bonamassa dieses Mal nur zwei Konzerte in Deutschland gibt, sind zahlreiche Anhänger aus dem Süden, Westen und Osten der Republik nach Frankfurt gepilgert. Und damit kann einem wunderbaren Konzertabend nix mehr im Weg stehen. Zu Beginn des Konzerts ist die Halle zu zwei Dritteln gefüllt. Dabei ist das Publikum extrem heterogen. Hier treffen älteren Blues-Afficionados auf Herren im Sakko, Gitarren-Jünger auf Jungs in Baggy-Pants, Rocker und Metal-Fans auf teilweise eher typisches Kultur-Publikum, das sich die Zeit bis zum Auftritt am liebsten mit Sekt im Foyer vertreibt und darauf wartet mit einem Klingeln daran erinnert zu werden, das gleich ein Konzert stattfindet. Zum Aufwärmen bekommt diese bunte Mischung hier aber Rosanna von TOTO und dann zur ersten Überraschung schon fast in Konzertlautstärke 2 Minutes To Midnight von IRON MAIDEN durch die Gehörgänge geblasen. Kaum sind die letzten Töne der Eisernen Jungfrauen verklungen, erfolgt auch schon beim Einstieg eine weitere Überraschung: der Cradle Rock - im Original von Rory Gallagher und der Opener der ersten Bonamassa-CD “A New Day Yesterday“ – bringt die Halle direkt auf Touren. Bonamassa betritt im Anzug, Sonnenbrille und mit Lackschuhen die Bühne und zieht sofort die Aufmerksamkeit magisch auf sich. Bei seiner Zweitband BLACK COUNTRY COMMUNION ist er auf der Bühne mehr der Sidekick neben dem geborenen Entertainer Glenn Hughes, aber hier ist er der Star. Und im Gegensatz zur BCC genießt er das offensichtlich und ist voll und ganz in seinem Element. Aber das Hauptaugenmerk und der Grund warum sich die Menschen hier versammelt haben, ist sein Gitarrenspiel: Ton, Feeling und Phrasierung sind perfekt und machen deutlich, warum Bonamassa derzeit der wohl beste und populärste Blueser dieses Planeten ist. Schon ab dem dritten Stück, dem Gary Moore-Tribut Midnight Blues gibt es Szenen-Applaus nach dem Solo. Ansonsten herrscht aber meist andächtige bis ungläubige Stille während der Songs. Diese wird nur vom Applaus zwischen den Liedern unterbrochen, denn ein großer Kommunikator ist Bonamassa nicht, da lässt er lieber seine Gitarre sprechen. Dabei ist es egal, ob es die zumeist benutzte elektrische (und hier überwiegend die Les Paul) oder aber die akustische Gitarre ist, beiden entlockt er phantastische Melodien und mitreißende Läufe. Ein Bonamassa-Konzert ist ein Gourmet-Menü für Gitarren-Fans. Erst nach rund 45 Minuten (mal abgesehen von zwei kurzen „Thank Yous“) wendet er sich an das Publikum und bedankt sich für das zahlreiche Erscheinen. Dabei berichtet er auch von seinem ersten Auftritt in Frankfurt, zu dem damals vor 8 oder 9 Jahren wohl nur 24 Personen erschienen und die angeblich auch nur, weil es ein großes Bier umsonst zur Karte dazu gab. Von da leitet er dann dazu über, dass er einmal ganz nah dran war, einen richtigen großen Hit zu haben. Und den gibt es dann: The Ballad Of John Henry in einer Version, die man nur als beseelt und großartig bezeichnen kann. Das ist schon ein moderner Blues-Klassiker. Großartig ist auch Bonamassas Begleitband. Dabei beeindruckt vor allen Dingen die Rhythmus-Sektion aus Basser Carmine Rojas und Schlagzeuger Tal Bergman. Rojas groovt sehr smooth und unaufgeregt, während Bergman das Ganze mit ordentlich Druck aufmischt. Da kann Keyboarder Rick Melick phasenweise nicht mithalten und so sind seine Tasteninstrumente an manchen Stellen kaum hörbar. Das wird im Laufe des Konzerts aber schnell besser. Und man merkt auch, dass die Chemie zwischen die vier Musikern stimmt, sie haben ganz offensichtlich Spaß und dieser überträgt sich auch ganz spontan auf das Publikum. Im Mittelpunkt des Abends steht dieses Mal das Solo-Werk des Gitarren-Gottes, ergänzt um einige Cover-Versionen. Bonamassa bietet vor allen Dingen Stücke von den letzten Studio-Alben “Dust Bowl“, “Black Rock“ und “John Henry Days“, die er in der Jahrhunderthalle aber etwas rockiger und extrovertierter als auf den CDs darbietet. Damit schließt er denn auch den Kreis zu seiner Frühphase, in der er ja eher an andere junge Wilde wie Rory Gallagher oder Stevie Ray Vaughan erinnerte. Insofern ist es schon eine verwunderliche Wandlung, die Joe Bonamassa in den vergangenen Jahren durchgemacht hat. War er bis zu “You And Me“ eben noch ein eher „nerdiger“ Blueser, der sich keine besonderen Gedanken um sein Auftreten machte (damals kam er noch in lässiger Kleidung und strähnigen Haaren auf die Bühne), so ist er nun die Leuchtfigur des Blues mit entsprechendem Auftreten und Aussehen. Auch musikalisch hat er sich vom aufstrebenden Talent zum etablierten Superstar entwickelt. Wo immer Bonamassa auftaucht sind die Hallen voll, die CD-Regale leer und die Münder des Publikums offen. So auch an diesem Abend in Frankfurt, als sich Bonamassa zum ersten Mal verabschiedet, müssen einige Zuschauer erst einmal auf die Uhr schauen, um zu realisieren, dass bereits fast zwei Stunden verflogen sind. Aber trotz einer sich anbahnenden Grippe (wegen der er anschließend auch einige Auftritte absagen muss) lässt sich Bonamassa nicht lange bitten und hängt noch zwei Zugaben an das Set dran. Nach Cheap Sunglasses von ZZ TOP ist dann aber Schluss und rund 2500 restlos zufriedene Fans verlassen die Halle. Wer nicht dabei war hat definitiv etwas Großes verpasst. In dieser Form ist Bonamassa die Gegenwart und die Zukunft des Blues und der Maßstab, an dem sich auch die anderen Großen messen müssen. Für ein solches Erlebnis würde der Schreiber auch jederzeit wieder die Staus rund um Frankfurt in Kauf nehmen. Vielen Dank an dieser Stelle an noch Alexandra von Another Dimension für die Akkreditierung. |