Joe Henry Reverie, Anti, 2011 |
Joe Henry | Vocals, Acoustic Guitar | |||
Keefus Ciancia | Piano | |||
David Piltch | Upright Bass | |||
Jay Bellerose | Drums | |||
Guests: | ||||
Marc Ribot | Acoustic Guitar, National Ukulele | |||
Patrick Warren | Pump Organ | |||
Jean McClain | Backing Vocals | |||
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01. Heaven's Escape | 08. Tomorrow Is October | |||
02. Odetta | 09. Piano Furnace | |||
03. After The War | 10. Deathbed Version | |||
04. Sticks & Stones | 11. Room At Arles | |||
05. Grand Street | 12. Eyes Out For You | |||
06. Dark Tears | 13. Unspeakable | |||
07. Strung | 14. The World & All I Know | |||
Wenn jemand behauptet, Joe Henrys Musik gehe ohne Umwege ins Herz, dann kann ich das nicht nachvollziehen. Natürlich, ich mag Joe Henry ja auch, aber seitdem er seine alt.-country Phase, damals noch mit den Jungs der JAYHAWKS, hinter sich ließ und mit "Trampoline" sein erstes angeschrägtes Album veröffentlichte, brauche ich immer einige Anläufe, um mit Joes Musik zu verschmelzen.
Auf seinem neuen Opus "Reverie" (zu Deutsch: "Träumerei") beginnt Mr. Henry seinen Songreigen mal wieder schroff und kantig. Seine allseits bekannten und beliebten Mitstreiter, der großartige Jay Bellerose am Schlagzeug, der nicht minder begabte David Piltch am Bass und der inventive Pianist Keefus Ciancia bereiten dem Hörer den Einstieg kühl und etwas stolpernd und polternd. Jay Bellerose kickt hier sein Drum-Set schon recht ungewöhnlich. Ciancia scheint um die eine oder andere Dissonanz nicht verlegen und Joe Henrys verwitterte Stimme bleibt zunächst die einzig vertraute Konstante. Das ganze Szenario erinnert schließlich auch an den anderen knurrenden Freigeist, Tom Waits.
Mit dem anschließenden Odetta gelingt Joe Henry dann sogar der direkte Durchbruch, verweist der Song doch auf eine ganz simple und eingängige, ja, freundliche Linie. In der Folge durchforstet Joe Henry aber lieber die Untiefen der Melancholie, der Nachdenklichkeit, betrachtet und seziert Befindlichkeiten und Umstände, vertraut auf die poetische Kraft seiner Worte und verlässt sich auf die musikalische Außergewöhnlichkeit seiner Mitmusiker, zu denen sich in einigen Songs auch der alte Tom Waits Sidekick Marc Ribot gesellt, um sogleich einen Track wie das umwerfend gefühlvolle Tomorrow is October zu einem der Glanzpunkte dieses Albums zu gestalten.
Joe Henry hat in den letzten Jahren zweifellos seinen ureigenen Stil entwickelt, ein von außen mitunter etwas ziellos wirkender Balanceakt zwischen Jazz und Blues und Singer-Songwriter, der bei näherem Hinsehen, besser gesagt Hinhören, trotz aller Brüche und Risse eine große Vielfalt und Tiefe entwickelt und dem Hörer ein bewundernswertes Staunen darüber abringt, dass dieser Mann es letztlich doch immer wieder schafft, den Hörer für sich zu gewinnen.