Johannes Berthold

Narrenturm

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 06.07.2003
Jahr: 2003

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Redakteur(e):

Martin Schneider


Johannes Berthold
Narrenturm, Caipiranha Records, 2003
Johannes Bertholdalle Instrumente und Stimmen
Produziert von: Johannes Berthold Länge: 49 Min 38 Sek Medium: CD
1. Intro8. Lunatics
2. Erster Tag9. Totgeburt
3. Die Moribunden10. Der Arzt hilft
4. Nächtliche Zweifel11. Zurück
5. Am nächsten Tag12. Letzer Tag
6. Halbleviathan (333)13. Die Moribunden (Club-Mix)
7. Wasser/Seele14. Lunatics (Extended Version)

Der Narrenturm: 1784 in Wien als erstes psychiatrisches Krankenhaus erbaut, beherbergt das Gebäude seit 1971 das Pathologisch-Anatomische Bundesmuseeum. Doch die Vergangenheit ist es, die die schaurige Faszination des Gebäudes ausmacht.

Bei seiner Errichtung wurden zahlenmystische Berechnungen zu Grunde gelegt und Hobby-Nummerologen dürfen sich gerne mal damit beschäftigen, was es mit fünf Stockwerken, achtundzwanzig Fenstern je Etage, vier seperaten Blitzableitern und keiner Wasserversorgung auf sich hat.

Letzere Begebenheiten haben durchaus ihren praktischen Nutzen. Die Blitzableiter sollten nicht etwa das monumentale Bauwerk schützen sondern die Energie für besondere Therapierungsmethoden liefern und Wasser, war im Narrenturm ohnehin verpönt, sah man in dem lebensspendenen Element doch eine der Ursachen für die Krankheitsbilder der Patienten.

Dieses Szenario inspirierte Johannes Berthold, Sänger von ILLUMINATE, zu seinem ersten Soloalbum. Er schildert die Geschichte eines Patienten des Narrenturms, wobei Teile der Handlung aus Sicht des behandelnden Arztes nachgezeichnet werden.

"Narrenturm" ist eins dieser Werke, für das man sich Zeit nehmen sollte und am Besten auch mal einen Hördurchgang mit Kopfhörern in völliger Abgeschiedenheit vornimmt.
(Ach ja? Der Redaktion gefriert schon so das Blut in den Adern)
Aber Vorsicht: "Narrenturm" ist eins der finstersten und bedrohlichsten Alben, das mir je untergekommen ist.
(Noch ein Grund, sich das Ding nur ja nicht alleine anzuhören - die Redaktion greift zu ihren alten Pumuckel Platten!)

Was noch harmlos mit Erster Tag seinen hoffnungsvollen Anfang nimmt, verwandelt sich mit fortschreitender Behandlung in einen bedrückenden Albtraum.

Johannes Berthold setzt dabei vor allem auf neoklassische Arrangements, Sprach- und Geräuschsamples und verschiedene Stimmlagen für die unterscheidlichen Charaktere.
Musikstücke im eigentlichen Sinne befinden sich so gut wie gar nicht auf "Narrenturm", wenngleich bestimmte Themen immer wieder auftauchen. Nein, hier geht es darum Atmosphäre zu schaffen, die die Fantasie des Hörers beflügeln soll, wenn er mit den Protagonisten in die Welt das Narrenturms eintaucht.

Das gelingt Berthold auf beeindruckende Weise. Beklemmung, Hilf- und Hoffnungslosigkeit macht sich breit, wenn man die arme, verlorene Patientenseele auf ihrem Weg begleitet. Nie klang ein 'Ich will ihnen doch nur helfen' gefährlicher und bedrohlicher, als auf diesem Album. Selbst beim an sich harmlosen 'Es geht mir gut, mein Schatz' sträuben sich einem mit der Zeit die Nackenhaare.

Ein hochklassiger, angsteinflößender, intensiver musikalischer Horrortrip.

Martin Schneider, 06.07.2003

 

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