John Peel

Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt

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Buch-Review

Reviewdatum: 01.01.2000
Jahr: 2006
Verlag: Rogner & Bernhard

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Redakteur(e):

Frank Ipach


John Peel
Memoiren des einflussreichsten DJs der Welt, Rogner & Bernhard, 2006
ISBN: 3-8077-1021-3
Umfang: 558 Seiten
Preis: 24,90 € zzgl. Versandkosten

Nach der erfreulich kurzweilig angelegten Lektüre der John Peel-Biografie ertappt man sich unweigerlich bei dem Gedanken, man habe über eine ausgestorbene Spezies gelesen, einem Relikt aus der verblassenden Vergangenheit eines Mediums namens Radio. Die Radiolandschaft in England, aber sicherlich auch in Deutschland, zeigte sich seinerzeit (in den 60's und 70's) noch ein wenig offener, liberaler und risikofreundlicher als heutzutage, wo der interessierte Musikfreak sich mit Schaudern vom Formatradio abwendet und sein Heil und seine Informationen lieber in diversen Internet-Foren, Podcasts und Weblogs sucht.
Ja, das waren noch Zeiten, faselt man so vor sich hin, und denkt an seine eigene bundesdeutsche Radio-Teenagerzeit, als man allwöchentlich gespannterweise auf Sendungen wie "Rock in" oder "In Between" (WDR 2) wartete, um heiße Trends, frische Strömungen oder einfach auch nur Neuigkeiten von seiner Lieblingsband zu erfahren.
Ähnlich ging es den Teenies und jungen Erwachsenen in England, denen John Peel mit seinen diversen Radiosendungen ein breitgefächertes Forum verschaffte, um sich in der Welt jenseits des Hitparaden-Rocks einen eigenen Pfad zu suchen.

John Peels persönlicher Pfad durchs Leben war zunächst auch kein einfacher, musste er doch als 1939 geborener mit dem Krieg, mit der Scheidung seiner Eltern, dem Aufenthalt in verschiedenen Privatschulen, dem Stumpfsinn innerhalb der englischen Armee und diversen anderen Widrigkeiten des täglichen Lebens umzugehen lernen. Insbesondere die Schilderungen Peels über krasse Brutalitätsausbrüche seiner älteren Mitschüler, die sogar in sexueller Nötigung mündeten und die vordergründigen Moralvorstellungen einer britischen Bildungstätte in Frage stellten, lassen den Leser über die offenbar unversehrte psychische Stärke Peels staunen.
Peels skeptische Haltung gegenüber Konventionen zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben und machte ihn schließlich auch als Radiomann ziemlich einzigartig. Eine Art Don Quichote der Ätherwellen, unermüdlich in seinem Einsatz für junge talentierte Musiker und Bands, die die herkömmlichen Soundvorstellungen in Frage stellten und zu neuen Ufern aufbrachen. Ufer, die John Peel in seinen rund vierzig Radiojahren mittels unterschiedlichster Sendungsformate auch immer wieder selbst ansteuerte.

Peel schreibt seine Biografie mit leichter Hand, würzt seine manchmal etwas ausufernden Schilderungen mit Witz und Ironie und auch mit dem Understatement eines Mannes, der im Grunde nie etwas um den Peel-Personenkult gab, sondern stets hörernah und hörerfreundlich agierte, weil er wusste, dass die eigentliche kreative Saat im Schoße der Musiker keimte und er sich nur als Gärtner dieser blühenden Landschaft verstand. Insofern klingt der englische Originaltitel des Buches "Margrave Of The Marshes" auch etwas sinnfälliger, als der hölzerne und großspurig angelegte des deutschen Verlages Rogner & Bernhard.

Der zweite Teil dieses unterhaltsamen Buches wurde gezwungenermaßen von Peels Ehefrau Sheila verfasst, die sich nach dem überraschenden Tode Peels am 25. Oktober 2004 in Peru aufmachte, ihre eigenen Erinnerungen und die Tagebücher ihres Gatten zu durchforsten, um die von Peel immer wieder aufgeschobene und nicht als sonderlich wichtig erachtete Biografiearbeit zu vollenden.
Das Buch erfährt hier zwar einen leichten Bruch, weil sich durch den plötzlichen Perspektivwechsel und den veränderten Schreibstil völlig neue Türen öffnen. Doch Ehefrau Sheila Ravenscroft gelingt es, auf ihre ganz eigene, weibliche und warmherzige Art, Johns Lebensweg weiter zu zeichnen. Ein stets arbeitsamer Weg, der gegen Ende der Sechziger, als Sheila noch lange nicht Peels Ehefrau war, so richtig interessant wurde, weil John durch seine Radioarbeit zunehmend begann, mehr Einfluss auf Musiker unterschiedlichster Couleur zu nehmen. Doch Frau Ravenscroft-Peel verlegt sich in ihren Schilderungen nicht auf Voyeuristisches, hier wird kein Celebrity-Schmus erzählt, sondern nur vorsichtig die Macken des einen oder anderen Musikers beleuchtet. Insbesondere Peels Freundschaft zu Marc Bolan (T. REX) wird hier auch und gerade wegen ihres unrühmlichen Endes kritisch beäugt.
Sheila berichtet natürlich auch über Familieninterna, streift die Verschrobenheiten ihres Ehemannes, weiß Interessantes über die vier Sprößlinge des Ehepaares zu berichten, und bringt uns so ein Stück näher an Familie Ravenscroft heran. Im Grunde eine fast alltägliche, sechsköpfige, britische Familie.
Ansonsten geht Sheila eher etwas unkritisch mit den Lebensaktivitäten ihres geliebten Ehemanns um. Wer kann es ihr verdenken?
Doch wenn eines am Ende des Buches über allem strahlt, ist es die bedingungslose und offensichtlich sehr ehrliche Liebe zwischen Sheila und John Ravenscroft. Eine Liebe, die über dreißig Jahre hielt und John Peel sicherlich das Erreichen seines heutigen Status als Kultfigur des Radios ermöglichte und erleichterte.

Frank Ipach, 28.01.2007

 

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