Johnny Cash At San Quentin - Legacy Edition, Sony BMG, 2006 (Columbia, 1969) |
Johnny Cash | Vocals, Guitar | |||
June Carter Cash | Vocals | |||
Marshall Grant | Bass | |||
W.S. Holland | Drums | |||
Carl Perkins | Electric Guitar, Vocals | |||
Bob Wootton | Electric Guitar | |||
The Carter Family (Mother Maybelle, Helen & Anita) | Vocals, Guitars | |||
The Statler Brothers (Harold Reid, Don Reid, Phil Balsley, Lew Dewitt ) | Vocals | |||
| ||||
CD 1: | ||||
1. Blue Suede Shoes - Carl Perkins | 10. Medley: The Long Black Veil / Give My Love To Rose | |||
2. Flowers On The Wall - The Statler Brothers | 11. Folsom Prison Blues | |||
3. The Last Thing On My Mind - The Carter Family | 12. Orange Blossom Special | |||
4. June Carter Cash Talks To The Audience | 13. Jackson - Johnny Cash & June Carter Cash | |||
5. Wildwood Flower - The Carter Family | 14. Darlin' Companion - Johnny Cash & June Carter Cash | |||
6. Big River | 15. Break My Mind - The Carter Family | |||
7. I Still Miss Someone | 16. I Don't Know Where I'm Bound | |||
8. Wreck Of The Old 97 | 17. Starkville City Jail | |||
9. I Walk The Line | ||||
CD 2: | ||||
1. San Quentin | 8. The Outside Looking In - Carl Perkins | |||
2. San Quentin | 9. Less Of Me - The Statler Brothers | |||
3. Wanted Man | 10. Ring Of Fire - Johnny Cash with The Carter Family | |||
4. Restless - Carl Perkins | 11. He Turned The Water Into Wine | |||
5. A Boy Named Sue | 12. Daddy Sang Bass | |||
6. Blistered | 13. The Old Account Was Settled Long Ago | |||
7. (There'll Be) Peace In The Valley | 14. Closing Medley: Folsom Prison Blues / I Walk The Line / Ring Of Fire / The Rebel-Johnny Yuma | |||
Ja, es ging stark auf Weihnachten zu und wer heutzutage noch Weihnachtsgeld erhält, muss das ja auch wieder unter die Leute bringen. Filmkonzerne und Schallplattenfirmen waren da von jeher sehr engagiert.
Aus dem Hause Sony wird die Johnny-Cah-Postum-Veröffentlichungsserie am Laufen gehalten. "Johnny Cash At San Quentin" ist mal wieder angesagt. Hoppla, denk' ich mir. Hatte ich nicht erst vor ein paar Jahren endlich und erstmals "The Complete 1969 Concert" erstanden? Remastert und eben mit all den Songs die auf der 1969er LP nicht waren. Außerdem ohne nervende Piepser, die die unschicklichen Worte auslöschten.
Ja, das hat schon richtig Spaß gemacht und macht es noch immer regelmäßig.
Aber jetzt ist man schon wieder einen Schritt weiter, und so gibt es nun die "Legacy Edition", als Doppel-CD plus eine DVD. Jetzt wird das Konzert also noch kompletter, denn das ganze Brimborium drum herum, wie THE CARTER FAMILY, die STATLER BROTHERS sowie ein par Songs mit Carl Perkins - was halt damals so zum Tross von Johnny gehörte - sind nun auch mit an Bord. Respektive im Knast.
Inwieweit man das braucht, muss jeder selbst für sich entscheiden. Schön aufgemacht - wie üblich bei den Legacy Editionen - ist das Teil allemal. Mehrfach aufklappbares Digipack im Plastikschuber, mit 32-seitigem Booklet und außerdem wurde noch eine DVD beigefügt, die jene Fernsehdokumentation des englischen Fernsehens enthält, die am Konzerttag gedreht wurde. Warum man allerdings das Coverbild beschnitten hat, bzw. größer gezoomt, ist mir nicht ganz plausibel.
Zunächst noch mal kurz zur CD. Das Album ist ja ein Klassiker, ein Meilenstein der Country Musik und der Livemitschnitte überhaupt. Ich weiß, wie mich schon als Knabe diese LP aus dem Fundus meiner älteren Brüder begeisterte. "At Folsom Prison" mag Cashs erstes 'Gefängnisalbum' gewesen sein und es spielte ja auch noch der legendäre Luther Perkins die Leadgitarre, aber "At San Quentin" hat doch noch eine ganz andere Atmosphäre. Die ist, meine ich, regelrecht spürbar. Allein die "Stimmung" bei dem Lied San Quentin ist der Wahnsinn, und dass es Johnny Cash gleich zweimal hintereinander spielt spiegelt diese außergewöhnlichen Minuten wohl am deutlichsten wieder.
Das erstmals aufgeführte A Boy Named Sue wurde sogar in den Pop-Charts ein Hit und sorgte mit seinem witzigen Text wohl wieder für etwas Entspannung im Zuschauerraum. Außerdem, wenn man jetzt den kompletten Auftritt auf diesen beiden CDs verfolgt, wurde auch durch die Beiträge der anderen Künstler für Auflockerung gesorgt. In gewisser Weise, denn als die Carter Family die Bühne betritt, fühlt sich June Carter Cash doch bemüßigt, das ein oder andere "mahnende" Wort an die Insassen zu richten.
Insgesamt kommt das alles sehr stimmig und bringt den Geist der Show wohl sehr gut rüber. Es macht auch Spaß, die unterschiedlichen Beiträge zu verfolgen. Carl Perkins mit seinen Rockabilly/Rock'n'Roll Stücken, die Carter Family mit Ur-Country und Folk und die genialen Vokalarrangements und Bluegrass-Wurzeln der Statler Brothers.
Wenn alle zusammen solche Perlen wie He Turned The Water Into Wine oder Daddy Sang Bass intonieren, kann man schon von einer Sternstunde sprechen.
Von Cash selber sind dann auch noch ein paar bisher unveröffentlichte Songs mit dabei. Etwa der rollende Orange Blossom Special, mit einem bescheidenen aber effektiven Mundharmonikabeitrag von Johnny Cash, und das gefühlvolle Give My Love To Rose. Nur mit den paar Songs von der LP kann man heute nicht mehr glücklich sein. Die 2000er Veröffentlichung ist da schon das Mindestmaß, allerdings kriegt man erst hier die völlige Absolution.
Die DVD enthält also die TV-Dokumentation die Granada TV damals aufnahm. Jenem Fernsehteam verdanken wir ja auch das legendäre Johnny Cash Bild mit dem ausgestreckten Mittelfinger. Dieses Bild entstand allerdings bei den Proben am Nachmittag, als Johnny von den Kameras die zwischen ihm und dem Zuschauerraum standen genervt war.
Es handelt sich als um eine Dokumentation. Allerdings nicht des Konzertes, wie man vielleicht meinen könnte. Das Konzert bzw. Ausschnitte davon und auch ein komplett zu sehendes A Boy Named Sue ist nur ein Teil dieser 60 Minuten. Hauptsächlich sind Interviews mit Verurteilten und Wärtern zu sehen. Und das verursacht einem schon des öfteren ein mulmiges Gefühl. Einerseits sehen die Insassen oft nicht anders aus als ihre Mitmenschen auf der Straße, andererseits erzählen sie teilweise von ihren Verbrechen, die einen dann doch schockieren. Hoch interessant ist das zweifellos, aber spaßig wird's hier bestenfalls noch, wenn sich Johnny Cash mal einen Scherz erlaubt.
Im Konzertraum sieht man natürlich auch eine Menge absolut begeisterter oder auch ergriffener Gesichter. Manch einen könnte man anhand seines Gesichtsausdruckes in einer Kirche vermuten.
Irgendwie drängt sich mir bei diesen Bildern aber die Frage auf, was für eine Gesellschaft diese Menschen auf diese schiefe Bahn hat geraten lassen. Dazu gibt es sicherlich so viele Ansichten wie Gefangene in dem 1852 in Betrieb genommen Strafgefängnis.
So hinterlässt einen die DVD mit einer gewissen Bedrücktheit und macht einem gleichzeitig noch deutlicher, welch außergewöhnlicher Tag dieser 24. Februar 1969 war.
Jetzt müsst ihr nächstens nur noch aufpassen, wenn euch wieder mal jemand ein "Complete Concert" anpreist...