Judith Owen Somebody's Child, Twanky Records, 2016 |
Judith Owen | Vocals, Piano | |||
Leland Sklar | Bass | |||
Waddy Wachtel | Guitar | |||
Russ Kunkel | Drums | |||
Pedro Segundo | Percussion | |||
Tom Scott | Saxophones | |||
Greg Leisz | Steel Guitar | |||
Tom Pigott-Smith, Rakhi Singh, Meghan Cassidy, Gabriella Swallow | Strings | |||
Carmen carter, Jean McClain, Alice Russell | Backing Vocals | |||
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01. Somebody's Child | 08. More Than This | |||
02. Send me A Line | 09. That's Why I Love My baby | |||
03. Mystery | 10. I Know Why The Sun Shines | |||
04. Tell All Your Children | 11. Josephine | |||
05. We Give In | 12. Aquarius | |||
06. No More Goodbyes | 13. The Rain Is Gonna Fall | |||
07. Arianne | ||||
Beharrlichkeit zahlt sich im Show-Biz zwar nicht immer aus, aber glücklicherweise doch oft genug. Es gibt Künstler, die jahrelang außerhalb unseres Radars durch den Äther schweben und plötzlich und umso überraschender als Objekt der Begierde in den Fokus rücken. Die rotmähnige Waliserin Judith Owen darf hier als entzückendes Beispiel herhalten.
Mit ihrem 2014er Solowerk "Ebb & Flow" drang sie auch hier bei uns in Deutschland ins Bewusstsein zahlreicher Musik-Afficionados. Ihre sehr hübschen, 70s geprägten Westcoast-Pretiosen erreichten Herz und Verstand, während sie wohlige Erinnerungen an hochkalibrige Stars wie Carole King, Joni Mitchell und Jackson Browne wachrüttelten.
Die Zielrichtung ihrer neuen Platte "Somebody's Child" schlängelt sich über ähnliche Pfade und wird Owens wild wuchernden musikalischen Ausbildung und ihrer bunt blühenden Phantasie einmalmehr gerecht. Die Sängerin und Pianistin streut ein paar Jazz-Harmonien in ihre Kompositionen und verzichtet einige Male ganz bewusst auf die famose Bandunterstützung ihrer erprobten Band-Kameraden Lee Sklar, Waddy Wachtel und Russ Kunkel.
Man hört und spürt einen leicht melancholischen Unterton, so als habe sich eine grau verschleierte Wolkenfront über die sonnige Westcoast-Gefühligkeit gelegt. Judith Owen klingt an einigen Stellen nachdenklicher als zuletzt und weiß nur allzu genau, dass die Welt nicht dauerhaft von einem bunten Regenbogen gesäumt wird. Die vielfach durch die Songs schwebenden, satten Streicherarrangements regnen sich ab und säubern die staubigen Scheiben des Owen'schen Gemüts (The Rain Is Gonna Fall).
Neben Owens eigenem niveauvollen Songwriting verweist die Wahl-Amerikanerin abermals auf ihr großes Talent sich Fremdkompositionen auf sehr persönliche Weise anzueignen. Das weltbekannte Musical-Highlight Aquarius aus dem 1968er Hippie-Traum "Hair" wird in ein lebendiges, jazzig-elaboriertes Setting getaucht.
More Than This, die fluffige, synthie-geschwängerte ROXY MUSIC Nummer vom 1982er "Avalon"-Album erhält einen gänzlich anderen Anstrich als die damalige Bryan Ferry Hitparadenkost. Judith Owen entzückt hier mit einem anderen Tempo, völlig entschlackter Instrumentierung, einem veränderten Gesangstil und einer daraus resultierenden völlig konträren Stimmungslage. Große Klasse.
Wer sich also den geschmackvoll inszenierten Song einer eigenständigen und selbstbewussten Künstlerin mit Charisma widmen möchte, sollte sich Judith Owens emotionales "Somebody's Child" ins Regal stellen und das flüchtige Tagesgeschäft den grell geschminkten Mainstream-Ladies überlassen. Und weiterhin regelmäßig den Radarschirm überprüfen.