Justin Currie Lower Reaches, Ignition Records, 2013 |
Justin Currie | Vocals, Bass, Guitar | |||
David Garza | Guitar, Piano | |||
Mike McCarthy | Various Instruments | |||
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01. Falsetto | 06. On A Roll | |||
02. Every Song's The Same | 07. Into A Pearl | |||
03. Bend To My Will | 08. On My Conscience | |||
04. Priscilla | 09. Half Of Me | |||
05. I Hate Myself For Loving You | 10. Little Stars | |||
Justin Currie, Singer-Songwriter aus Glasgow und einst einer der beiden führenden Köpfe der schottischen Combo DEL AMITRI, besitzt ein einzigartiges Gespür für Zynismus, Sarkasmus, Tiefsinnigkeit, Verdrehtheit und Witz, das der fast fünfzigjährige Sänger, Gitarrist und Bassist mit seinem jugendlich verklärten Hang zu hemmungsloser Romantik vermählt und seine Songtexte entsprechend mit nicht alltäglichen Sujets bestückt, die reichlich persönliches Profil verraten und sich locker von der Schema F Lyrik manch anderer Songschreiber absetzt.
Auf seinem dritten Soloalbum nach "What Is Love For" und "The Great War" gibt sich Currie wortgewandt wie eh und je, zeigt sich durch die Hinzunahme eines externen Produzenten musikalisch jedoch etwas flexibler als zuletzt. Da sein Stimme untrennbar mit den seligen DEL AMITRI assoziiert wird, bleibt es weiterhin schwer sich von den alten Tagen zu lösen und zu begreifen, dass Justin Currie nicht DEL AMITRI minus Iain Harvie ist, sondern als eigenständiger, nach künstlerischen Entfaltungsmöglichkeiten suchender Songschreiber verstanden werden möchte.
Trotzdem hat ihm der australische Producer Mike McCarthy einige Reminiszenzen an seine alte schottische Kumpelbande zugestanden und mit dem flockigen, von Pedal Steel Schlieren gezierten Bend To My Will so etwas wie eine heimliche Hit-Single gewährt. Dieser Ohrwurm hätte wohl gut auf jedes DELS-Album gepasst. Das direkt anschließende Priscilla, lediglich mit reduziertem vintage drum computer und Akustikgitarre eingespielt, mündet in einem nachhaltig fröhlichen Pfeifen und wirkt wie die kleine Schwester von Driving With The Brakes On und Nothing Ever Happens. Hier zeigt sich die typische Justin Currie Handschrift, die man seit den späten Achtziger Jahren kennt.
Mike McCarthy umgibt den pfiffigen Schotten mit Musikern aus dem texanischen Umfeld seines Aufnahmestudios in Austin. Setzt ihm als Gitarristen einen gewissen David Garza vor, der selbst zahllose Soloalben veröffentlicht hat und mit Leuten wie Juliana Hatfield, Fiona Apple und Alejandro Escovedo zusammenarbeitete. McCarthy, dem Currie tatsächlich absolut freie Hand gestattete, platziert zudem Musiker aus Indie-Rock (WHITE DENIM) und Americana Gefilden (PHOSPHORESCENT) neben den Protagonisten und arrangiert das Album so, dass die unterschiedlichen Einflüsse der Musiker durchaus hörbar werden. So klingt das hitzeflimmernde On A Roll nach Desert-Rock samt Peter Buck (R.E.M.) Gedächtnisgitarre und das galoppierende On My Conscience verleitet zu der Annahme, als habe Currie den Song nach einer durchzechten Nacht in einem Western-Saloon ersonnen.
Dennoch klingt Currie immer noch wie Justin Currie, weil seine typischen Akkordverbindungen, seine harmonischen Strukturen, seine allseits bekannten Gesangsmelodien durch die kecken Arrangementideen natürlich nicht verdeckt werden, sondern eher wie alter Wein in neuen Schläuchen wirken, die allerdings dazu führen, dass sich "Lower Reaches" nach mehrmaligem Hören zum Besten seiner drei Soloalben entpuppt.