John Hiatt

Tim Easton

Köln, Prime Club, 17.11.2003

( English translation by Google Translation by Google )

Konzertbericht

Reviewdatum: 17.11.2003

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Redakteur(e):

Ralf Rischke


Köln, Prime Club, 17.11.2003

Da sage noch jemand, es lohne nicht, sich Montags Abend die Mühe zu machen, einen Konzert-Trip von Duisburg nach Köln wahrzunehmen. Der gute alte Prime-Club, ja, hier habe ich schon so einige tolle Konzerte in den zurückliegenden Jahren erlebt. Insbesondere auch eins von Mr. John Hiatt, ca. 1993/94, als dieser Laden noch auf den Namen Luxor hörte.
Hiatt hat seine Qualitäten über die Jahre auf einem hohen Standard manifestiert, so dass einem erneuten Konzerterlebnis nichts entgegensprach. Dank Sanctuary Records bekam ich die Tickets schon weit im voraus zugestellt (thanks, Naughty).

Aufgrund eines nervtötenden Staus auf der A 57 und anschließender zähneknirschender Parkplatzsuche kamen mein Konzert-Kompagnon Michael (Waiting For Louise) und ich glatt eine Dreiviertelstunde zu spät in den Laden, so dass ich dummerweise meinen Schreiber-Kollegen Ralf Rischke (aus Cottbus) verpasste und ihn anschließend im fast schon überfüllten Prime-Club nicht mehr orten konnte. Sei's drum.

Tim Easton

Um die 400 Besucher standen dichtgedrängt und erwartungsschwanger im Saal und ließen mir nur noch ein Plätzchen scharf links neben der Bühne übrig. Na ja, das verhieß zumindest freie Sicht und wie sich später herausstellte, auch einen mehr als ordentlichen Sound.
Tim Easton, als sogenannter "special guest", beeindruckte während der ihm zugestandenen halben Stunde mit filigraner Saitenarbeit auf der Akustischen und stimmigen Songs, die sich in ihrer Roots/- countrifiziertem Heimat gut auskannten. Von seinem aktuellen Album ("Break Your Mother's Heart") spielte er zwar nur zwei Titel, aber dennoch entwickelte sich seine Performance zu einer kurzweiligen und vom Publikum erstaunlich gut honorierten Angelegenheit.

John Hiatt & The Goners

Als die Ungeduld der Zuschauer gen Höhepunkt trieb, löste ein gutaufgelegter, herzlich grinsender John Hiatt die in ihn gesetzten Erwartungen vollkommen ein, als er und seine GONERS mit glasklarem und druckvollem Sound die Bühne enterten. Junge, war das geil, als Sonny Landreth sein erstes Slide-Solo in staunende Menge warf.
Die Goners sind schon eine bemerkenswerte Combo. Spielen derart sauber, gekonnt und dennoch völlig uneitel, dass Hiatt als Band-Leader sicherlich stolz sein muss, auf derart versierte Kumpanen vertrauen zu dürfen.
Ich trete sicherlich niemandem zu nahe, wenn ich das Erscheinungsbild der Herrschaften als unscheinbar, wenn nicht bieder, bezeichne. Als stünden der Sachbearbeiter aus der Lohnbuchhaltung und der freundliche Elektriker von nebenan auf der Bühne, entfachten die GONERS aber, dem optischen Vorurteil zum Trotz, ein musikalisches Feuerwerk allererster Güte. Einzig John Hiatt himself lockerte mit seinen Grimassen, flapsigen Tanzeinlagen und launigen Ansagen, die Bühnenpräsenz etwas auf. Aber natürlich haben diese über alle Zweifel erhabenen Musiker, keinerlei effektheischenden Firlefanz nötig, um die Menge in ihren Bann zu ziehen. Hier zählte nur das, wofür Hiatt samt Band seit Jahrzehnten einsteht: Meisterliches Handwerk gepaart mit neidisch machender Finesse in Sachen Songwriting.

So bediente sich Hiatt im Laufe des Abends aus seinem reichhaltigen Oeuvre, sparte jedoch zwangsläufig einige Glanzlichter seiner 90er-Alben aus. Von "Stolen moments" brachte er z.B. gar nichts und "Perfectly good guitar" war nur durch das sentimentale Dust down a country road vertreten.
Erstaunlicherweise brillierten die Mannen um den Meister mit auffällig viel Songmaterial aus den Klassikern "Slow turning" und "Bring the family", wobei die Version von Feels like rain wirklich zum Steinerweichen geriet. Die Schlusssequenz wurde dabei in Jam-Session-Manier und dynamischer Vollendung zu einem der Höhepunkte des gesamten Abends. Gänsehaut.

Sonny Landreth

Dass Sonny Landreth ein einzigartiger Saitenartist ist, dürfte jedem bekannt sein. Was er aber in Köln an Soli darbot, überstieg die kühnsten Gitarristenträume. Es war schon mehr als beachtlich, wie er mit völlig unspektakulärer Lässigkeit seine feingliedrigen Gitarrensalven aus dem Ärmel schüttelte und somit zur Krönung eines gelungenen Konzertabends beitrug. Die Leistung seiner Kollegen soll damit keineswegs geschmälert werden, denn zusammenfassend sei noch einmal nachdrücklich erwähnt, dass sich hier eine bravouröse Band im ureigensten Sinne des Wortes als echtes Team dargestellt hat.
Nach zwei frenetisch eingeforderten Zugaben endete so ein Abend, der zweifellos in guter Erinnerung bleiben wird.

Frank Ipach, 18.11.2003

Dieses Konzert war definitiv das Musikereignis, auf welches wir, meine Frau und ich, am längsten warten mussten, nämlich genau 6 Jahre, denn solange kennen wir die Musik von John Hiatt und hatten ihn noch nicht live gesehen. Entsprechend groß war natürlich die Vorfreude und diese wurde noch erheblich gestärkt durch die Tatsache, dass wir eine Strecke von 650 km in Kauf nehmen mussten, um das einzige Konzert von John Hiatt in Deutschland sehen und erleben zu können.
Also habe ich für uns zwei gleich einen Flug gebucht und ein kleines Hotel in Kölns Altstadt und so wurde aus dem Konzertbesuch gleich ein Kurzurlaub. Unter diesen Umständen waren die Erwartungen an den Auftritt dann auch entsprechend hoch - und es kam wie es kommen sollte: Es war ein absolutes Wahnsinnskonzert - gut das wir hingefahren sind, alles richtig gemacht!

Aber der Reihe nach: Meine Frau und ich waren schon kurz vor 19:00 Uhr am Eingang des Prime Clubs und waren zum Glück auch die Ersten! Denn wenn wir schon diesen Aufwand für ein Konzert betrieben haben, dann wollten wir auch ganz nah dran sein am Geschehen und alles richtig mitkriegen. Es stellte sich schnell heraus, das andere auch ganz vorne stehen wollten, denn der Platz vor dem Eingang füllte sich innerhalb kürzester Zeit zusehends. Unter anderem traf auch eine Gruppe junger Männer aus Puffendorf bei Geilenkirchen ein, die uns mit ihren Heimatstadtnamen und dazu passenden Themen belustigten und sich beim Anstoßen mit dem Flaschenbier nicht Prost sondern Prostata zuriefen (Was soll man bei dieser Herkunft auch anderes werden als Rockfan - Red., Abt Berufsberatung).
Den Höhepunkt dieser "Ansteh-Veranstaltung" lieferte ein Typ, der aussah, als hätte er mit einem Finger in der Steckdose geschlafen, so ein kleiner Don King Verschnitt, mit Polyesterhose, Anorak und einem großen rahmenverstärkten Metallkoffer. Als der sich hinter uns anstellte und mir einen dermaßen abgrundtief bösen Blick zuwarf, ahnte ich schon nichts Gutes. Der Typ schaffte es dann auch während der Stunde anstehen, sich an mir vorbei zu drängeln, so dass er der erste war, der eingelassen wurde. Natürlich vermutete der im Weltgeschehen geschulte Türsteher in dem schweren Metallkoffer einen Inhalt, der nicht in ein Rockkonzert gehört. Während Don King also auf dem Boden seinen Koffer öffnete, wollte ich an ihm vorbei (ich hatte ja keinen Koffer!), aber der Typ drehte mit purer Absicht sein Hinterteil soweit zur Wand, das ich nicht mehr vorbeikam, da ist mir dann aber doch der Kragen geplatzt. In dem folgenden Wortgefecht erklärte mir der Kofferträger, dass er ja bereits um 17:30 vor dem Club war und sich schon Autogramme von John Hiatt geholt hätte (im Koffer war seine komplette Hiatt CD-Sammlung!!!) und nur weil er was essen war, könne doch wohl sein Platz nicht weg sein! Na ja, was soll man dazu sagen! Als er dann noch persönlich wurde und mit den unfeinen Sprüchen über eine Himmelsrichtung kam, war es gut, das sich meine Frau zwischen uns stellte (Wir lernen daraus: Wo das Hooked on Music ist, ist auch Trouble - Red., Abt. Präventivmaßnahmen).
Glücklicherweise kam ich durch das Geschrei dieses arroganten ich-bezogenen Pseudofans mit einem echten Kenner der Rockmusik ins Gespräch, der aus Thüringen kam und auch 400 km auf sich genommen hatte um John Hiatt zu sehen (es gibt also noch mehr Rock'n'Roll-Verrückte!). Die Zeit bis zum Konzertbeginn um 21:00 Uhr haben wir uns lebhaft unterhalten und viele Musik- und CD-Tipps ausgetauscht.

Pünktlich um 21:00 Uhr, der Club war total voll, begann die Show mit dem "Special Guest" Tim Easton. Klasse Mann! Eine unscheinbare kleine Person, aber ein begnadeter Gitarrenspieler und großartiger Sänger und ebenso großartiger Songwriter. Mit Akustikgitarre und Mundharmonika bot Tim eine kleine Auswahl von seinen drei CDs als kurzen Überblick über sein bisheriges Schaffen. Weitestgehend ruhiges Material, aber alles in sich super Songs, die ausgesprochen gut beim Publikum ankamen. Von diesem Tim Easton ist sicher noch einiges zu erwarten.

John Hiatt

Und dann war es endlich soweit: John Hiatt and The Goners!!!
Das ist schon ein komisches Gefühl, wenn derjenige, den man so oft gehörte hat aber nur von Fotos kennt, dann plötzlich vor einem steht. Ich denke, jeder der schon mal in so einer Situation war, weiß was ich meine. Los ging es mit Lincoln Town vom 2000er Album "Crossing Muddy Waters", man wie hat das reingehauen - was für ein geiler Sound, was für ein Druck und was für eine Stimme! Da war ich doch sehr schwer beeindruckt und fasziniert, aber gleichzeitig auch überglücklich, dass ich dabei war.
Welcher Titel der Opener werden sollte, war sicher eine schwierige Entscheidung für JH und die Band. Genau vor mir auf der Bühne lag die Setlist und da wurde einiges geändert, ursprünglich Lincoln Town, dann gestrichen und Everybody Went Low als Opener eingesetzt und dann doch wieder rückgängig gemacht! Wir lernen also: Auch die Künstler machen sich bis kurz vor Konzertbeginn so ihre Gedanken! Es wurde jedenfalls richtig entschieden, denn das Publikum ging sofort ab wie ein Turnschuh beim Training.

Neben John Hiatt (acoustic & electric guitar, vocals) standen mit den GONERS exzellente Musiker auf der Bühne: Dave Ranson (bass), Kenneth Blevins (drums) und natürlich mit Sonny Landreth (electric & slidegituar, background vocals) einer der weltbesten Slidegitarristen. Und wenn Sonny loslegt mit seinem einmaligen Slidespiel - eine wahre Freude, Wahnsinn!

John Hiatt

Weiter ging's mit The Tiki Bar Is Open vom gleichnamigen Album von 2001 gefolgt von Paper Thin ("Slow Turning", 1988).
Dann kamen zwei Titel vom neuesten Album "Beneath This Gruff Exterior": Circle Back und mit Almost Fed Up With the Blues ein Höhepunkt des Abends! Eine dermaßen grandiose Vorstellung von Hiatt - was für ein Blues, was für ein Song!
Die gesangliche Meisterklasse des John Hiatt ist mir erst bei diesem Konzert richtig bewusst geworden. Besonders bei seinem a cappella Gesang habe ich erkannt, was er für ein überragender Sänger ist, der mit seiner Stimme echte Gänsehaut erzeugen kann. Und das passierte dann auch gleich wieder beim folgenden Feels Like Rain ("Slow Turning", 1988) - einfach grandios! Überhaupt zeigte Hiatt bei allen seinen Songs eine echte Performance. Er sang mit sehr viel Gefühl und Ausdruck und war in seiner Show einzigartig. Er stellte quasi den optischen Mittelpunkt dar und zog mit seinen Tänzchen, Grimassen und spaßigen Einlagen die Blicke auf sich, wobei seine musikalischen Mitstreiter eher unscheinbar im Hintergrund standen. Na ja und solche grundsoliden, ihr Handwerk meisterlich beherrschende Musiker, brauchen eben auch keine extravagante Bühnenbekleidung, sie sehen eben absolut normal aus! Sie konzentrieren sich auf das Wesentliche, und das ist nun mal perfekt zu spielen, perfekt zu harmonieren und dem geneigten Zuhörer ein unvergessliches Konzerterlebnis zu bescheren und das ist ihnen voll und ganz gelungen!

Die Setlist setze sich fort mit Riding With The King vom gleichnamigen 83' Album und mit Is Anybody There? ("Slow Turning", 1988) kam der erste Einsatz von John Hiatt am Piano und natürlich machte er auch dort eine gute Figur. Weiter ging's mit dem bereits erwähnte Everybody Went Low ("The Tiki Bar Is Open", 2001) und Drive South, Slow Turning sowie mit Tennessee Plates, der letzte Titel vor den Zugaben, übrigens alle drei wieder vom hier mit immerhin 6 Titeln am meisten vertretenen 88er Album "Slow Turning".

John Hiatt

John ließ sich natürlich nicht lange bitten und kam zur ersten Zugabe erst mal allein auf die Bühne zurück, um am Piano mit Have a Little Faith in Me wieder absolutes Gänsehautfeeling zu verbreiten. Dieser Titel sowie zwei weitere der Zugabe stammen übrigens von seiner 1987 erschienenen CD "Bring The Family", die seinen offiziellen Durchbruch in die anerkannte Riege der amerikanischen Singer/Songwriter darstellte und bis heute von der Fachwelt und verschiedenen Rocklexika als sein bestens Album bezeichnet wird. Mein John Hiatt-Lieblingsalbum ist es zwar nicht, aber es ist ganz sicher eine herausragendes Werk.

Bei der zweiten Zugabe waren die Herren dann wieder vollständig, um bei Memphis in the Meantime wieder richtig loszulegen. Dann folgte der obligatorische Abgang und John kam zur zweiten Zugabe wieder erst einmal allein zurück, diesmal mit der Akustikgitarre. Hier habe ich eine Weile gebraucht, um den Titel zu erkennen, denn diese Version von Dust Down A Country Road hatte ich so noch nie gehört - einsame Spitze! Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass dieser Song von seinem 95er Album "Walk On" stammt, welches übrigens mein John Hiatt Einstiegsalbum war und mit zu meinen Favoriten zählt.
Mit einem überaus wunderbar interpretierten Thing Called Love ging ein herrliches Konzerterlebnis zu Ende, welches wir sicher noch lange in Erinnerung behalten werden.

Obwohl John Hiatt seine Gitarren bis auf wenige Ausnahmen ohne Plektrum spielte, hatte er eine ganze Reihe dieser begehrten Plastikdinger an seinem Mikroständer befestigt und beim Wurf derselben in das Publikum fiel eins auf die Bühne. Mein linker Nachbar beugte sich schnell auf die Bühne vor und ergatterte das Teil. Da schrie unser "Kofferträger", der ein Stück weiter rechts stand: "Halt, das ist meins! Das habe ich eher gesehen, gib her!" Nun lag er sich mit dem anderen Typ in den Haaren, der das Plektrum natürlich nicht hergeben wollte. Was gibt es doch für Idioten!?

John Hiatt

Zum Schluss hieß es dann noch warten, bis der Meister zum Signieren und Fotografieren noch mal erscheint. Hat er natürlich gemacht und geduldig und super freundlich alles unterschrieben, was ihm vorgelegt wurde. Auch Fotos konnte machen wer wollte. Warum bloß, sind nicht alle Musiker so umgänglich? Auf meine Frau musste ich dann aber doch besonders aufpassen, denn sie konnte das absolut nicht fassen, ein Foto und ein kleiner Plausch zusammen mit John Hiatt - schätze Kulturschock!
Auch ich hatte Gelegenheit ihn mal kurz zu fragen, warum er denn so wenig in Deutschland auf Tour sei, zu den Gründen wollte er sich nicht richtig äußern, hat aber versichert, dass er im nächsten Jahr eine größere Tour durch Deutschland machen wird. Dann bleibt uns nur zu hoffen, dass es auch dazu kommt und ich kann jedem nur empfehlen: Geht hin, ihr werdet es nicht bereuen!

Ralf Rischke, 23.11.2003

 

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