Diamond Dogs

Köln, Underground, 16.06.2005

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Konzertbericht

Reviewdatum: 16.06.2005

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Redakteur(e):

Epi Schmidt


Köln, Underground, 16.06.2005

Diamond Dogs Viele Idioten gibt's in Deutschland wahrscheinlich nicht, die Donnerstags früher von der Arbeit heimgehen und dann knapp 300 Kilometer über die Autobahn brettern um sich eine schwedische Rock'n'Roll Kapelle anzuhören. Anschließend, natürlich, auch wieder zurück.
Ich sag es euch jetzt schon: Jeder Kilometer war das Konzert des heutigen Abends wert!

Bei solchen Konzerten trifft man immer ein paar Gesinnungsgenossen. Die bei Alice Cooper waren - wegen der Vorband DOGS D'AMOUR, bzw. bei MAGNUM - wegen Tyla im Vorprogramm (warum hat mir eigentlich keiner was davon gesagt?!).
Klar sind das nicht viele und auch heute hätte spielend ein Vielfaches der Anwesenden in das Kölner Underground gepasst. Aber was soll's, davon darf man sich nicht die Laune verderben lassen.
Das Underground ist ja eigentlich ein schöner Veranstaltungsort, mit einem kleinen Biergarten davor. Erinnert mich etwas an den Hirsch' in Nürnberg.
Kurz nach neun Uhr ist es soweit und die Schweden entern die Bühne. Optisch könnte man sagen, Brad Whitford am Saxofon, Marius Müller-Westernhagen (anno 1980) an der Gitarre und Mick Jagger (anno 1975) am Gesang. Für die drei anderen würde sich auch noch was finden. Schlussendlich sehen sie aus wie eine Rock-Party-Band auszusehen hat.

Diamond Dogs Meine anfänglichen Befürchtungen bezüglich nur eines Gitarristen, wo auf ihren Alben immer zwei 6-Stringer sind, verflüchtigen sich mit dem ersten Ton den Anders Lindström anschlägt. Klar, kaum Verzerrung und mit jeder Menge Drive gespielt. Und der Rest steht nicht zurück!
Sänger Sulo strampelt sich ebenfalls von Beginn an ab. Gott, der erwähnte STONES-Sänger kann in seinen besten Tagen nicht überzeugender gewesen sein. Sulo stolziert, rockt, klatscht, tanzt über die kleine Bühne, ist ständig bemüht das Publikum zum Mitmachen aufzufordern und nach ein paar Songs hat er die Leute tatsächlich am Bühnenrand.
Richtig Stimmung kommt bei solchen Reißern wie From Now On auf und hier macht sich auch das Saxofon richtig gut. Genauso Autopilot vom neuen Album "Black River Road", das treibt ohne Ende.
Im Prinzip ist jeder Song ein Zwitter aus Rocks Off/Rip This Joint von den STONES und den Rock'n'Roll Songs von Rod Stewart bzw. den FACES. Es geht einfach bei jedem Titel richtig geil ab.
Diamond Dogs Einige Songs vom 2000er Album "As Your Greens Turn Brown" sind zu hören. So der Good-Time Rocker Off The Record, bei dem dann endgültig die G-Saite der Telecaster nachgibt. Stört nicht weiter, als hätte er es gar nicht bemerkt, bringt Anders den Song perfekt zu Ende.
Verschnaufpausen gibt's wenige und wenn, dann sind es solche wundervollen Balladen wie Rush For Comfort. Klasse untermalt von Henrik 'Honk' Widen am Piano/Keyboard. Der sitzt auf einem Stuhl, einen Fuß locker auf der Monitorbox und balanciert sein Tasteninstrument auf den Knien, während er den Rock'n'Roll darauf hämmert. Obercool.

Diamond Dogs Wen solche Songs wie der Ohrwurm Hand On Heart, wieder vom aktuellen Album, nicht sofort aus dem Sessel reißen, hat noch nie Rock'n'Roll gemocht.
Trotz der Vehemenz mit der die Band spielt, ist der Sound hervorragend. Nix was dröhnt oder unerträglich laut wäre. Und dabei drischt Jesper Karlsson auf sein Kit wie ein Berserker. Nach absolut fetzenden Songs wie Hardhitter muss er die Pause schon mal nutzen, um seine Trommeln, Ständer und Becken wieder zu richten.
Bei jedem Intro zieht sich sofort ein Grinsen von meinem rechten zu meinem linken Ohr. Die Welt könnte draußen explodieren und ich wäre bester Stimmung und würde lautstark mitsingen: "So sad to say I'm sorry...", wie in dem gleichnamigen Song.
Für den größten Teil des Love In Vain ähnlichen Somebody Elses Lord (Album "Too Much Is Always Better Than Not Enough") stehen Sulo, Gitarrist Anders Lindström und Basser Stefan Björk mitten im Publikum und 'Honk' glänzt mit einem gefühlvollen Orgel-Solo.
Das anschließende, schmissige Mighty, Mighty Mountain lässt wieder die Post abgehen. Anders steht am Bühnenrand und drischt auf seine Saiten ein. Dazu schneidet er Grimassen, die man einem menschlichen Gesicht kaum zutrauen würde.
Ein Kracher jagt den nächsten und nach dem, schon fast punkmäßigen Goodbye, Miss Jill ist der Set zu Ende.
Natürlich muss da noch eine Zugabe her und die bestreitet Gitarrist Anders zunächst allein mit der wunderschönen Ballade By My Side. Nicht, dass es da zu besinnlich zugehen würde und gegen Schluss schreit er sich wahrlich die Seele aus dem Leib.

Diamond Dogs Ich frag mich, welche Deppen kürzlich bei Rod Stewart waren und sich über die miese Vorstellung geärgert haben. Hier spielt eine Band, die den FACES und Rods Platten aus den 70ern in nichts nachsteht und das, man darf's fast nicht sagen, zu einem Abendkassenpreis von 8,- Euro!
Und was soll ich sagen: Mir laufen tausend Schauer über den Rücken, als der letzte Song losgeht: "Well, you wouldn't read my letter if I wrote you." Yes, Wild Side Of Life! Einer der Rock'n'Roll Knaller aus dem Stewart-Repertoire überhaupt. Und dann gehen sie auch noch in den Schlusspart von Let It Bleed über! "You can bleed all over me", und 'rock all over me' möchte ich noch anfügen. Am liebsten die ganze Nacht.
Es werden kaum mehr als anderthalb Stunden gewesen sein, aber die waren angefüllt mit der besten Partymusik die ich mir vorstellen kann und hinterlassen ein absolut befriedigtes Publikum. Dieses Konzert gehört mit Sicherheit in meine Top-Ten.
Im anschließenden kurzen Gespräch mit Keyboarder Henrik Widen erfahre ich, dass eine neue CD im Sommer aufgenommen werden soll. Und, dass die Band am nächsten Tag in Stuttgart spielt. Ungefähr halb so weit von mir als bis nach Köln! Fuck it, irgend etwas zu bereuen gibt's für mich heute wirklich nicht und vielleicht, fahr ich ja auch noch ins Schwabenland...

Epi Schmidt, 17.06.2005

 

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