Korn Live At The Hollywood Palladium, AFM Records, 2012 |
Jonathan Davis | Gesang & Dudelsack | |||
James "Munky" Shaffer | Gitarre | |||
"Fieldy" Arvizu | Bass | |||
Ray Luzier | Schlagzeug | |||
Gastmusiker | ||||
Zachary Baird | Keyboards | |||
Wesley Geer | Gitarre | |||
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CD & DVD | ||||
01. Get Up | 09. Freak On A Leash | |||
02. Kill Mercy Within | 10. Falling Away From Me | |||
03. Illuminati | 11. Predictable | |||
04. Chaos Lives In Everything | 12. Another Brick In The Wall/Goodbye Cruel World | |||
05. My Wall | 13. Shoots And Ladders | |||
06. Way Too Far | 14. One | |||
07. Narcissistic Cannibal | 15. Got The Life | |||
08. Here To Stay | 16. Blind | |||
Ich muss zugeben, ich hatte KORN nach ihrem Album “Korn III – Remember Who You Are“ bereits abgeschrieben. Zu gleichmäßig, zu uninspiriert klang ihre Musik. Das war in meinen Augen nicht mehr dieselbe Band, die mit “Follow The Leader“ oder “Issues“ den Nu-Metal salonfähig gemacht hatte. Mein Fazit lautete damals: „Wer braucht schon “Life Is Peachy II“ oder “Follow The Leader II“, wenn er das Original im Schrank stehen hat? Zumal die beiden Alben deutlich stärker waren als “Korn III – Remember Who You Are“, eben weil sie neu waren und eine neue Entwicklung aufzeigten. Hier betreiben KORN nur noch die eigene Nachlass-Verwaltung. Und das ist für eine ehemals innovative Band einfach zu wenig. Nun, anscheinend haben KORN ähnliche Einschätzungen häufiger gehört, denn das nachfolgende Werk “The Path To Totality“ war der geforderte mutige, innovative Schritt.
KORN gingen ein musikalisches Risiko ein und verbanden ihren Nu Metal mit dem derzeit in den Clubs schwer angesagten Dubstep. Wikipedia definiert Dubstep so: „Dubstep ist meist minimalistisch und zeichnet sich durch eine große Betonung des Bass im Klangbild aus, ähnlich wie auch Dub und Drum and Bass. Dubstep hat vielseitige Spielrichtungen, die Bandbreite reicht von extrem reduzierten, rhythmuslastigen Tracks bis hin zu solchen mit Drum ’n’ Bass-ähnlichen, harten Lead-Basslines oder auch echten Songs. Gern eingesetzt werden auch möglichst spektakuläre Klangveränderungen beim Bass-Sound und viele andere „Spielereien“. Auch melodielastigere Arrangements sowie mehr oder weniger subtile Techno/Rave-Referenzen sind beliebt. Der Dubstep-Pionier Kode9 antwortete auf die Frage, was Dubstep auszeichnet, mit „Bass and space“. „Space“ bezieht sich hier vor allem auf das Arrangement und den extremen Minimalismus.“
Wie funktioniert das wohl zusammen mit Nu Metal? Nun, zu LIMP BIZKIT hätte es wohl nicht so gut gepasst, aber die Musik von KORN zeichnete sich ohnehin immer durch starke Basssounds und –melodien aus. Diese werden nun noch verstärkt hervorgestellt und das Ganze mit elektronischen Sounds, wenn man so sagen will, „megamäßig“ aufgepeppt. Das hat im Studio gut geklappt, aber wie würde sich so etwas live umsetzen lassen? KORN haben den Versuch aufs Exempel unternommen und einen Gig im Hollywood Palladium mit zahlreichen Gästen aus der Dubstep-Szene (SKRILLEX, 12TH PLANET, FLINCH, DOWNLINK, EXCISION, DATSIK und KILL THE NOISE) durchgezogen. Was soll ich sagen, es wurde ein voller Erfolg.
Dabei legen Davis, Munky & Fieldy erst einmal mit den neuen Songs los. Diese können sie denn auch nahezu wie im Studio umsetzen. Die Gäste halten sich dabei aber wie mancher Tournee-Keyboarder im Hintergrund auf. Es ist trotzdem erstaunlich, wie gut dieser Sound auch auf der Bühne zu KORN passt. Dabei treten die Gitarren natürlich hier deutlich in den Hintergrund. Dominiert wird das Geschehen von Bass und Rhythmus. Dazu dann noch Davis' eindringliche Stimme und eine interessante Mischung ist geschaffen, die wohl Anhängern beider Musikrichtungen gefallen dürfte.
Die traditionellen KORN-Fans kommen dann vor allem im zweiten Teil des Konzerts auf ihre Kosten. Hier bietet die Band ihre eigenen Klassiker, sowie mit dem kompletten Another Brick In The Wall erweitert um das kurze Goodbye Cruel World (beide PINK FLOYD) und ein verkürztes One (METALLICA) zwei Fremdkompositionen, die aber exzellent zum KORN-Stil passen. Einzig das Intro zum PINK FLOYD-Klassiker ist eindeutig zu lange ausgefallen, so dass man sich zwischenzeitlich schon fragt, ob denn da gleich noch ein Song kommt? Natürlich bekommt man auf der DVD währenddessen schöne Szenen geboten, aber auf der CD wünscht man sich schon ein etwas knackigeres Intro.
Rein optisch ist die Umsetzung ein Genuss. Das Palladium wirkt hier eher wie eine größere Disko, wozu die aufwendigen Lichteffekte natürlich ihren Beitrag leisten. Die Bühne ist gerade groß genug, um der Band die nötige Bewegungsfreiheit zu garantieren. Mit zahlreichen Kameras (die Kameraleute stehen zum Teil sehr weit auf der Bühne) wird das Geschehen wirklich aus nächster Nähe eingefangen und ins Wohnzimmer transportiert. Nicht jede Einstellung ist immer gelungen, aber sie vermittelt manchmal auch ein Gefühl für das kontrollierte Chaos einer Live-Show.
Es gibt wirklich wenig auszusetzen an "Live At The Hollywood Palladium". Die Band scheint durch die neuen Einflüsse merklich motiviert, die Umsetzung und das Setting im Palladium sind stimmig, die Auswahl der Lieder stimmt und das Publikum ist ganz offensichtlich begeistert ob des Gebotenen. Dazu kommt die schicke Digipack-Aufmachung, die das Paket für den Hausgebrauch abrundet. KORN haben sich tatsächlich noch einmal neu erfunden und zeigen der Welt ihre wiedergefundene Stärke auf geradezu beeindruckende Art und Weise. Es ist also doch noch mit ihnen zu rechnen.