Leonard Cohen

Leonard Cohen - Titan der Worte

( English translation by Google Translation by Google )

Buch-Review

Reviewdatum: 18.04.2010
Jahr: 2010
Stil: Singer-/Songwriter

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Redakteur(e):

Frank Ipach


Leonard Cohen
Leonard Cohen - Titan der Worte, Edel Germany, 2010
von: Christof Graf
ISBN: 978-3-941378-64-3
Umfang: 399 Seiten
Preis: 24,95 € zzgl. Versandkosten

Wenn ein Künstlerleben interessant und ein wenig abseits der üblichen Biografien erscheint, dann sicherlich das des großen Poeten und Liederschreibers Leonard Cohen. Er, der zuletzt noch einen Grammy für sein Lebenswerk erhielt und sich seit mehr als zwei Jahren (mit Unterbrechungen) wieder auf großer Welttournee befindet, blickt auf ein bewegtes und bewegendes und für einen Künstler nicht ganz so stereotypes Leben zurück.

Sein Biograf und Freund Christof Graf, geboren 1963, ist Professor für Medien & Wirtschaft an der DIPLOMA FH Nordhessen und verfasste bisher schon einige Publikationen über Mr. Cohen, u.a. "So long, Leonard" (1990) und "Partisan der Liebe – Leonard Cohen" (1996), wobei wir schon beim ersten Kritikpunkt wären: Der Titel dieses aktuellen Buches, "Titan der Worte", ist viel zu grobschlächtig, zu plakativ und zu wenig sensibel, um diesem facettenreichen Wortkünstler namens Leonard Cohen gerecht zu werden. "Partisan der Liebe" klang schon irgendwie nach Groschenroman, "Titan der Worte" klingt, als habe Oliver Kahn erste Flugversuche im Literaturorbit unternommen.
Nun gut, "don't judge a book by it's cover" könnte man irritiert erwidern und käme schließlich zu der Erkenntnis, dass der Informationsgehalt dieses fast 400 Seiten umfassenden Buches tatsächlich größer ist, als der verunglückte Titel vermuten lässt. Christof Graf, mehr oder weniger Intimkenner des zweifellos sehr beachtlichen Musikers und Schriftstellers Cohen, verfügt über tonnenweise Hintergrundwissen, die dem interessierten Leser Erkenntnisse über Cohens Kindheit und Jugend, seine Religiosität und Bildung, sein junges (und späteres) Erwachsenendasein und seine ersten schriftstellerischen Gehversuche in der Prä-Beatnik-Ära gestattet, sowie in der Folge Drogenerfahrungen, Depressionen, Frauengeschichten, Klostergeschichten, Bücher und Songtexte, sowie Cohens eigenwillige Weltsicht und seinen ungewöhnlichen Lebensrhythmus relativ eingehend beleuchtet, wobei der Künstler selbst immer wieder mittels diverser Interviews aus unterschiedlichen Zeitabschnitten zu Worte kommt.

Offenbar, wenn man den Recherchen Glauben schenken darf, bildet "Titan der Worte" im Wesentlichen aber nichts anderes ab, als Grafs Buch aus den Neunzigern: "Partisan der Liebe". Insofern sollten Cohen-Fans bedenken, dass außer dem Zeitraum von 1996 bis heute so gut wie nichts Neues über Cohen zu erfahren sein wird.

Das letzte Jahrzehnt stand letztlich unter dem Stern der grandiosen Comeback-Tournee und gibt dem Autor Graf Anlass zum Schwelgen und Lobhudeln. Dies dürfte in der Tat ein weiterer Kritikpunkt sein: Graf, dem man stets seine Bewunderung für Cohen anmerkt, schreibt, verständlicherweise, nicht immer mit der gebotenen kritischen Distanz zum Künstler und erliegt somit dem etwaigen Trugschluss, dass manch andere Journalisten Cohens Kunst zu Unrecht etwas differenzierter und kritischer betrachten. Auch wenn Cohen sicherlich ein wichtiger und ernstzunehmender Künstler ist, sein Umgang mit Worten und die phänomenale Bildhaftigkeit seiner Gedanken oft genug Anlass zum Jubilieren geben, so ist er nichts weiter als ein begabter Mensch, der, ähnlich wie Du und ich, versucht, seine zahlreichen Probleme in den Griff zu kriegen.

Da ich die älteren Publikationen des Herrn Graf nicht kenne, darf ich mir hier natürlich kein endgültiges Urteil erlauben, wie lohnend die Anschaffung dieser Cohen-Biografie ist, falls man bereits den "Partisan der Liebe" sein Eigen nennt. Doch mancherorts werden im weltweiten Netz zumindest die fabelhaften und reichhaltigen Fotostrecken, die teilweise aus Grafs Privatarchiv stammen, als sehr lohnenswert belobigt. Ob dies den Kauf des knapp 25 Euro teuren Buches rechtfertigt, mag ein jeder selbst entscheiden.

Für mich persönlich war Leonard Cohens Leben bisher ein unbeschriebenes Blatt, so dass ich mich durch dieses Buch hinreichend informiert, gut unterhalten (auch wenn Herr Graf sicher kein großer Literat ist) und schließlich dazu inspiriert fühlte, mich zukünftig noch eingehender mit Cohens musikalischem Werk zu beschäftigen, dass zweifellos weit über Suzanne, Bird on a wire und Famous Blue Raincoat hinausgeht und möglicherweise ebenso viele Geheimnisse und Überraschungen birgt, wie Cohens tiefgründige Außereinandersetzung mit dem Leben als solches.

Frank Ipach, 18.04.2010

 

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