Lucero Among The Ghosts, Liberty & Lament/Thirty Tigers, 2018 |
Ben Nichols | vocals, guitar | |||
Brian Venable | guitar | |||
Roy Berry | drums | |||
Rick Steff | keyboards | |||
John C. Stubblefield | bass | |||
Michael Shannon | spoken word | |||
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01. Among The Ghosts | 06. To My Dearest Wife | |||
02. Bottom Of The Sea | 07. Long Way Back Home | |||
03. Everything Has Changed | 08. Loving | |||
04. Always Been You | 09. Back To The Night | |||
05. Cover Me | 10. For The Lonely Ones | |||
Möchte man Ben Nichols nachts in einer dunklen Kneipe begegnen, wenn er in einer solchen Stimmung ist? Ein unheilverkündendes Riff und dann diese Schmirgelpapierstimme, die aus dem Abgrund singt: "Back home, a fire to keep. Out here, the cold wind blows. I did not want to leave, I wondered if she knows. The first word she said to me was good-bye...". Und schon bricht der Sturm los, der den LUCERO-Sänger in die Wildnis treibt. Among The Ghosts fürwahr. Und sie haben nichts Gutes im Sinn...
Es bleibt düster auf diesem neunten Album der Americana-Heroen aus Memphis. Vorbei die bläsergetriebenen Soulnummern der vorangegangenen Alben, vergangen der Sonnenuntergang. Jetzt geht es in die Abgründe: Bottom Of The Sea (grandios!), Everything Has Changed, Long Way Back Home - die Songtitel sagen alles. Ben Nichols ist Vater geworden und sagt dazu, er habe zum ersten Mal etwas zu verlieren. Und das Herz sinkt wir ein Stein auf den Meeresgrund, während die Wellen über ihm zusammenschlagen...
Diesen Seelenstrip begleitet LUCERO allerdings so famos, wie kaum eine andere Band auf dem weiten Feld, das UNCLE TUPELO einst als erste pflügten. Den düsteren Rock des Openers tauscht das Quintett zum Glück schnell ein gegen mid-tempo-Songs, die aber genau deshalb Gänsehaut erzeugen, weil sie sich eher anschleichen um dann umso direkter die Seele anzusteuern. Bottom Of The Sea hat tatsächlich etwas von einem alten THE CURE-Song - man spielt mit den Genres; LUCERO meistert die Klippen souverän. Everything Has Changed könnte auch von John Dee Graham stammen. Always been you ist die Sorte Ballade, die Jeff Tweedy heute gelegentlich noch aus dem Hut zaubert, wenn er sich nicht über den Erfolg von WILCO grämt.
Kurz: "Among The Ghosts" ist der pure Americana-Stoff - und wirkt damit fast schon wieder aus der Zeit gefallen. Piano statt Loops, Ben Nichols Stimme ganz unpoliert. Und wenn Cover Me live nicht den letzten Bankdrücker zum Aufstehen und Bierflaschen schwenken bringt, dann schafft es überhaupt kein Guitar-powered-Rock-Song mehr...
Ob es wirklich an den berühmten Studios von Sam Phillips lag, in denen "Among The Ghosts" aufgenommen wurde, dass die Platte so gut ist? Oder daran, dass LUCERO im 20. Bandjahr einfach saucoole Socken sind? Egal, so lange der LUCERO-Zug so weiterfährt. Und mit Loving hat Nichols sogar ein helles Akustik-Licht in diese ansonsten eher dunkle Weite geworfen. Sollte reichen, um die Geister wenigstens ab und an zu vertreiben...