Lynyrd Skynyrd
God & Guns, Roadrunner Records, 2009
Johnny Van ZantVocals
Gary RossingtonGuitar
Rickey MedlockeGuitar
Mark MatejkaGuitar
Peter KeysKeyboards
Robert KeansBass
Michael CartelloneDrums
Dale Krantz RossingtonBacking Vocals
Carol ChaseBacking Vocals
Produziert von: Bob Marlette Länge: 49 Min 58 Sek Medium: CD
01. Still Unbroken07. Floyd
02. Simple Life08. That Ain't My America
03. Little Thing Called You09. Comin' Back For More
04. Southern Ways10. God & Guns
05. Skynyrd Nation11. Storm
06. Unwrite That Song12. Gifted Hands

LYNYRD SKYNYRD! Nur wenige Bands haben den Rezensenten so in ihren Bann geschlagen, wie die sieben Heroes aus Jacksonville/FL. Viel Herzblut steckt in dieser 35-jährigen Liaison; viel Freude, aber auch viel, viel zu viel Trauer und Schmerz. Lange habe ich gehadert. Wo fange ich für "God & Guns" an. 1973, im Jahr des ersten, richtigen Southern Rock Albums? Oder lieber mit dem 20.10.1977. Dem ersten, vermeintlichen Todestag des Southern Rocks...?!

Letztendlich setzte sich aber immer mehr der Gedanke durch, dass dies eigentlich gar nicht nötig ist. "God & Guns" ist das Album einer längst verstorbenen Legende. Einer Legende zwar, die den Schreiber bis ins Bein berührt(e), aber, dass soll nicht unerwähnt bleiben, seit Januar 2009 aus nur noch einem ehemaligen Gründungsmitglied besteht und ansonsten auf eine vom Sensenmann radikal abgemähte Wiese blickt. Bitter ist das, unendlich bitter, wenn das Schicksal über Dekaden hinweg so unbarmherzig zuschlägt. Bitter nicht nur für die Band, sondern auch für deren Familien, Weggefährten, Freunde und Millionen von Fans.
Die Floskel "Die Guten sterben früh" brachte weder 1977 noch 2009 Linderung; nur eine weitere offene Frage... "Warum"?
Aber bleiben wir gleich bei "Warum": Warum hält der Always-Griesgram Rossington, der sich von allen einstigen Gründungsmitgliedern am widerstandsfähigsten gegen die scharfe Sense des Sensenschwingers erwiesen hat, so sehr an der Institution LYNYRD SKYNYRD fest?
Der schnöde Mammon dürfte natürlich das schlagkräftigste Argument sein (riesige Reichtümer haben sich die Bandmitglieder nie erarbeitet). Aber sollten wir nicht auch in Betracht ziehen, dass Rossington & Co. möglicher Weise ja tatsächlich noch Spaß am Musizieren haben...?!
Ob das all jene, die gerade zum dutzendsten Mal das Ende LYN SKYNs fordern schon mal in Erwägung zogen?! Offensichtlich hat die zum x-ten Mal umformierte Band immer noch Spaß, denn sonst würde sie nicht jedes Jahr ausgiebig touren, ja selbst ganze Kreuzfahrten begleiten. Dem gegenüber stellt sich aber auch die Frage, weshalb sich eine Band, die von Beginn an mit Songs um sich schleuderte, die zu den großartigsten der Rockmusikhistorie zählten und zählen, Gast-Songschreiber an Bord holen muss? Anscheinend steckt da ein gewisses Maß an Bequemlichkeit dahinter, denn es ist kaum zu vermuten, dass Rossington und der kleine Van Zant ihren Verstand auf den Luxus-Kreuzern vergessen, verloren oder gar versoffen haben. Fakt ist, dass der kleine Van Zant nie an die Songschreiber-Qualitäten seines so früh verstorbenen Bruders heran kam. Wie es um Rossington's und Medlocke's Kompositionen steht, lässt sich von außen (und nur mit einem Digitalen Download als Bemusterung) schlecht beurteilen. Die Qualität der 70er Jahre Alben erreichten die 1987 neu formierten LYN SKYN zu keiner Zeit. Auch nicht mit der viel gepriesenen "Edge Of Forever". So gesehen erfordert "God & Guns" eine andere Herangehensweise; bzw. blenden wir die 70er Jahre Alben einfach mal aus. Wir befinden uns im Jahr 2009, haben eine neue LYNYRD SKYNYRD Scheibe vor uns und da zählt letztlich nur das, was aus den Boxen kommt!

Lasst uns also zur "God & Guns" kommen, denn sonst verhaspele ich mich noch ganz und gar. Doch auch hier bleibt es anfangs nicht aus, eine weitere Frage in den Raum zu stellen. Eine ketzerische gar, die nicht zuletzt auch deshalb ihre Berechtigung hat, weil bereits ein paar (voreilige?) Kritiken der "God & Guns" im Netz herum irren.
Für wen machen LYNYRD SKYNYRD Musik?
Zuerst wohl für möglichst viel Geld in der Haushaltskasse. Gleichwohl aber auch für die vielen, vielen, seit Jahrzehnten aufs Engste mit Musik und Band verbundenen, teils mit der Band alt gewordenen, Fans (die diese Kohle ja schließlich locker machen); für sich selbst und vielleicht auch für all ihre einstigen Bandmitglieder, die es nicht bis zur "God & Guns" geschafft haben. Im Besonderen sprechen sie natürlich erst einmal alle US-Amerikaner und im Einzelnen (Simple Man Mentalität) vielleicht sogar nur all die Menschen an, die auf dem Zahnfleisch kriechen, deren Leben durch Wirtschaftskrise und Misswirtschaft am seidenen Faden hängt. Die sich an jeden aufmunternden Strohhalm klammern, den der Mississippi gen Süden trägt. Steht es da auch nur einem Ausländer, ja gar Deutschen zu, über Songs und Texte zu richten, die gerade für den Amerikaner Balsam sind, dem die gebratenen Hähnchen schon seit langem nicht mehr in den Mund fliegen? Der in Detroit, Ohio oder sonstwo in Containerunterkünften oder gar im Zelt leben muss, weil Wohnung oder Haus nicht mehr bezahlt werden konnten? Keiner aus unseren Breiten sollte sich anmaßen hier den Finger zu heben. Derlei besungene Durchhalteparolen mit ihren patriotischen Texten und Erinnerungen an gute alte Zeiten begleiten die Amis seit Gründung der USA. Sie haben weder etwas mit abgewählten Präsidenten, noch mit neuen Hoffnungsträgern oder gar mit Dummheit oder Borniertheit zu tun. Dass ist Amerika! Genau so ticken die meisten Amis; nicht nur die oft belächelten Rednecks, auch die, die trotz allen Ungemachs an sich und ihr Land glauben. Was ist verwerflich daran?! Mit genau dieser Einstellung, mit ebensolchem Patriotismus und dem festen Glauben an das Gute haben sie unser Land 1945 aus der Herrschaft des größten Feldherren aller Zeiten befreit. Schon vergessen...?!

Natürlich durfte sich eine Band wie LYNYRD SKYNYRD in den Augen der gestrengen deutschen Southern Rock Kenner (Knippie ausgenommen) niemals weiter entwickeln. Geschweige denn mit kommerzieller Musik die Radiostationen füttern. Lieber sollte sie am Hungertuch nagen, als sich dem Diktat eines Lebens zu unterwerfen, das nun mal möglichst viele Dollars fordert. LYNYRD SKYNYRD schlugen den Weg Richtung Mainstream schon mit der Mk II Besetzung ein, wie zwei überaus kommerzielle Songs auf dem 1977er Album "Street Survivors" zeigten. Definitiv waren die wilden Jahre der Band mit der Arbeit an diesem Album vorbei; die zerdepperten Hotelzimmer und Schlägereien wegen Alkoholgenusses in der Öffentlichkeit auf ein Minimum gesunken.
Im Jahr 2009 kommen LYN SKYN, welch Sakrileg, nicht nur den US-Radiosendern entgegen, sondern schlagen, wie bereits auf "Vicious Cycle", einen Weg ein, den die beiden Van Zant Brüder Johnny und Donnie seit etlichen Jahren beschreiten: Möglichst viele Menschen/Radiosender/TV-Stationen anzusprechen. Natürlich ist das kommerziell und natürlich geht es da um möglichst viel Flieder. Aber nochmal: Ist das sooo verwerflich?! Mitnichten, wie ich meine! Schon gar nicht im Vergleich zu den "Stars" und der Kakophonie, die Musikindustrie und TV-Unternehmen im Wochenrhythmus gebären und damit Kinder, Jugendliche, ja selbst die vermeintlich Alten und Weisen abzocken.
Da bleiben wir lieber bei Rossington & Co. Deren "God & Guns" lief und läuft beim Schreiber seit dem 29.08.09 in so ziemlich allen Lebenslagen. Intensiv unter dem Kopfhörer genauso wie nebenbei in der Küche oder so richtig schön laut im Auto. Ein objektives Urteil dazu wird es zwar dennoch nicht geben, denn auch bei Rest-LYNYRD SKYNYRD fließt des Rezensenten Herzblut in größeren Gebinden. Wer da behauptet, objektiv zu sein, würde lügen. Aber: Wenn dieses Review schon nicht objektiv sein kann, dann wird es, und dass sei allen Lesern versichert, in jedem Fall ehrlich sein!

Geh'n wir's an: Schon längst kein Unbekannter mehr ist der "God & Guns"-Opener Still Unbroken. Ein erstklassiges Take, das vor Selbstbewusstsein strotzt und mit tollem Riff und fettem Groove jede Menge gute Laune macht. Auch Simple Life mag sofort überzeugen, denn zum Einen bevorzugt auch der Schreiber ein solches, zum Anderen steht ihm manche Textzeile Aug in Aug gegenüber. Johnny Van Zant hat es, diesem Song nach, erkannt. Ob Väter nun mit ihren Söhnen zum Fischen, zum Pilze suchen oder einfach nur zum "streunern" gehen, ist egal. Was bleibt ist wichtig. Für Jung wie Alt gleicher Maßen. Erinnerungen nämlich, die weder teure Kino-Besuche, Freizeit-Parks noch stylische Klamotten ersetzen können; Erinnerungen, die nicht nur zusammen schweißen, sondern sowohl den Kleinen, wie den Großen ein Leben lang im Gedächtnis bleiben und Letzteren ein wenig das gute Gefühl vermitteln, nicht alles falsch gemacht zu haben...
Mit Little Thing Called You schieben LYN SKYN einen herrlich schleppenden Riffrocker mit toller Hook hinterher. Eine Nummer, die sofort ins Ohr geht und gerne darin verweilen darf. Das sympathisch polternde Southern Ways fühlt sich definitiv mehr dem Roots Rock verpflichtet und hält für den Hörer ein fein perlendes, müsste noch von Billy Powell eingespielt sein, Pianospiel bereit.
Danach steht der nächste Riffrocker in den Startlöchern: Skynyrd Nation ist ein (funkig-souliger) Abfackler erster Kajüte und erinnert so ein kleines bisschen an None Of Us Are Free vom 1997er Album "Twenty". Beides, übrigens, ganz feine Nummern!
Die tränenreiche Country Rock Ballade Unwrite That Song sorgte bei den ersten Hördurchgängen noch für lange Gesichter. Solche "Brother To Brother"-Mucke hätte wohl keiner auf einem Album Namens "God & Guns" erwartet. Aber: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Unwrite That Song verfügt nämlich über eine subtile, ganz hundsgemeine Hookline, die sich mit hunderten von Widerhäkchen im Ohr verbeißt und tagelang nicht mehr hinaus will. X-mal am Tag erwischte sich der Schreiber beim vor sich Hinsummen dieses Ohrwurms, der Anfangs fast in die Schmacht-Trief-Schnief-Abteilung gestellt worden wäre. Natürlich verströmt der Song und die Glissandi einer Pedal Steel ein ganz gehörig Maß an Schmalz. Letztlich macht aber, wie so oft, das "Wie" die Musik! Und die bleibt im Ohr, ist also, trotz der geradezu greifbaren Nashville Attitüde, überhaupt nicht ohne!

Ein reizvoller Kontrast folgt auf dem Fuße: Wie einen boshaften Auszählreim fetzen uns Rossington plus Band das schwer bluesige Floyd um die Ohren. Neben tollen Gitarrensoli fällt mir hier erstmals und in Momenten eine Stimmlage des kleinen Van Zant auf, die sich, wie noch nie zuvor, dem rau-brüchigen Organ seines Bruders Ronnie auf beinahe unheimliche Weise nähert. Hat er in den letzten Jahren also doch gesoffen wie ein Bürstenbinder?! Auch bei That Ain't My America wird man dieses Deja Vu's gewahr und vernimmt in mancher Text-Partie ein Ronnie typisches Timbre. Der Song ist, wie Eingangs schon pauschal angesprochen, ein, sagen wir mal, sehr patriotisches, Hinterfragen von Traditionen. Rufen wir uns bitte ins Gedächtnis, dass große Teile der US-Amerikaner Patrioten nach Maß sind, die "Guten alten Zeiten" glorifizieren (was in unseren Breiten ja geradewegs undenkbar wäre...) und genau so etwas hören wollen! Allerdings könnte sich der Text des Songs für die Band zu einem Schuss ins Knie entpuppen. Wobei ich auch hier zu Bedenken gebe, ob das Beklagen (ist es das überhaupt oder ist es evtl. nur ein wehmütiger Abschied von alten US-typischen Gewohnheiten? Waren wir beim Songwriting dabei? Wissen wir, was in den Köpfen Van Zant's und der Anderen vor sich ging? Wohl kaum. Deshalb sollten wir vorsichtig mit vorschnellen Verurteilungen umgehen, denn die gibt es in USA nun wirklich und leider zu Hauf) von zu hohen Benzinpreisen oder des Undanks gegenüber Angehörigen der US Army so verwerflich ist (wir jammern natürlich nie über zu hohe Treibstoffpreise und wie unsere Politik mit "unseren" Truppen umgeht, war ja erst äußerst plakativ den Medien zu entnehmen)...
Die Macht der USA fußt letztendlich auf einem nationalen Zusammenhalt, wie er auf der Welt ziemlich einzigartig ist. Dass sich diese Gemeinschaft immer mehr selbst zu hinterfragen beginnt, ist ein Prozess der sich mit der Verteuerung der Rohölpreise und der Wirtschaftskrise zu einem, wenn auch langsamen, Selbstläufer entwickelt hat. Und so kann ein Song wie That Ain't My America durchaus auch die Frage nach dem "Warum" auslösen. Und das kann so verkehrt nicht sein; oder?!
Rein musikalisch betrachtet ist That Ain't My America ein Gassenhauer mit Melodie und Prägnanz, der sich ebenfalls hartnäckig in den Ohren festzusetzen vermag.

Bei prägnanten Songs verbleiben wir, denn LYN SKYN bollern ein krachendes Comin' Back For More aus den Handgelenken. Das Take brilliert nicht nur mit toller Hook, sondern vor allem auch mit fettem Groove und einer ganz fein eingewobenen Orgel. Zudem bildet es so eine Art Fundament für den fantastischen Titeltrack. God & Guns baut sich herrlich rootsig auf, ist perfekt arrangiert und zeigt sowohl den kleinen Van Zant, als auch Dale und Carol bei bester Stimme. Ab Minute 2:55 zeigen dann Rossington und Medlocke, dass sie nichts verlernt haben. Mit herrlichen Riffs und sich förmlich duellierenden Gitarren geben die beiden eine ganze Weile Vollgas, ehe der Song langsam und bedächtig ausklingt.
Etwas zu flach und gefällig kommen die beiden letzten Takes Storm und Gifted Hands daher. Damit zollen LYNYRD SKYNYRD wohl den rüstigen "Bahamas-Kreuzfahrern" Tribut und tragen eindeutig zu dick auf. Die Melodien der beiden Songs wären an sich nicht ohne, aber sowohl das aufdringlich-poppige Backgroundsinging von Storm als auch die Streicher (-Samples?!) bei Gifted Hands (das im Übrigen mit tollem Gitarrensolo versöhnt), sind, vornehm ausgedrückt, definitiv nicht das, was ich unter Southern Rock erwarten würde.

Schlussbetrachtung: Wenn ich heute echten Southern Rock hören möchte, dann greife ich zu BLACKBERRY SMOKE, den NEW SOUL COWBOYS oder CROBAR CRANE. Ob Rossington & Co. das Gespür für diese Musik tatsächlich abhanden gekommen ist, wage ich zu bezweifeln. Eher ist, wie die vergangenen Jahre zeigen, ein Wandel innerhalb der Band zu beobachten. LYN SKYN wollen offensichtlich, und nicht erst seit "God & Guns", möglichst viele Leute erreichen. Betrachtet man den 2009er Output der Band unter diesen Gesichtspunkten, dann ist "God & Guns" als ein in sich geschlossenes Album mit vielen famosen Songs und herrlichen Melodien zu werten. Ein Album, das, gerade im Hinblick auf die Tragik, die LYN SKYN seit 1977 verfolgt, ein Stück weit Mut macht. Mut nach vorne zu blicken, anzupacken, vielleicht sogar etwas Neues zu beginnen. Ein Album, das man, aus der Sicht eines, vielleicht armseligen, gefühlsduseligen, rückwärts gewandten und zutiefst mit LYN SKYN verbundenen, kleinen Schreiberlings, zwar nicht mit den Scheiben der 70er vergleichen darf, aber schon bald nicht mehr missen möchte. Ein kommerzielles Album, ja; aber ein sehr gutes kommerzielles Album. Mit satter Produktion und Spitzensound! Ein Album, mit dem wohl die meisten Freunde der Band (sofern sie nicht seit 20.10.1977 in stiller Agonie verharrten) ihre Freude haben werden.
-Und zuletzt auch ein Album, das, kann ich mir vorstellen, viele junge Hörer erreichen kann und anzusprechen vermag. Nicht nur aus diesem Grund gibt es für "God & Guns" eine klipp und klare Kaufempfehlung. Auch, und im Besonderen, für die, im Schnitt nur zwei Euro teurere "God & Guns" DoCD (mit einer tollen Live-Version von Red, White And Blue).
Ob LYNYRD SKYNYRD ihr selbst geschriebenes Buch mit "God & Guns" zuklappen (was nach so langer Zeit und so vielen Toten nicht abwegig wäre) oder in ein paar Jahren ein weiteres Kapitel hinzufügen, überlassen wir am besten dem Herrn. Denn der allein weiß, was kommt...

So, dass war's! Ich brat mir jetzt ein paar Burger. Nach einem Rezept von Charlie Daniels übrigens... und super lecker...!

Christian "Grisu" Gerecht, 14.09.2009

Das sind also LYNYRD SKYNYRD anno 2009?!
Ich mag es ja fast nicht glauben. Denn ich habe mit vielem gerechnet, aber nicht damit. “God&Guns“ ist abgesehen von wenigen Ausnahmen gespickt von radiotauglichen Banalitäten ohne Ecken und Kanten. Der Gipfel ist erreicht bei Song 4 Southern Ways, wo sich eine Legende wie LYNYRD SKYNYRD an All Summer Long des Prolletenrockers KID ROCK anlehnt, der sich damals ungeniert an Sweet Home Alabama schadlos gehalten hat. LYNYRD SKYNYRD kupfern hier quasi durch die Hintertür bei sich selber ab. Das muss doch nun wirklich nicht sein. Hat man das tatsächlich nötig?! Wen will man mit solch einem Song erreichen? Das eventgetriggerte Partyvolk?

Dabei geht das Album eigentlich ganz anständig los. Still Unbroken ist jetzt nicht der Überhammer, lass ich mir aber als Vorabsingle, Teaser  und Opener sehr wohl gefallen. Nur leider wird das Album dieses Niveau nie wieder erreichen. Und so wird ein durchschnittlicher Song zum Highlight der Platte.

Für einen Gelegenheits-LYNYRD SKYNYRD-Hörer wie mir ist “God&Guns“ eine herbe Enttäuschung. OK, ich habe mir bisher aus dem Backkatalog der Band immer nur die Rosinen rausgepickt, aber mit so einem Qualitätsunterschied habe ich nicht gerechnet. Für so Typen wie mich taugt das Album nichts, ob es für den Die-Hard-Fan taugt müssen andere entscheiden.

Thorsten Philipp, 14.09.2009

In der Gerüchteküche erzählt man sich hinter vorgehaltener Hand, dass "God And Guns" möglicherweise das letzte Album der Band sein könnte. Ich kann's mir zwar nicht vorstellen, aber sollte dem tatsächlich so sein, dann haben sich die Jungs einen echten Bärendienst erwiesen, denn das Album klingt eher nach einem mittelmäßigen Aufguss des weich gespülten Van Zant Brüderprojektes als nach den Southern Rockern, die nun seit fast vierzig Jahren die Rebelflag hochhalten. Aber wenn man es sich mal genau überlegt, muss es einen auch nicht wirklich überraschen, denn von den alten Haudegen ist außer einem schemenhaften Gary Rossington leider keiner mehr übrig. Wer sich von Rickey Medlocke noch irgendeine Wendung zum Besseren erwartet hat, kann dies getrost vergessen, die letzte Hoffnung ist mit Hughey Thomasson von uns gegangen, seit dem regiert der Mainstream und Lyrics zum Abgewöhnen. Das Album tut zwar niemandem weh und man kann es prima im Aufzug, im Kaufhaus oder leise im Hintergrund hören und sicher, ein paar Lichtblicke gibt es auch, aber im Grunde ist die Bilanz niederschmetternd und fast schon traurig. Vielleicht war aber genau das die Intention, wer weiß. God bless.

Ralf Frank, 14.09.2009

Zugegeben, ich bin kein Southern-Rock-Experte und auch nicht bewandert in der Historie von LYNYRD SKYNYRD, aber ich muss schon sagen, das neue Album der Band ist in meinen Ohren ein echter Knaller. Schon der Opener Still Unbroken zeigt LYNYRD SKYNYRD von ihrer besten Seite: rockig, treibend, emotional. Eben eine Band, die sich auch durch die zahlreichen Rückschläge und Tragödien nicht unterkriegen lässt. Die Musik pulsiert nur so, bricht sich frei und berührt zutiefst. Die Gitarristen zeigen ihr Können, ohne High-Speed-Ansprüche sondern mit akzentuierten, kurzen und knackigen Soli. Generell ist die Gitarren-Arbeit hier nur als superb zu bezeichnen, egal ob die elektrische oder die akkustische, was die Herren Rickey Medlocke, Mark Matejka und Gary Rossington hier auch anfassen, wird musikalisches Gold. Darüber setzt Johnny Van Zant den ideal passenden Gesang.

Das perfekte Album, also? Nun, nicht ganz. Denn manche Texte klingen in meinen Ohren einfach zu klischeebehaftet. Bei den ewig alten (oder neuen) Liebes-Nummern kann ich da noch auf Durchzug schalten. Aber That Ain’t My America und der Titeltrack God & Guns werfen bei mir doch erhebliche Fragen auf. Wer meint, Amerika komme ohne Schulgebet (That Ain’t My America) und Colt in der Schublade nicht aus (God & Guns), oder der soeben vollzogene Wechsel in der Politik sei nicht das „wahre Amerika“ den kann ich nicht Ernst nehmen. Sorry, Herr Van Zant, sowohl politisch als auch gesellschaftlich gesehen haben sie einen Voll-Schuss. Leider wird der peinliche Geistes-Inhalt hier mit ziemlich guter Musik unterlegt. Also erfreu ich mich an dieser und versuche die Lyrics zu ignorieren.

Marc Langels, 14.09.2009

Es ist schon irgendwie amüsant, wie sich die alten Southern-Rock Freaks über SKYNYRDs neues Album "God & Guns aufregen. Möglicherweise gelingt es ihnen einfach nicht, die rosarote Siebziger Jahre LYN SKYN-Brille abzustreifen und halbwegs neutral bzw. objektiv auf dieses Alterswerk zu blicken, um halbwegs unvoreingenommen die 12 Tracks zu beurteilen.
Ich selbst war nie ein großer SKYNYRD-Fan, kenne natürlich ihre 70's Platten, "Second Helping", hab ich mir z.B. als blutjunger Teenager vom Taschengeld abgespart, aber diese devote Verehrung an das Line-Up vor dem unsäglichen Flugzeugabsturz 1977 kommt mir irgendwie weltfremd vor. Dies hier ist selbstredend nicht mehr die Truppe von einstmals, wie sollen sie also dann auch so feine Platten hinbiegen wie seinerzeit im Frühling?

Die neue CD begleitet mich jetzt seit einer Woche treu und brav im Auto und auch unterm Kopfhörer und beweist letztlich doch mehr als zwei oder drei starke Momente, z.B. den knalligen Opener Still unbroken, das recht nette und adrette Hit-Liedchen Simple life, das ebenfalls ordentlich rockende Little thing called you gefällt mit brennenden Gitarren, das riffbetonte Skynyrd Nation haut in eine ähnliche Kerbe, das wirklich nicht unüble Floyd sammelt auch Pluspunkte, Comin' back for more und Storm hauen auch gut rein. Eine ordentliche Ausbeute, wie ich finde. Die zünftigen Rocknummern überzeugen also insgesamt, natürlich auch weil sie 'state-of-the-art' produziert ist und weil Sänger Johnny van Zant meist eine kraftvolle Figur abgibt. Sicherlich haben die guten alten Ur-Skynyrds ein paar bessere Songs geschrieben, das mag ja sein, doch dies hier kann sich, eingedenk der Tatsache, dass es sich quasi um eine komplett andere Band handelt, durchaus hören lassen. Die Balladen hingegen sind einfach mies, zu schwülstig, abgeschmackt und abgegriffen, schlichtweg langweilig.
Was die betagten Südstaatler im Allgemeinen so in ihren Songlyrics verzapfen, muss hier nicht weiter erörtert werden, dieser reaktionäre Patriotismus ist für uns Deutsche kaum nachvollziehbar und bereitet Stirnrunzeln. Davon abgesehen bleiben jedoch immer noch eine Handvoll verdammt ordentlicher Rock-Songs und zum Finale das sprühende Gitarrenfeuerwerk von Gifted hands. Passt schon...

Frank Ipach, 14.09.2009

 

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