Mathias Schüller Affentanz, Cactus Rock Records, 2017 |
Mathias Schüller | Vocals, Guitars, Keyboards, Bass, Drums | |||
HB Hövelmann | Electric Lead Guitar | |||
Achim Theussen | Percussion | |||
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01. Zauber | 05. Affentanz | |||
02. Schwarzes Haar | 06. Tiger | |||
03. Leinen los | 07. Liebe | |||
04. Tagebuch | ||||
Der Affentanz wird mittlerweile auf der ganzen Welt getanzt. Ein globales Phänomen. Auf jedem Kontinent wird er natürlich ein wenig variiert. Klar, jedes Land pflegt so seine Eigenarten und bringt seinen eigenen Swing mit ein. Diesen sprichwörtlichen Affentanz, der sich allerorten aus Ellenbogenmentalität, Raffgier, Unbedachtheit bis hin zu totaler Ignoranz speist, beschreibt der Weseler Songwriter Mathias Schüller auf seinem gleichlautenden neuen Album.
War Schüllers letztes Werk ("Fremder" von 2015) noch ein überbordendes Doppelalbum, beschränkt sich der Bartträger vom Niederrhein nun auf sieben Lieder. Doch die haben es tatsächlich in sich. In der Kürze liegt die Würze, um hier mal einen abgehalfterten Slogan zu bemühen. Und ja, sieben Songs passen besser und klanggewaltiger auf ein schönes und gut klingendes Vinylalbum. Schüller selbst gibt sich diesbezüglich old school und gönnt der dicken schwarzen Scheibe und dem Hörer/Leser ein feines, auskunftsfreudiges Beiblatt mit allen Lyrics und erläuternden Sinnsprüchen zu den Einzeltracks.
Schüller, ein Songpoet der sich naturgemäß immer wieder schwere Gedanken über unsere Welt macht, hinterfragt im Titelsong Affentanz einmal mehr den Sinn des Lebens. Der scharfsinnige Multiinstrumentalist, der den Großteil der Platte im Alleingang einspielte, versieht seine neuen Lieder jedoch gerne auch mit einer augenzwinkernden Schlusspointe. Ein Schachzug, der auch dem ohnehin schon spannenden Tagebuch noch den letzten Pfiff gibt.
Überhaupt, der Künstler scheint seiner immer wieder aufkreuzenden Melancholie mit Humor und Trotz entgegenzuwirken. Wozu der ganze Affentanz? Genau, Mathias, die Frage stellen wir uns alle. Da scheint es doch tatsächlich besser und wirkungsvoller zu sein, sich dem Zauber der Weiblichkeit hinzugeben, ihr duftendes Schwarzes Haar in Ehren zu halten und generell sein Leben nach dem Credo Leinen los zu meistern. Erliegt man dann eines dunklen Tages doch seiner Schwermütigkeit, empfiehlt Herr Schüller das Hören trauriger Lieder. Immer und immer wieder. Denn manchmal sitzt die Seele in eines Zahnes dunkler Höhle.
Schüllers neuer "Affentanz" kleidet seine Songs überraschenderweise mit mehr Griffigkeit aus. Das Spröde und Kantige liegt im Keller und kuschelt sich unter einer Staubschicht. Tagebuch mit seiner knackigen Wah-Wah Gitarre hat schon was von einem Ohrwurm. Im Vergleich zu seinen früheren Alben, möchte man fast behaupten Schüller goes Pop. Indie-Pop wohlgemerkt. Einen so flauschigen Song wie Leinen los, der irgendwie an den Hamburger Niels Frevert erinnert, hat man so noch nicht von Schüller gehört. Die mehr oder minder rockige Direktheit von Schwarzes Haar lebt von exquisiter Percussion und HB Hövelmanns scharfem Sologitarrenspiel.
Schließlich gerät der "Affentanz" erneut so individuell, dass Mathias Schüllers pure künstlerische Note nach wie vor unverkennbar bleibt. Den hoffnungsvollen Schwung dieses Klasse-Albums darf ein jeder mitnehmen, um die Schrittfolgen seines eigenen, kleinen Afftentanzes zu üben, zu verfeinern und zu perfektionieren.