Naughty Jack

Good Times

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 22.04.2008
Jahr: 2007

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Naughty Jack Homepage



Redakteur(e):

Christian Gerecht


Good Times, Wang Dang Doodle, 2007
Adam Morley (aka Naughty Jack)Dobro
Gastmusiker: Jerome DavisDouble Bass Parts
Produziert von: Adam Morley Länge: 27 Min 49 Sek Medium: CD
01. Good Times06. Honey, It's Alright
02. Whiskey Song07. Tomorrow
03. Everybody Who Meets My Baby08. Naughty Jack's Blues
04. Work09. Forget I Was Ever Gone
05. Soothe My Head10. Dr Tom's Farm

Manchmal geschehen seltsame Dinge. Du gehst guten Mutes zum Friseur und der schneidet dir aus Versehen ins Ohrläppchen. Oder vielleicht erinnert ihr euch an die letzte Tetanus-Impfung, bei der sich eine kleine Beule bildete, die euch zwei Nächte lang nicht auf dem Arm schlafen ließ. Vielleicht habt ihr beim Einkaufen auch schon mal in die Quark- oder Joghurt-Palette gegriffen und vorher nicht gesehen, dass genau da ein Becher aufgeplatzt war.
Tja, wohin nun mit den klebrigen Fingern ...?
Kann aber auch gut sein, dass jemand von euch an die CD von NAUGHTY JACK gerät.
Naughty Jack? "Who's the fuck is Naughty Jack?!"
Keine Ahnung!?
Ist nicht weiter schlimm; ich versuch' euch mal mit Jack bekannt zu machen ...

Jack, der richtig Adam Morley heißt, ist eigentlich ein ziemlich sympathischer Typ. Er lebt in London, pichelt gern Whiskey, singt gern unter der Dusche, geht gern in gemütlich-düstere Spelunken und spielt leidlich Gitarre.
Adam, der eigentlich schon immer Jack genannt wurde, dachte sich eines Tages, dass Jack allein ja ziemlich viele Menschen des anglo-amerikanischen Kulturkreises heißen und er distanzierte sich von den anderen Jacks in dem er seinem "Jack" ein "Naughty" voranstellte.
Is ganz witzig, dachte er sich, wird bestimmt jeder neugierig.
Dazu fing Naughty Jack nun an auf einer Dobro zu klimpern, wurde immer fingerfertiger und fühlte sich mit jedem neuen Resonator-Riff immer weiter und weiter von seiner nebligen Heimatstadt entfernt. Das ging nach einer ganzen Zeit Dobro-Spielens so weit, dass er seine Ersparnisse zusammenkratzte, den großen Ozean querte und im tiefsten Kernland Louisianas aus einem Greyhound fiel. Direkt an einer einsam, zwischen riesigen Feldern liegenden Kreuzung.
Hitze flimmerte über das Land und Naughty Jack lehnte sich an einen uralten Telegrafenmast, dessen Leitungen aus dem flimmernden Nichts kamen und in der flirrenden Hitze verschwanden. Jack rutschte in die Hocke, legte sich seine Dobro auf die Beine und begann ein paar einfache Akkorde zu spielen.
Es dauerte keine zwei Minuten, bis eine fette alte Krähe auf den Telegrafenmast flatterte und mit schräg geneigtem Kopf dem traurigen Dobro-Geniedel lauschte.
"Ey Alter", krähte die Krähe und Naughty Jack blickte überrascht auf. Dass die Krähen Louisianas seine Sprache sprachen, war ihm total neu.
"Was willst'n du von mir?" fragte er die Krähe.
Die Krähe verzog ihren Schnabel, schien irgendwie zu grinsen und entgegnete: "Ich will nix von dir, ich denke eher, dass du was von mir willst!"
Jack grübelte eine Weile. Dann sagte er: "Sach ma, kommst du sonst vielleicht in irgend'nem Oldtimer angefahren und hast'n schnieken Anzug an?"
"Na du bist mir ja einer", krähte die Krähe sichtlich vergnügt, "glaubst du etwa alles, was dir in Film und Fernsehen vorgegaukelt wird?"
"Ja, nee du, ich weiß nich ..." entgegnete Jack.
"Alles Quatsch", rief die Krähe herab, "mir ist aber trotzdem so, als hättest du ein Defizit in Richtung Fingerpicking und Glaubwürdigkeit!"
"Nee, ja du, ich glaub' schon, so irgendwie", stotterte Jack, nun sichtlich errötend, unter seinem ollen Strohhut hervor.
"Haste Kohle dabei?" fragte die Krähe mit einem gierigen Funkeln in den Augen.
"Na ja", sagte Jack, "viel isses nich, ich komm von weit her."
"Zeig mal her was de hast" krächzte die Krähe vom Mast herunter.
Naughty Jack griff in die Hosentasche und zog ein schmales Bündel zerknitterter Pfund-Noten hervor.
"Oje", jammerte die Krähe, "auch noch falsche Währung ..."
"Hey, hier gibt's nirgendwo 'ne Wechselbude" sagte Naughty Jack ärgerlich und zählte vierzig Pfund und ein paar Schilling in seinen abgewetzten, pappenen Gitarrenkoffer.
Die fette alte Krähe flatterte vom Telegrafenmast auf den Rand des Koffers und kratzte sich mit einem Flügel am Kopf: "Wenn ich richtig rechne, sind deine England-Talerchen gerade mal 80 Bucks wert! Dafür werd' ich dir nich viel helfen können!"
"Oooch, komm schon", bettelte Jack, "ich komm von soweit her. Da kannste doch mal 'ne Ausnahme machen!"
"Nöö! Ausnahmen gibbet nich!" motze ihn die Krähe an. "Wer ein richtiger Bluesmann werden will, der muss mindestens 300 Bucks rüber wachsen lassen. Woher er kommt, darf keine Rolle spielen. Keine Arme, keine Kekse; so is das Gesetz!"
"Dann lass mich wenigstens ein halber Bluesmann werden", jammerte Jack. Doch die Krähe blieb unerbittlich.
Eine halbe Stunde lang schacherte Naughty Jack um seine Kröten und um sein Leben. Und ob er nun ein halber Bluesmann oder nur ein Drittel-Bluesmann werden sollte.
Mit viel gutem Zureden ließ sich die Krähe auf den Ein-Drittel-Deal ein. Sie schnappte sich Jacks Pfundnoten, legte ein schwarz-weißes Häufchen zu Jacks Füßen und flog, ohne sich zu verabschieden, von hinnen.
Naughty Jack blickte auf die 17 Schilling, die ihm geblieben waren, und war ganz niedergeschlagen, denn er wusste nicht, wie er nun zurück in sein fernes London kommen sollte. Darüber wurde er so traurig, dass er unbewusst anfing, auf seiner Dobro zu klimpern.
Und dabei klimperte er so traurig und depressiv vor sich hin, wie es nur ein Drittel-Bluesmann tun konnte.
Nach einer Weile näherte sich ein Traktor dem Kreuzweg. Der Redneck, der ihn fuhr, hielt an, schaltete tatsächlich den Motor ab und lauschte ein paar Minuten lang Jacks Dobro. Dann warf er ihm drei Dimes in den Gitarrenkoffer, schüttelte den Kopf, ließ seinen Traktor wieder an und fuhr fröhlich pfeifend davon.
Naughty Jack spielte seine Dobro nun wo immer er konnte, trampte längs durch Louisiana, sammelte Dime um Dime und Nickel um Nickel und schlug sich durch bis New Orleans.
Das Elend dort beeindruckte ihn sehr, er vertiefte sein Gitarrenspiel weiter und wurzelte mit der Zeit noch mehr im Blues als vorher. Sagen wir mal zu 35 Prozent.
Das viele Kleingeld, das er sich erspielt hatte, versetzte er am Flughafen in ein One-Way-Ticket nach England. Dort, im nebligen, jetzt fast bluesigen London angekommen, immer noch mit den tiefen Eindrücken aus Louisiana im Herzen, machte er sich an die Songs für seine erste CD. Er schrieb eine ganze Menge traurig-nachdenklicher Takes und ließ dazu die Dobro niedeln, wie sie kaum jemand vorher an der Themse niedeln ließ. Jack nahm seine Musik in einem Stück selbst auf, schaffte sich zusätzlich einen Web-Auftritt an und wurde so in Londons Dobro-Liebhaberkreisen zu 35 Prozent berühmt.

Und tatsächlich hat nun Jacks CD Kontinentaleuropa erreicht. Nicht weit vor meinem fünfzigsten Geburtstag und nach gut 35 Jahren (was'n Zufall!) intensiv gelebter Rockmusik, darf ich seine CD, die er sinnigerweise (ein Schelm, wer Böses denkt) mit Good Times betitelte, in Händen halten!
Nun ist NAUGHTY JACK aber nicht der Erste, der mit einer Dobro allein mein Allerheiligstes erobern will. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte sich schon mal LARRY O. MOAN mit seiner CD Moan For A Bone vorgestellt. Larry, der ja in "Good old Germany" zu Hause ist, war natürlich auch in Louisiana. Vermutlich an derselben Straßenkreuzung wie Jack. Nur Larry hatte wohl mindestens 200 Bucks dabei ...
Und deshalb lassen sich die beiden Interpreten nicht direkt miteinander vergleichen. LARRY O. MOAN ist zwar musikalisch genauso minimalistisch, spielt aber rein technisch mindestens eine Liga über NAUGHTY JACK. Er hat ganz klar auch die bessere Stimme und ist letztendlich ein klein wenig wandlungsfähiger als der Londoner.
Also blenden wir LARRY O. MOAN mal vollständig aus und versuchen NAUGHTY JACK kein Unrecht zu tun.

Sehr gut finde ich, dass Jacks CD in einem feinem Foldout-Case kommt und, wie eine LP, in ein zusätzliches Inlay gepackt ist. Sympathisch auch das, als Mini-LP aufgemachte, Label der CD! Eine gewisse Liebe zum Detail kann man Jack also nicht absprechen.
Erstaunen machte sich jedoch breit, nachdem die CD im Player landete, denn lang wurde Jacks Silberling nicht gerade. Knapp 35 Prozent lang, schätze ich mal. Genau gesagt 27:49 Minuten!
Aber das macht nix. Wäre sie länger, hätte sie mich vermutlich in tiefere Depressionen gestürzt.

Jetzt aber mal im Ernst: Ich achte jeden Musiker, der es schafft, allein bzw. nur mit einer Gitarre "bewaffnet", zumindest einen kleinen Kreis an Musikliebhabern anzusprechen. Doch muss ich auch offen zugeben, dass mich derlei eintöniges Geniedel auf Dauer schlichtweg überfordert. Ein, zwei gute Songs von Jack im Verband mit etwas Roots-, Blues- und Southern-Rock auf einer selbst gebrannten "Compilation" fürs Auto kommt ja ganz gut, aber knapp 28 Minuten am Stück machen mich regelrecht kirre.

Aber (Großes ABER!): wer an solch puristischer Musik seine Freude hat, der kann in Good Times durchaus eine ordentliche CD finden. Die Takes sind zwar nicht besonders abwechslungsreich, aber die Scheibe ist sauber produziert und aufgenommen. NAUGHTY JACK fehlt allenfalls noch das richtige Blues-Timbre. Das sollte sich aber mit einem Fass Whiskey beheben lassen ...
Leute, die aus der Roots- oder gar Blues-Rock-Sparte kommen und tatsächlich Interesse an dieser Scheibe haben, sollten vorher unbedingt reinhören. Anspieltipps wären bspw. der Whiskey Song oder das wirklich schöne Dr. Toms Farm.

Christian Gerecht, 22.04.2008

 

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