Nightwish

Tristania

Stuttgart, Schleyerhalle, 28.02.2005

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Konzertbericht

Reviewdatum: 28.02.2005

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Redakteur(e):

Martin Schneider


Stuttgart, Schleyerhalle, 28.02.2005

Der Winter hält das Land mit eisiger Faust umklammert. Klirrende Kälte macht jede Bewegung im Freien zur Qual, doch über zehntausend Besucher haben sich auf den Weg in die Stuttgarter Schleyerhalle gemacht, die von zwei skandinavischen Bands in eine Sauna verwandelt werden soll.

Natürlich sind es in erster Linie die finnischen Chartsstürmer NIGHTWISH, die das Publikum in solchen Massen anlocken. Bei ihrem zweiten Abstecher nach Deutschland um das jüngste Erfolgsalbum "Once" live zu präsentieren haben Tarja und ihre Jungs TRISTANIA mitgebracht.

Das ist der Stoff aus dem großartige Konzerterlebnisse entstehen. Zwei Bands, deren gemeinsames Publikum eine große Schnittmenge bildet, die sich aber trotzdem stilistisch deutlich voneinander unterscheiden. Ein Package, an das man sich in vielen Jahren noch erinnern wird, weil es einfach eine nahezu perfekte Kombination darstellt.

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Setlist: Libre, World of glass, Selling out, Beyond the veil, The wretched, Sequel of decay, Circus, Angelore

NIGHTWISH sind Superstars, und haben es deswegen überhaupt nicht nötig ihren Gästen das Leben unnötig schwer zu machen. Warum am Licht sparen oder TRISTANIA auf der Bühne einschränken? Damit schmälert man letztendlich ja doch nur den Konzertgenuss der eigenen Fans.

So haben TRISTANIA hervorragende Rahmenbedingungen um ihr gerade erschienenes Album "Ashes" vorzustellen, vielleicht sogar bessere wie auf einer eigenen Headlinertour durch die Clubs, wenn man einmal von der kürzeren Spielzeit absieht.

Tristania Doch die Norweger haben ganz andere Pläne. Zwar bilden einige aktuelle Songs wie Libre, Circus oder The wretched die Eckpfeiler der Show, doch TRISTANIA lassen es sich nicht nehmen nahezu alle bisherigen Veröffentlichungen paritätisch zu berücksichtigen. Da kommt Beyond the veil genauso zum Einsatz wie ihr vielleicht bestes Epos World of glass.

TRISTANIA erweisen sich auch auf der Bühne als eine großartige Band. Auch wenn Vibeke Stenen die meisten Blicke des (männlichen) Publikums auf sich zieht, und mit ihrer düster-erotischen Präsenz, ihrer Mischung aus orientalischem Ausdruckstanz und exzessivem Headbangen und ihrer verführerischen Stimme die Anwesenden fesselt, so ist das Markenzeichen der Band der Einsatz dreier markanter unterschiedlicher Leadstimmen. TRISTANIA wären ohne Osten Bergeroy und Kjetil Ingebrethsen, ohne die infernalischen Growls und ohne den ausgleichenden klaren männlichen Gesang, einfach nicht TRISTANIA.

Es wird allerdings auch ganz offensichtlich, warum NIGHTWISH und nicht TRISTANIA fünfstellige Besucherzahlen in die Konzerttempel locken. Nein, das ist keine Frage von die einen wären besser, wie die anderen. Vielmehr ist es dann doch eine Stilfrage.

Tristania Wo NIGHTWISH in letzter Konsequenz immer der massenkompatiblen und eingängigen Melodie den Vorzug geben, da haben sich TRISTANIA ihren räudigen Undergroundcharme bewahrt. Bei den Norwegern wird das Wörtchen Metal in ihrem symphonischen Gothic Metal noch ganz groß geschrieben.

Die Band macht keinen Hehl aus ihren latenten Vorlieben für Black Metal und Doom. Die Kompositionen ziehen ihren Reiz gleichermaßen aus den erhabenen Stimmungen, die sie transportieren, aber auch aus ihrer Komplexität und Offenheit gegenüber extremen Stilistiken.

TRISTANIA erwecken dagegen den Anschein, als wollen sie gar nicht 'everbody's darling' sein, sondern pflegen bewusst eine gewisse Sperrigkeit in ihren Kompositionen, eine Exklusivität, die eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit dem Material erfordert. Damit verbauen sie sich zwar selbst den Weg zum absoluten kommerziellen Erfolg, die Möglichkeit in Popularitätsbereiche von Bands wie WITHIN TEMPTATION oder dem heutigen Headliner vorzustoßen, bewahren sich aber ihren völlig eigenen Charakter.

Tristania Hoffen wir, dass dies noch lange so bleibt und die Band ihre momentane Kompromisslosigkeit und konsequente Selbstverwirklichung nicht irgendwann doch noch dem schnöden Mammon opfert. Und wenn wir am Ende ganz ehrlich sind, die Vorstellung TRISTANIA irgendwann als Headliner in einem rappelvollen LKA zu erleben, was wahrlich nicht unrealistisch angesichts der Klasse der Band sein sollte, hat auch etwas für sich.

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Setlist: Dark chest of wonders, Planet hell, Come cover me, The kinslayer, The siren, Phantom of the opera, High hopes, Bless the child, Wishmaster, Kuolema Tekee Taiteilijan, Slaying the dreamer, Nemo, Sleeping sun, Ghost love score, I wish I had an angel

NIGHTWISH verstehen es gekonnt ein einfaches Rockkonzert in eine beeindruckende Inszenierung zu verwandeln. Gleich die dynamische Eröffnungssequenz von Dark chest of wonders wird mit Pyroeffekten untermalt und von da an blitzt, kracht und donnert es an allen Ecken und Enden, dass es eine wahre Pracht ist. Mal schießen meterhohe Flammenfontänen in die Höhe, dann werden Feuerwerksraketen am Bühnenrand gezündet, hier ein Funkenregen dort eine Explosion, die Bühnennebel freisetzt... Wer braucht da noch Sylvester?

Zu praktisch jedem Stück gibt es mindestens einen Spezialeffekt und damit stoßen NIGHTWISH showtechnisch durchaus in KISS-Dimensionen vor. Doch es ist keine billige Effekthascherei, denn das haben die Finnen gewiss nicht nötig.

Nightwish Tarja Turunen nimmt das Publikum vom ersten Augenblick mit ihrer dezent-eleganten Erotik verströmenden Ausstrahlung gefangen, und ist dennoch nicht der einzige Blickfang auf der Bühne. Marco Hietala und Emppu Vuorinen sind ständig in Bewegung, bangen zum symphonischen Power Metal der Band was das Zeug hält und selbst Keyboarder Tuomas Holopainen belegt, dass man durchaus an den Tasteninstrumenten einen engagierten Beitrag zum Stageacting leisten kann.

Dabei läuft die Band, trotz der starken Fokussierung auf visuelle Elemente nie Gefahr mit ihrer Musik zur Nebensächlichkeit zu werden. Wie auch, mit Tarjas phantastischer, ausgebildeter Opernstimme, dem erklärten Markenzeichen von NIGHTWISH.

Zu Beginn des Auftritts erschlagen einen NIGHTWISH regelrecht mit ihrer Mischung aus opulentem wagnerianischem Bombast, zuckersüßen Ohrwurmmelodien und hartem Rock. Andrew Lloyd Webbers Phantom of the opera sorgt für eine Gänsehaut und bringt all das was NIGHTWISH ausmacht konzentriert auf den Punkt.

Nightwish Danach haben sich Tarja und das Publikum eine kleine Pause verdient, die von der Sängerin zum ersten von vier Kostümwechseln genutzt und von der restlichen Band mit einer Coverversion von PINK FLOYDs High hopes überbrückt wird. Passend zu den Textpassagen 'The grass was greener' wird die Bühne in - na was wohl - grünes Licht getaucht und spätestens damit wird jedem deutlich wie minutiös jedes Detail der Show geplant und choreographiert ist. Da hat sich jemand wirklich ausgiebig Gedanken gemacht und Mühe gegeben. Das ist ganz großes Theater.

Dankbar nimmt das Publikum die hart rockenden Klassiker Bless the child und Wishmaster im stark auf "Once" zugeschnitten Set entgegen, bevor Tarja die in finnisch verfasste Ballade Kuolema Tekee Taiteilijan gefühlvoll, ja fast zerbrechlich intoniert.

Eine überraschend heftige Version von Slaying the dreamer leitet schon zum großen Finale über für das sich die Finnen ihre Hitsingle Nemo aufgespart haben. Damit locken sie auch die Letzen aus der Reserve, wie die beiden halbwüchsigen Mädchen links von mir, die das gesamte bisherige Konzert nur wenige Meter vom Bühnenrand entfernt auf dem Boden sitzend(!) verbracht haben.

Nightwish NIGHTWISH verabschieden sich mit einem überraschenden und geradezu genialen Showeffekt. Von der Hallendecke stürzt vor der Bühne Wasser und bildet einen einem Wasserfall nachempfundenen Vorhang. Welch großartige Idee.

Im Zugabenblock spielen NIGHTWISH noch einmal all ihre Qualitäten aus. Die romantischen Seelen werden mit dem melancholischen Sleeping sun bestens bedient. Zum episch-bombastischen Ghost love score überflutet ein Konfettiregen aus mehreren in der Halle positionierten Konfettikanonen das überwiegend schwarz gewandete Publikum mit roten und weißen Schnipseln, was noch einmal einen reizvollen optischen Effekt abgibt. Mit I wish I had an angel, der zweiten Hitsingle aus "Once" fährt die Band zum Abschluss noch einmal das volle Heavybrett auf und jagt die letzten verbliebenen Pyros in die Luft.

Stark beeindruckt von dem phantastischen Konzert nimmt einen wenig später die kalte Winternacht wieder in Empfang, doch irgendwie scheint rund um die Schleyerhalle doch etwas Schnee und Eis geschmolzen zu sein.

Eine Schlussbemerkung sei mir allerdings noch gestattet. Das es der Presse bei NIGHTWISH lediglich für die Dauer von einem lumpigen Song gestattet war zu fotografieren ist mehr als armselig. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen (sei es nun Band oder Management) einmal Gedanken machen, wo die Band ohne die ausführliche und zumeist wohlwollende Berichterstattung während der letzten Jahre in den verschiedenen Medien heute stehen würde. Vielleicht hätte man ja auch an diesem Abend in Stuttgart gespielt, aber wohl eher vor knapp achtzig Besuchern in der Röhre.

Besonderer Dank an: Marion von Contra Promotion für die Unterstützung.

Martin Schneider, 02.03.2005

 

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