Ougenweide

Wol mich der Stunde

( English translation by Google Translation by Google )

CD-Review

Reviewdatum: 23.06.2005
Jahr: 2004

Links:

Ougenweide Homepage



Redakteur(e):

Martin Schneider


Ougenweide
Wol mich der Stunde, Sireena Records, 2004
Minne GrawGesang, Flöte, Harmonium, Cembalo, Piano, Orgel
Frank WulffGesang, Gitarren, Flöte, Mandoline, Sitar, Harmonium, Bouzouki, Krummhorn
Olaf CasalichGesang, Schlagzeug, Percussions
Steffan WulfBass, Gitarren, Percussions, Piano, Marimba, Vibraphon, Zitter, Akordeon, Synthesizer
Wolfgang von HenkoGesang, Gitarren, Mandoline
Jürgen IsenbartGlockenspiel, Xylophon, Percussions
Produziert von: ??? Länge: 66 Min 42 Sek Medium: CD
1. Der Schlemihl10. Die Gedanken sind frei
2. Ouwe wie jaemerliche11. Kommt ihr Jungfern helft mir klagen '84
3. Durch den Ermel gat daz Loch/Kommt ihr Jungfern helft mir klagen '79 12. Ougenweide '84
4. Maienzit13. Ukulele
5. Zittert, zittert blöde Toren14. Ouwe
6. Pferdesegen15. Der Blinde und der Lahme
7. Im Badehaus16. Wann sie dahs
8. Es fuhr ein Pawr gen Holcz17. Ougenweide '70
9. Neidhart

OUGENWEIDE sind ein Phänomen.
In den Siebzigern waren es die Norddeutschen, die mittelalterliche Musik in unseren Breitengraden in Rockkreisen salonfähig machten und unschätzbare Pionierarbeit leisteten. Als die Szene dann zwanzig Jahre später zu ihrem bis heute anhaltenden Höheflug ansetzte war von OUGENWEIDE weit und breit nichts zu sehen und zu hören.

Zwar erschien 1997 das überzeugende Album "Sol", das aber sträflich unterbewertet in der Versenkung verschwand. Dem Großteil der Altfans war "Sol" eindeutig zu innovativ und zu weit von den Ursprüngen der Band entfernt. Die neue Generation an Mittelalterfans kannten die Band nur, wenn ihre Altvorderen dieses Wissen an sie hinter vorgehaltener Hand weiter gegeben hatten.

OUGENWEIDE hatten einfach marktstrategisch den Absprung aus den Siebzigern verpasst, nicht zuletzt weil man es versäumt hatte die LP-Veröffentlichungen auf CD der Nachwelt zu erhalten.

Außer "Liederbuch" und einer obskuren Kleinstauflage von "Eulenspiegel" gab es nichts und es ist niemanden, der mit SUBWAY TO SALLY, IN EXTREMO oder MERLONS in die Szene hineinwuchs, zu verdenken, wenn ihm das angestaubte und stark Liedermacher- und folklastige "Liederbuch" ein 'Buch mit sieben Siegeln' blieb.

Kaum zu glauben, aber es gibt nun eine weitere 'neue' CD von OUGENWEIDE. Das neu in Anführungszeichen, weil es sich leider nicht um den von mir lang herbei gesehnten "Sol"-Nachfolger handelt, sondern um eine Zusammenstellung aus Archivmaterial von 1970 bis 1984, bei dem es sich überwiegend um Liveaufnahmen handelt.

Und wieder tat ich mir sehr schwer Zugang zum Schaffen der Hamburger zu finden. Nach dem dritten oder vierten Hördurchgang aber funkte es dann aber doch noch und zwar ganz gewaltig.

Keine Frage, "Wol mich der Stunde" ist anders, als das was man heute üblicherweise mit mittelalterlicher Musik in Verbindung bringt. OUGENWEIDE sind in erster Linie eine Folkband, die teilweise auf mittelalterliche Liedgutüberlieferungen zurückgriff. Sie sind aber vor allem Kinder 'ihrer' Zeit.

Die Siebziger erlebten unter dem Eindruck der Hippiebewegung und der APO eine Renaissance der Protestsongs der Arbeiterbewegung, an denen OUGENWEIDE genauso wenig vorbei kamen, wie an den für die damalige Zeit typischen, und heute etwas unbeholfen wirkenden, Rockelementen.

So sind durchaus Bezüge zu britischen Folkrockern wie FAIRPORT CONVENTION oder PENTAGLE, bisweilen aber auch JETHRO TULL auszumachen. Der mittelalterliche Einfluss ist allerdings wesentlich größer, vor allem auch als auf "Liederbuch".

Somit wird diese liebevoll gestaltete Digi-Pack-CD, die ausführliche Linernotes zur Bandgeschichte erhält, zu dem Album, das der gegenwärtigen Mittelalterszene die Tür zur Vergangenheit öffnen könnte. Vielleicht wird es aber auch gleichzeitig zu einem späten Neuanfang für OUGENWEIDE.

Wer sich heute an mittelalterlichen Klängen erfreut, sollte sich mit "Wol mich der Stunde" aus historischem Interesse ernsthaft auseinander setzen, auch wenn es nebenbei noch einmal deutlich unterstreicht, dass die wahrhaftige OUGENWEIDE-Sternstunde "Sol" war.

Martin Schneider , (Impressum, Artikelliste), 23.06.2005

 

© 2008 - 2024 by Hooked on Music