Paul McCartney Live Kisses, Eagle Vision, 2012 |
Paul McCartney | Vocals | |||
Diana Krall | Piano | |||
John Clayton | Upright Bass | |||
John Pizzarelli, Anthoiny Wilson, Joe Walsh | Guitars | |||
Karriem Riggins | Drums | |||
Mike Mainieri | Vibraphone | |||
Sid Page | Violin | |||
Abe Laboriel Jr | Backing Vocals | |||
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01. I'm Gonna Sit Right Down And Write Myself A Letter | 08. My Valentine | |||
02. Home | 09. Always | |||
03. It's Only A Paper Moon | 10. My Very Good Friend The Milkman | |||
04. The Glory Of Love | 11. Bye Bye Blackbird | |||
05. More I Cannot Wish You | 12. Get Yourself Another Fool | |||
06. We Three | 13. My One nd Only Love | |||
07. Ac-Cent-Tchu-Ate The Positive | Bonus Material: Video, Interview, Behind The Scenes | |||
Vor ein paar Wochen stellten wir an dieser Stelle Jeff Lynnes musikalische Kindheitserinnerungen ("Long Wave") vor. Verstaubte und liebreizende Songs, die mit Sentiment und Hingabe in die Jetztzeit transportiert werden, in der Hoffnung, den einen oder anderen Hörer für die Schönheit dieser verblassenden Schätze zu gewinnen. Vor allen Dingen aber auch, um die sentimentalen Kindheitserinnerungen des ausführenden Künstlers zu kanalisieren.
Paul McCartney (*1942), neben John Lennon der Ideengeber für den unvergänglichen und großartigen BEATLES-Katalog, wuchs in den Vierziger Jahren im Kreise seiner Familie mit eben jenen Songs aus dem fantastischen Great American Songbook auf und sieht in der handwerklichen und emotionalen Schönheit dieser Songs den Impulsgeber, die Basis, das Rüstzeug für sein eigenes Songwriting, das ihm knapp zwanzig Jahre später zu Weltruhm und Unsterblichkeit verhalf.
Künstler, der er ist, verlässt sich Macca nicht auf das Naheliegende, repetiert nicht die immergrünen Standards, die z.B. Rod Stewart oder Robbie Williams in leicht schalen bzw. aufgeblasenen Ergüssen zum Besten gaben, sondern verlegt sich, zur Wahrung seiner künstlerischen Integrität, auf eher abseitige, weniger bekannte Standards, die er mit Hilfe seines Produzenten Tommy LiPuma, seines Musical Director Diana Krall und einer Handvoll Freunde akribisch und kritisch selektierte und in persönlich gefärbte Arrangements kleidet. Zum besseren Verständnis werden projektbegleitende Erläuterungen und Gedanken lose zwischen die einzelnen Songs gestreut und geben den Beteiligten Raum für persönliche Reflexion.
Die Songauswahl dieses denkwürdigen Abends im Februar 2012 verlässt sich einzig und allein auf das Repertoire, mit dem Sir Paul zu Beginn des Jahres via "Kisses On The Bottom" seine Kindheitserinnerungen zum Leben erweckte. Verträumte, kecke, amüsante, melancholische und zärtliche Melodien, die mit Witz, Charme und Hingabe ihrem jazzigen Umfeld frönen und durch die meisterliche Handwerkskunst ausgesuchter Kollegen wie Diana Krall, John Pizzarelli, John Clayton, Mike Mainieri und (man höre und staune) Joe Walsh ihr zartes Eigenleben entwickeln.
McCartney, dessen Stimmvolumen mit fast 70 Jahren nicht mehr von allzu großer Tragweite gesegnet ist, passt sich ganz wundervoll an und gleitet auf zarten Pfoten in das üppig angerichtete Königreich dieser immergrünen Standards, die er mit seinem selbstkomponierten und wirklich anrührenden My Valentine gekonnt ergänzt. Hier singt eben nicht Frank Sinatra, Dean Martin, Nat King Cole, Fats Waller oder Fred Astaire, sondern ein Meister zeitgenössischer Pop-Musik, der sich mit Leidenschaft und Urvertrauen in die Arme seiner versierten Begleiter wirft und würdevoll von den sanften Kaskaden des zurückhaltend agierenden Streicher-Ensembles getragen wird. In vielen Momenten wirkt die anheimelnde Szenerie in den Capitol Sudios sehr einnehmend, berührend und auf altmodische Weise einladend herzlich und romantisch und bezieht ihren Reiz aus der offenkundigen Spielfreude und sehr kollegialen Stimmung unter den Musikern. Ein Fest für Liebhaber dieses historischen Liedguts.
Die fabelhaft in einem schmucken Digi-Pack gewandete BluRay-Disc wartet zudem mit üppigen Liner-Notes auf, unterhält uns mit einem interessanten Skype-Gespräch zwischen Elvis Costello (Diana Kralls Ehemann) und Paul McCartney und lädt im Bonusteil ein zu großer Verzückung, wenn die betörende "Black Swan"-Darstellerin Natalie Portman und Edelmime Johnny Depp im Videoclip zu My Valentine mit sparsamer Mimik und reduzierten Gesten die internationale Zeichensprache in Gänsehautmomente verwandeln.
Sir Paul und Produzent Tommy LiPuma geben im angehängten Interview bereitwillig Auskunft über die Hintergründe und Zusammenhänge dieses ambitionierten Projekts, das, so hört man zwischen den Zeilen, insgeheim schon auf seine Fortsetzung wartet.