Placebo Meds, Virgin Records, 2006 |
Brian Molko | Vocals, Guitars | |||
Stefan Olsdal | Bass | |||
Steve Hewitt | Drums | |||
Michael Stipe | Vocals | |||
Alison Mosshart | Vocals | |||
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1. Meds | 8. Blind | |||
2. Infra-Red | 9. Pierrot The Clown | |||
3. Drag | 10. Broken Promise | |||
4. Space Monkey | 11. One Of A Kind | |||
5. Follow The Cops Back Home | 12. In The Cold Light Of Morning | |||
6. Post Blue | 13. Song To Say Goodbye | |||
7. Because I Want You | ||||
Ist doch auch mal ein interessanter Ansatz, eine Band zu besprechen die man seit Jahren zwar namentlich kennt, aber noch nie einen Ton ihrer Musik gehört hat. Mir war z.B. gar nicht bewußt, dass PLACEBO so groß sind, dass sie schon Millionen von Platten verkauft haben, dass sie Fans in aller Welt verzücken. Nicht, dass mich so etwas beeindruckt, aber erstaunlich ist es allemal. Zeit, sich mal mit dem Phänomen PLACEBO auseinanderzusetzen.
Da mir bisher, wie gesagt, keine einzige der PLACEBO-Scheiben begegnete, konnte ich ihrem neuesten Werk "Meds" völlig unvoreingenommen Gehör schenken, ohne jetzt auf die üblicherweise gerne herangezogenen Vergleiche mit früheren Alben zurückgreifen zu müssen.
"Meds" geistert jetzt die ganze Woche durch mein Leben und hat mich ein wenig irritiert und verschreckt. Ganz ehrlich gesagt, hab ich die 13 Songs aber trotz allem richtig liebgewonnen, denn sie leben nicht von fragwürdigen und aufgeblasenen Produktionsgimmicks oder Posen, sondern von ihrer Intensität und Musikalität, von offen zur Schau gestellten Emotionen, seien sie auch noch so harsch. Das Album verbreitet zwar eine recht unheilschwangere Atmosphäre, der ich normalerweise nicht sehr zugeneigt bin, entwickelt aber dennoch einen eigentümlichen Sog. Die Titel warten bei aller Eingängigkeit mit dieser gewissen Tiefe auf, die nur eine Band produzieren kann, die sich selbst gefunden hat und mit dem nötigen Selbstvertrauen ihren höchsteigenen Stil kultiviert.
Es mag ein Vorteil sein, PLACEBO mit diesem Album kennenzulernen, weil sie bei "Meds" laut eigener Aussage zu ihren Wurzeln zurückkehrten und ihr Produzent, der Franzose Dimitri Tikovoi, sie dazu brachte sich auf's Wesentliche zu konzentrieren, das Songwriting.
Neben allen kleineren elektronischen Spielereien und gelegentlichen fetten Keyboard-und Streicherteppichen, die jeweils als schmückendes Beiwerk fungieren, klingt die Seele der Songs stets klar durch. 13 Songs und ebenso viele gelungene Hooklines bieten reichlich Stoff für den Liebhaber hymnenhafter, mollgetränkter Refrains. PLACEBO wandeln auf düsteren Pfaden, die Sonne scheinen sie nur aus Erzählungen zu kennen.
Glücklicherweise knallen uns die PLACEBO-Jungs hier jede Menge Gitarrenbretter um die Ohren, die gänzlich ungeniert mit großer Geste und mächtigem Hall in den Raum geschleudert werden. Da peitscht ein stakkatoartiger Rhythmus den anderen und wirbelt reichlich Staub auf, da spielt `ne Menge Kraft, Energie und Wut mit. Doch PLACEBO spielen sich da durchaus in die eigenen Karten, passen ihre düster-verzeifelten Texte, die oftmals um Verwirrung und Verzweiflung kreisen, zielgenau in die brodelnde musikalische Landschaft. Das hat was, das beindruckt.
Auf Broken promise singt sogar mein alter Spezi Michael Stipe (R.E.M.) mit und macht mir so langsam bewußt, warum ich mich im PLACEBO-Kosmos dennoch halbwegs heimisch fühlen konnte. Da erwachen bei mir ganz leise Erinnerungen an R.E.M.'s "Adventures in Hi-Fi" oder "Up". Da muss wohl eine gewisse Seelenverwandschaft vorliegen.
"Meds" jedenfalls schafft Stimmungen der anderen Art, auf geheimnisvolle Weise mal verstörend attraktiv, mal distanziert und kühl, ein wenig spröde und unnahbar. Eine wahrhaftig sehr interessante Band, die man gehört haben sollte.