Powder Mill Money Marbles And Chalk, Eigenproduktion, 2010 |
Jesse Charles Hammock II | Lead Vocals, Guitars, Harp | |||
Jeff Chapman | Guitars, Vocals, Hammond B3 | |||
Andrew Bedell | Drums, Percussion | |||
The Millbilly Symphony: | ||||
Scott Shipley | Steel, Electric & Baritone Guitars, Dobros | |||
Steve Clinton | Mandolin & Banjo | |||
Jacob Hiser | Fiddle | |||
Abraham Chapman | Sonic Palette | |||
Mike Limbaugh | Acoustic Guitar & Harmonies | |||
Cooter | 12 Gauge Shotgun & Jaw Harp | |||
CoJo & Maggie Pfefferkorn, LaToya Robinson-Tate | Backing Vocals | |||
| ||||
01. Another Mile | 08. The Dog Bites | |||
02. Billy The Baptist | 09. Cold Ice Water | |||
03. Worth | 10. I Will Survive | |||
04. Hand To Mouth | 11. Rightous Wrath | |||
05. All I Know | 12. Bed Of Roses | |||
06. Engaged To Get Divorced | 13. The Urge To Roam | |||
07. Hillbilly Heroin | ||||
Manche Southern Rock Bands spielen ja gerne mit offenen (die Feinsinnigeren mehr mit versteckten) Attributen ihrer Herkunft. Dort ist es die Fahne eines der Südstaaten oder zumindest deren tiefes Crimson oder Indigo, dort sind's mal Lousianas Pelikane oder Alabamas Andreaskreuz. Bei POWDER MILL braucht's weder das Eine noch das Andere. Das schlichte, aber doch ansprechende Klapp-Cover inklusive Artwork und informativem Booklet gibt nur im Kleingedruckten Auskunft über POWDER MILLs Heimat in Van Buren/MO. Das mutet erstmal zurückhaltend, ja bescheiden an und zeigt auch den meist laut artikulierenden Kritikern Dixies, dass es auch anders geht. Dennoch nehmen sich POWDER MILL die Freiheit und servieren uns hier eine Southern Rock Packung, versehen mit allen Trademarks dieser Stilrichtung, wie sie abwechslungsreicher nicht sein kann. Dass die Band, laut Promo-Flyer mehr dem Classic Rock zugetan ist, kann schon nach dem ersten Hördurchgang widerlegt werden. Wenn man mal davon absieht, dass fast alles im Rockzirkus irgendwie "Classic" ist...
Mit "Money Marbles And Chalk", ihrer übrigens dritten Langrille, gelingt POWDER MILL wiederum ein fantastischer Spagat zwischen Southern Rock, Hillbilly, Country und Classic Rock Nummern. Eine Langrille, die alle Facetten der Genres, sei es mit Steel Guitar, Dobro, Banjo, Fiddle oder klassisch eingebauten Double Leads zu bedienen weiß.
Völlig unspektakulär scheint die CD zunächst auch zu starten. Das Intro zu Another Mile vermittelt Country-Feeling pur, erinnert ein wenig an die MARSHALL TUCKER BAND, zeigt aber schon nach wenigen Sekunden, wo bei POWDER MILL der Hammer hängt. Die Band gibt herrlich unterschwellig Gummi und lässt den Southern Rock Freund sofort dieses feine Kribbeln verspüren, dass immer dann das Rückenmark hinauf wandert, wenn sich Herausragendes im Player dreht. Klassischer, aber mit typischen Southern Rock Back Up's, geht es mit Billy The Baptist weiter und steuert dann stantepede auf ein wirklich beeindruckendes Highlight zu: Worth ist eine herrlich brodelnde, 6:24 Minuten messende Halbballade, ja wahre Hymne, die POWDER MILL nach allen Regeln der Kunst zu zelebrieren wissen. Ein Song, der definitiv auf Augenhöhe des (bisher) besten Southern Rock Album des Jahres 2010 (ZACH WILLIAMS AND THE REFORMATION) steht. Anders als WILLIAMS wildern POWDER MILL aber weniger im Soul, sondern lassen selbstbewusst ihre Country Rock Muckis spielen. Mit Songs wie Hand To Mouth, All I Know und Engaged To Get Divorced (die nicht nur auf Grund einer herrlich schrammelnden Fiedel liebenswerte Reminiszenzen an Good Ol' CHARLIE DANIELS wecken, sondern, wie in letztgenanntem Song, dem Hörer auch mal eine Ladung Schrot um die Ohren blasen) sind wir tatsächlich näher an Nashville, als an Jacksonville's Westside. Auch wenn Ronnie Van Zant durch Daddy Lacy enorm Country-vorbelastet war: Eine solche Konstellation an (zudem wirklich erstklassigen) Songs hätte allenfalls eine Solo-Scheibe des größten Southern Rock Songschreibers aller Zeiten zieren können. Verdamm' mich, ich wollte gar nicht auf diesen unseligen 20.10.1977 hinaus, aber dieser verschissene Schicksalstag hat, wenn man die Gedanken ein wenig fliegen lässt und sich ein "Was-wäre-wenn!" zurecht strickt, eine Karriere vermasselt, die neben LYN SKYN wohl noch einige weitere Überraschungen beinhaltet hätte.
Anyway...
Bleiben wir bei POWDER MILL: Nach dem eben beschriebenen Country Rock Triumvirat hauen uns die Jungens erstmal ein krachendes Hillbilly Heroin um die Ohren. Giftig wie eine Klapperschlange packt dich der Song mit dreckigen Riffs, beutelt dich mit trockenem Groove wie ein Karnickel und verschlingt dich dann langsam und genüsslich innerhalb von gut drei Minuten. Du hast noch nicht genug? Ok, was die Klapperschlange übrig lässt, beißt der Hund. Wenn The Dog Bites, ist das aber nicht so, als kniffte dich der verzogene Spitz von meiner Nachbarin, sondern mehr der Bluthund des Kriegsherren W. T. Sherman. Der und sein Herrchen hängen dir während dieser Nummer am Allerwertesten wie die Zecken und lassen sich weder von Tod noch Teufel abschütteln... Bestens zeigen diese genreübergreifenden Songs die Qualitäten POWDER MILLs auf, die in Songs härterer Gangart genauso virtuos, gekonnt und glaubhaft aufspielen, wie in ihren famosen Country Rock Nummern.
I Will Survive mag mancher Southern Rocker schon beim Lesen des Titels mit dem Killer-Song von REBEL PRIDE verlinken. Aber dieser Gedanke führt in die falsche Richtung; wenngleich die meisten Hörer schon nach den ersten Takten des hier dargebotenen, schwül-heißen Hillbilly-Fusion die offene Klappe nicht mehr zu bekommen. I Will Survive beweist einmal mehr, wie wandlungsfähig, spannend, in gewissem Maße auch progressiv Southern Rock heute sein kann!
Mit den harten, staubtrockenen Rockern Rightous Wrath und Bed Of Roses knallen uns POWDER MILL nochmal zwei weitere Highlights um die Ohren. Beide Songs sind von genau dieser rauen, soliden und doch melodiösen Machart, wie sie wir Southern Rocker tagein tagaus hören können. Da gibt es nicht einen Makel, auch wenn Bed Of Roses tatsächlich ein wenig nach REBEL PRIDE klingt.
The Urge To Roam ist dann der sehr Country-lastige, aber fein aufgespielte Rausschmeißer des Albums. Mit gekonnt gespielter Steel Guitar und seinem trockenem Text erinnert er ein wenig an SHOOTER JENNINGS zu dessen "Electric Rodeo" oder "Put The O Back In Country" Zeiten. Dennoch bleibt der Song, vor allem durch Jesse Charles Hammock's markante Stimme, durchgängig eigenständig und macht wohl nicht nur auf Garden Parties und BBQs eine gute Figur.
Fazit: Eine abwechslungsreichere und bessere Scheibe zwischen Southern und Classic Rock, zwischen Country und Hillbilly werdet ihr 2010 nicht mehr finden. POWDER MILL ist in dieser Hinsicht ein wirklich mehrdimensionales Eisen gelungen, dem reichlicher Zugang in die CD-Sammlungen aller Southern-, quatsch, aller US-Rocker zu wünschen wäre. Volle Punktzahl; keine Frage!