Rom, Piazza del Colosseo, 31.07.2004

19. September 1981, Central Park, New York City/USA: Über zehn Jahre nach ihrem Split betreten Paul Simon und Art Garfunkel erneut die Bühne und begeistern über 400.000 euphorisierte Fans. Seit diesem Tag haben - die Doppel-LP "The Concert In Central Park" in den Händen - etliche Generationen wehmütig geklagt "Ach wäre ich doch dabei gewesen, ach könnte sich so etwas doch wiederholen. Was würde ich dafür geben, das erleben zu dürfen!" Ich auch.

Und manchmal wiederholt sich die Geschichte tatsächlich. 40 Jahre nach ihrem ersten Album ("Wednesday Morning, 3 a.m.", 1964), 34 Jahre nach ihrer Trennung, 23 Jahre nach dem unvergessenen Konzert im Central Park und 22 Jahre nach ihrer letzten Tour haben sich Paul Simon und Art Garfunkel (beide Jahrgang 1941) entschlossen, die Geschichte der populären Musik um eine weitere Konzertreise zu bereichern: Nach 40 Shows in den USA und 11 Shows in Europa (darunter sieben Hauptstädte) fand die Tour am 31. Juli 2004 vor dem Kolosseum in Rom vor 600.000 Menschen ihren Abschluss.

Wie 1981 war das Konzert umsonst (die Kosten haben die Stadt Rom und Telecom Italia übernommen). Bereits am Morgen des 31. Juli war die gesamte Via dei Fori Imperiali, die vom Kolosseum, am Forum Romanum vorbei, zum mächtigen Denkmal für Vittorio Emanuele II. führt, von Menschen gesäumt. Ausreichend Leinwände und Boxentürme sorgten am Wegesrand dafür, dass auch die hinteren Ränge in den Genuss eines wahrlich einzigartigen Ereignisses kommen sollten.
Bereits gegen 14.00 Uhr betraten Paul Simon und Art Garfunkel für eine gute halbe Stunde zum Soundcheck die Bühne und ließen - unter tosendem Applaus - keinen Zweifel daran, dass sie gewillt und in der Lage waren, alles zu geben, um den Tourabschluss unvergesslich werden zu lassen.

Kann man die Atmosphäre beschreiben, wenn Simon & Garfunkel vor dem - kunstvoll beleuchteten - Kolosseum in Rom spielen? Wenn nur einen Steinwurf von dem Ort, wo im Jahre 44 vor Christus Julius Cäsar ermordet wurde, The Boxer ertönt? Wenn über eine halbe Million Menschen bei Hazy Shade Of Winter schier ausflippt, während die Band das Anfangsriff wieder und wieder zelebriert? Wenn über 2000 Jahre Geschichte auf einen herab blicken und sich mit grandiosem Folkrock des 20. Jahrhunderts vereinigen?
Natürlich nicht. Mir bleibt nur zu sagen, dass ich in knapp zwanzig Jahren vor Europas und Amerikas Bühnen etwas vergleichbares und ähnlich atemberaubendes noch nicht erlebt habe. Ein ums andere Mal ließ mich die Größe des Moments erschaudern.

Waren 1981 noch einige Stücke zu hören, die den jeweiligen Solokarrieren von Paul Simon und Art Garfunkel entsprungen waren (z.B. Fifty Ways To Leave Your Lover, Kodachrome, beide Paul Simon, und A Heart In New York von Art Garfunkel), so wurden im Rahmen der "Old Friends" Tour nur Simon & Garfunkel Songs zum Besten gegeben.

Neben echten Gänsehaut-Balladen wie Kathy's Song (Art Garfunkel besser denn je!), Scarborough Fair und Bridge Over Troubled Water ging mitunter auch richtig die Post ab: Mrs. Robinson (über die Leinwand flimmerten Szenen des Films "Die Reifeprüfung", zu dem Simon & Garfunkel 1968 den Soundtrack beisteuerten und so zu Superstars wurden), Keep The Customer Satisfied, Hey Schoolgirl (1957, damals hießen Simon & Garfunkel noch Tom & Jerry), Cecilia, Bye Bye Love (zusammen mit den noch recht rüstigen EVERLY BROTHERS) und das bereits genannte Hazy Shade Of Winter brachten Römer wie Zugereiste zum Kochen.

Ganz groß waren und sind Simon & Garfunkel aber immer dann, wenn sie beides - ruhige Töne und rockige Passagen - verbinden: Wenn beim meines Erachtens besten Simon & Garfunkel Song The Sounds Of Silence die Stimmung von Strophe zu Strophe tremoliert, ihren ersten Höhepunkt erreicht, wenn nach der Textzeile "... and in the naked light I saw - ten thousand people, maybe more" über eine halbe Million Menschen in spontanen Szenenapplaus einstimmen, und schließlich, geradezu eruptiv ihren Höhepunkt erreicht wenn es heißt "... and the people bowed and prayed - to the neon god they made - and the signs flashed out it's warning - in the words that it was forming - and the signs said the words of the prophets are written in the subway walls - and tenement halls - and whispered in the sounds of silence." Dann bleibt einem nur Staunen. Und natürlich - diese Bemerkung sei erlaubt - das Glück und der Stolz, dabei gewesen zu sein.

Band:
Jim Keltner (drums)
Mark Stewart (guitar)
Warren Burnheart (piano)
Larry Sotzmann (guitar, mandoline, slide guitar)
Jamey Haddad (percussion)
Rob Swimmer (keyboards)
Freddy Washington (bass)

"Old Friends Tour" 2003/2004:
Nach 40 Shows in den USA beendeten Simon and Garfunkel ihre Reunion-Tour in Europa mit den folgenden Konzerten:
14.07.2004: Manchester
15.07.2004: London
17.07.2004: Dublin
19.07.2004: Paris
20.07.2004: Köln
21.07.2004: Amsterdam
23.07.2004: Kopenhagen
24.07.2004: Oslo
25.07.2004: Stockholm
28.07.2004: München
29.07.2004: Basel
31.07.2004: Rom